Eine Reise zum Nonplusultra ist verlockend. Ich würde gerne den Rand des Universums besuchen. Aber vielleicht hat das Universum keinen Rand zum Nichts, vielleicht gibt es auch keine Grenze zwischen Schönheit und Hässlichkeit.
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Die wunderschöne Mathematik hinter der hässlichsten Musik der Welt
Es kokettieren viele damit, schon in der Schule in Mathe schlecht gewesen zu sein. Ich habe noch nie jemand sagen hören, schon in der Schule schlecht Klavier gespielt zu haben.
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Die meisten Musikwissenschaftler würden behaupten, Wiederholung sei ein wichtiger Aspekt von Schönheit.
Sie wissen, dass Schönberg sagte, alles sei Wiederholung – selbst die Variation. Andererseits können wir sagen, dass Wiederholung nicht existiert, dass sich an ein und derselben Pflanze keine zwei Blätter gleichen, sondern dass jedes Blatt einzigartig ist, oder dass in dem Gebäude gegenüber jeder Ziegelstein unterschiedlich ist. Und wenn wir die Steine genau untersuchen, so sehen wir, dass sie sich tatsächlich voneinander unterscheiden, und wenn der Unterschied nur darin besteht, wie das Licht auf sie fällt, weil sie an verschiedenen Stellen eingemauert sind.
Mit anderen Worten: Wiederholung hat damit zu tun, wie wir denken. Und wir können nicht gleichzeitig denken, dass sie sich wiederholen und dass sie sich nicht wiederholen. Wenn wir glauben, dass sie sich wiederholen, so liegt das im allgemeinen daran, dass wir nicht sämtliche Details beachten. Wenn wir aber allen Einzelheiten unsere Aufmerksamkeit widmen, als wenn wir sie durch ein Mikroskop sähen, erkennen wir, dass es so etwas wie Wiederholung nicht gibt.
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Die Idee ist, dass ein musikalischer Gedanke wiederholt wird und so die Erwartung auf Wiederholung erzeugt wird. Diese Erwartung wird entweder erfüllt, oder die Wiederholung wird unterbrochen.
Als ich mir nur 3 Schallplatten pro Jahr leisten konnte bekam ich vom »Ring der Musikfreunde (Köln) – da war ich Club-Mitglied – eine Werbeplatte zugeschickt. Die Scheibe war klein, von Rand zu Rand 17 cm, und konnte nur Appetithäppchen verteilen. Eines hat mir wahnsinnig geschmeckt. Zu hören war nur der Anfang mit dieser verführerisch melancholischen Melodie. Ich kaufte die teure LP, Rachmaninoffs Klavierkonzert No. 3 mit Emil Gilels.
Rachmaninoff, der viel geschmähte – vor allem Anhänger und Verteidiger der »Schönberg-Schule«, allen voran Theodor W. Adorno, haben seine Musik einer oft vernichtenden Kritik unterzogen – hat mich auf den Weg zur Musik des 20. Jahrhunderts geführt. Als ich die Aufnahme zum ersten Mal abspielte, war ich ernüchtert. Da war so viel Unbegreifliches zu hören. Aber immer wieder tauchten Inseln von jener Schönheit, wie ich sie mochte, auf. Es war jedesmal ein Warten und Erwarten bis ich dort landete. Bei jedem Hören wurden die Inseln größer, zuerst unmerklich. Sie sind längst zum Festland zusammen gewachsen. Rach 3 gehört zu meinen viel gehörten Musikstücken.
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Wiederholung und Schemata bilden den Schlüssel zu Schönheit. Denken wir an eines der schönsten Musikstücke überhaupt, Beethovens Fünfte Sinfonie und das berühmte »da na na na« Motiv. Dieses Motiv kommt mehrere hundert Mal in der Sinfonie vor.
In Beethovens Musik ist ein bestimmtes gestalterisches, kompositorisches, ästhetisches Prinzip erkennbar: Streben nach Zusammenhang, Entsprechungen und formaler Geschlossenheit, Streben nach dem also, was die »Einheit« der Musik nach heutigem Verständnis ausmacht. Das ist John Cage fremd, das war auch dem 15. / 16. Jahrhundert fremd.
Johannes Tinctoris (um 1435-1511) lehrte »in omni contrapuncto varietas accuratissime exquirenda est« und meinte damit, dass in der melodischen und rhythmischen Erfindung – vor allem geistlicher Musik – das Streben nach Vielfalt und Abwechslung oberstes Gebot sei. Das Prinzip »varietas« war in der Musik der Renaissance ein Kriterium höheren Stils.Wie zu allen Zeiten ist auch im 16. Jahrhundert die meist improvisierte ’niedere‘ Musik der Spielleute und Bauern stark vom Prinzip der Wiederholung geprägt, während die ästhetisch höchstrangige, die sakrale Musik, das Moment der Wiederholung weitestgehend vermied. Monteverdi, der Modernist, scheute nicht zurück vor »Wiederholung«. Wie kann man Monteverdi und den Jazz näher zusammen rücken?
Hier steht’s.
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Kann man ein Musikstück komponieren, das überhaupt keine Wiederholung enthält? Tatsächlich ist das eine interessante mathematische Frage. Es stellt sich heraus, dass es sehr schwer ist, ein Musikstück ohne Wiederholung zu erschaffen, und es geht überhaupt nur wegen eines Mannes, der U-Boote verfolgte. Jemand, der versuchte, den perfekten Sonar-Ping zu entwerfen.
Was für eine Wendung! Ein brillanter rhetorischer Kunstgriff! Von »Schönheit« zum »Sonar Ping« ! Hey, wach auf, guck mal, wo wir jetzt auf einmal sind!
Jetzt aber nimmt die Zahl der Fragen zu. Nicht nur mathematisches Kopfzerbrechen über »Schönheit« steht an. Auch dem »perfekten Sonar-Ping« komme ich nicht auf die Schliche. Was kann es? Ist es fähig zu unterscheiden, ob ein Schellfisch oder eine Scholle, ob ein russisches oder chinesisches U-Boot angepingt werden?
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Für die Creation solcher Schemata, bei denen nichts je wiederholt wird ist die Mathematik des Evariste Galois nötig. Nicht nur seine Mathematik, auch seine Todesart machte Evariste Galois berühmt. Es heißt, er trat für die Ehre einer jungen Frau ein, er wurde zu einem Duell herausgefordert, er nahm an, er wurde erschossen, er starb mit 20 Jahren anno domini 1832.
Was für eine Geschichte! Viel herzzerreißender ist sie, als die kurze sachliche Formulierung des Hauptsatzes der Galoistheorie. Wenn L eine endliche Galoiserweiterung des Körpers K ist, und Gal(L/K) die zugehörige Galoisgruppe, dann ist L galoissch über jedem Zwischenkörper Z und es existiert eine inklusionsumkehrende Bijektion.
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Sie sehen aus wie zufällige Punktmuster, aber das sind sie nicht. Wenn Sie genau hinschauen, fällt Ihnen vielleicht auf, dass das Verhältnis zwischen jedem Punktpaar verschieden ist.
Die Zeit zum genauen Hinschauen wird nicht gewährt. Genau hinschauen kann ich nur, wenn ich selbst ein Costas-Array bastle. Leider ist auf meinem Blatt nur Platz für eine 30 x 30 Matrix – also an die Arbeit …
Eine solche Matrix zu erstellen, ist leicht, denn „sie wird auf einfache Weise erzeugt. Grundschulmathematik reicht, um dieses Problem zu lösen. Man multipliziert immer wieder mit 3 [1, 3, 9, 27, 81 …]. Wenn man über 31 hinauskommt, was eine Primzahl ist, dann zieht man immer 31 ab bis man wieder darunter liegt.“ Versucht man nach diesem Algorithmus eine 12 x 12 Costas-Array zu bilden, dann gelingt das nicht.
1, 3, 9, (27-13-13 = 1) 1, 3, 9, 1, 3, 9, 1, 3, 9
Ich habe ein toy piano mit 12 Tasten und würde so gerne die Tasten 2,4,5,6,7,8,10,11,12 drücken …
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Schönbergs Ziel war es, Musik zu komponieren, die völlig strukturlos ist. Er nannte das die Emanzipation der Dissonanz.
Schon wieder Schönberg. Jetzt ist es aber genug. Nur so viel noch: dass Schönberg strukturlose Musik zu komponieren die Absicht gehabt haben soll, halte ich für Käse.