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Archives: Under The Mile Off Moon

Eggs Laid By Tigers vorigen Sommer in Kopenhagen: ebenso verblüffende Metamorphose wie gelungener musikalischer Rollenwechsel.
 
 
 

 
 
 
Wo sonst avancierter Jazz klingt, stimmen drei Musiker auf einmal in close harmony wunderbare, ergreifende Songs zur Gitarre an – so, als sei Levon Helm auferstanden. Essentiell, mit tiefem musikalischen Gefühl. Der Leadsänger entpuppt sich als der reichlich bekannte Wahlberliner Jazzbassist Jonas Westergaard. Und dann auf der spanischen Gitarre der gleichfalls bekannte dänische Jazzschlagzeuger Peter Bruun.
Dazu Rockgitarrist Martin Dahl und – hauptsächlich an einer alten Philips Heimorgel – Jazzpianist Simon Toldam. Es sind straight songs, kompakt und schillernd in den Moods. Und die Texte, die sie singen?
 
 
Lie still, sleep becalmed, sufferer with the wound
In the throat, burning and turning. All night afloat
On the silent sea we have heard the sound
That came from the wound wrapped in the salt sheet.

Under the mile off moon we trembled listening
To the sea sound flowing like blood from the loud wound
And when the salt sheet broke in a storm of singing
The voices of all the drowned swam on the wind.

 
 
weiter
 
 
Es sind Zeilen aus dem Gedicht Lie Still, Sleep Becalmed von Dylan Marlais Thomas (1914-1953). Dessen Deliriker-Image kennen Leute mehr als seine Gedichte, über die ihm selbst entfiel, sie seien von Tigern gelegte Eier. Thomas verliert sich bis heute einfach nicht im Vergessen – auch dank des jungen Mannes aus Duluth in Minnesota, der sich einen Teil von dessen Namen entlieh.
 
 
 

 
 
 
Gesang und Songform machen Sinn, liegen sie doch nahe an den Qualitäten von Thomas’ eigenem Vortrag, einem mündlichen Vortrag, der seinen Ruhm wesentlich mitbegründete. Er zog schliesslich deklamierend herum, bevor ihm die Lungen im Chelsea Hotel in New York versagten. Gesang und Songform verleihen dem Werk von Thomas im 100. Geburtsjahr eine grossartige zusätzliche Dimension.
 
 
 

 
 
 
Das erste Album der Dänen Under The Mile Off Moon ist gerade international auf CD erschienen (die Vinyl-Fassung war auf Manafonistas schon eher angezeigt worden), ein zweites Album ist gerade entstanden. Und hier im Vorlauf ein besonderes Stück Tafelmusik in der Küche von Thomas’ Geburtshaus im walesischen Swansea. Angestimmt von Jonas Westergaard, Martin Dahl und Simon Toldam: Do Not Go Gentle Into That Good Night.
 
 
 

 
 
 
Erst war da der Text
 
 
Do Not Go Gentle Into That Good Night
Do not go gentle into that good night,
Old age should burn and rave at close of day;
Rage, rage against the dying of the light.

Though wise men at their end know dark is right,
Because their words had forked no lightning they
Do not go gentle into that good night.

Good men, the last wave by, crying how bright
Their frail deeds might have danced in a green bay,
Rage, rage against the dying of the light.

Wild men who caught and sang the sun in flight,
And learn, too late, they grieved it on its way,
Do not go gentle into that good night.

Grave men, near death, who see with blinding sight
Blind eyes could blaze like meteors and be gay,
Rage, rage against the dying of the light.

And you, my father, there on that sad height,
Curse, bless, me now with your fierce tears, I pray.
Do not go gentle into that good night.
Rage, rage against the dying of the light.

 
 
Dann kam der Gesang
 
 
VIDEO
 
 
 

 
 
 
Die Eggs-Sänger-Musiker sind auf Fahrt und machen auch hierzulande in der ersten Februarhälfte halt (Berlin, Hamburg, Köln, Offenbach, Wuppertal).
 
 
 

 

Ich bin nicht der Reisende, der sich in Flugzeugen und auf Flughäfen die Zeit mit dem Anhören von Musik vertreibt. Tapfer nehme ich immer wieder die notwendige Apparatur mit, aber bis jetzt will es nicht recht gelingen. Zu unnatürlich für mich, finde nicht die erforderliche Konzentration. Dafür gestern auf dem kurzen Flug von Kopenhagen nach Amsterdam ein dünnes Büchlein. Ich schlag’s auf, lese. Was ich lese, ist das, wessen ich mir am Vortag beim Aufstieg auf den Berg in Molde gewahr wurde. Ich las das Gedicht Abschied vom Augenblick von Wisława Szymborska, zufällig nicht zufällig. Das unbeschwerte Hoffnungsfrohe. Etwas, was ich nochmal, auf andere Weise, beim Anhören der Musik auf Under The Mile Off Moon von Eggs Laid By Tigers empfand. Es kommt auf den Moment an, die Verbindung, die Erinnerung.

Hier ein Ausschnitt aus einem anderen Gedicht von Szymborska, Kleine Komödien, zu dem man den Rest erfinden oder lesen kann:
 
Wenn es Engel gibt,
Dann sollte sie – hoff ich –
Diese auf dem Grauen schaukelnde Lustigkeit
überzeugen,
die nicht einmal Zuhilf, Zuhilf ruft,
weil alles in der Stille geschieht
 
Ich wage anzunehmen,
Dass sie mit den Flügeln klatschen
und weinen,
zumindest Tränen des Lächelns


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