Es gibt Musik, die sich einschmeichelt und solche, die das Gehirn aufweckt. Unvergessen jene „Meditationspraktik“, als Monate lang allabends einer von drei Teilen eines Livekonzerts mit dem Quintett Bloodcount des Saxofonisten Tim Berne durchlief. Jene sagenhaften Konzertmitschnitte in Paris bereiteten mir ein Erweckungserlebnis und einen neuen Zugang zum Jazz: Progressionen, Verschachtelungen, Wandlungen. In jüngerer Zeit hörte ich immer mal wieder das Album Wandermüde und war stets überrascht: „Dieses Klangwerk von David Sylvian mit Stephan Mathieu ist doch längst ein Favorit!“ Es werden Songfragmente aus dem bahnbrechenden Blemish gesampled, verfremdet, vaporisiert. Nebelschwaden aus Klang, Verdichtungen, Lichtungen. Vorwärtsschweben im Weltenraum. Es gelingt der schmale Grad zwischen Spannung und langem Atem, völlig unangestrengt. Wer noch nie in einem Salzwassertank tief entspannte, der findet beim Hören dieses verkannten Meisterwerkes ein äquivalentes Surrogat. Ich bin mir sicher, dieses Album auch in zehn Jahren noch hören zu wollen. Und dies wäre die Parallele zu Bloodcount: es bleibt unverbraucht und gestaltet sich beim Hören jedesmal neu. Alles, was sich „Meditationsmusik“ nennt, aus der New-Age-Ecke und von sonstwo her, mutet dagegen an wie jener Stress, von dem man sagt: „Entspannung macht mich immer so nervös!“ So findet man hier eine gelungene Melange aus einschmeichelnder Anregung – wie in einigen Songs von Taylor Swift, haha. Wie geil war das denn, als man neulich „Time To Go“ (this uplift at minute 2:52!) mal wieder hörte! Auch viele Swift-Preziosen werde ich in zehn Jahren wohl noch gerne hören. Und einen Bogen von Stephan Mathieu und David Sylvian zu Taylor Swift zu schlagen, ist doch auch ein Kunststück, oder etwa nicht?