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Archives: TV Serien

2024 27 Jul

Delicate Bitches

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Under the Bridge gehört zu den TV-Serien, die durch eine ruhige Erzählart brillieren. Und deshalb freut es mich, doch noch hineingefunden zu haben nach anfänglichen Widerständen – im Gegensatz zu der vielgelobten Serie The Bear. Was bitteschön soll sehenswert sein an einer aufgeheizten Küchenatmosphäre, in der sich alle permanent anschreien? And so I dropped it with a kick. Nee – unter, über und rund um die Brücke läuft’s anders. Einige Teenies aus der amerikanischen Unterschicht wollen Mafia spielen, dabei kommt es zum Tod (unter der Brücke) eines Mädchens, deren Eltern indischer Abstammung zu den Zeugen Jehovas gehören. Die Tochter nimmt Reissaus aus dieser ebenso gottesfürchtigen wie lebensfeindlichen Welt (das eine schliesst das andere oftmals nicht aus, im Gegenteil). Doch ihre Buddy-Bitches erweisen sich als fataler Rettungsanker. Die Serie lehnt an einen Roman an, dessen Autorin in der Serie eine Frau spielt, die in ihr Heimatdorf zurückkehrt, um genau diesen Roman zu schreiben (the trick of the tail). Sie ist noch immer in lesbischer Liebe ihrer Jugendfreundin zugetan, die als Cop mit der Aufklärung des Todesfalls zu tun hat. Beide sind darin verwickelt. Die Spannung der Serie bleibt erträglich – umso besser, denn der Geist kann sich entspannt der Entwicklung von Handlung und Charakteren hingeben. Vielfach ruhige Bilder, Rückblenden, Gespräche, kein unnötiges Puschen mit Reiz-Effekten. Schöne Bilder: I love Amerika, but yet was never there. Jaja, die Drehorte, gern geht man auf televisionäre Reisen. Der Soundtrack ist so gut (beispielsweise auf der Schulabschlussfeier), dass man sich an alte Verliebtheiten zurückerinnert und dabei jeweils den Monoschalter auf Stereo stellt. Auch eine Art Switch (while watching the bitches): es leben die Kontraste.

 

2023 3 Jan

Der beste Western

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Viele Serien fahren hohe Quoten ein, sind gut gemacht, entsprechen allen Regeln der Kunst und des sophisticated zeitgeist, genügen jedem Anspruch eines akademischen Intellektuellen und sind mit Reflektionen über modern times bestückt, wie sie Charlie Chaplin selbst nicht besser hinbekommen hätte. Ich möchte keine Namen nennen, um Niemandem den Spass zu nehmen oder Heiligtümer anzukratzen, gemäss dem kantschen Diktum: tu nur dass, was man auch dir tun soll. Und doch, manches Emmy-Prämierte lässt einen seltsam kalt, da kann es noch so gut sein. Es binged nicht, Bingo! Durchgefallen. „I like binge!“ sagt eine dunkelhaarige Schöne beim Frühstückstalk zweier Pärchen in The White Lotus. Dort sind sich alle einig: Ted Lasso sei der Bringer und der Betrachter vor der Flachbild-Screen stimmt still zu. Doch hat es sich schon rumgesprochen, die besten Zeiten sind vorbei und Perlen schwer zu finden, entropische Verwaschenheiten nehmen zu. Und wenn der hungrige Binge-Fisch dann doch mal an die Angel beisst, ist das Glück umso grösser. 1883 ist das Prequel des amerikanischen Mega-Erfolgs Yellowstone. Schon nach wenigen Minuten fliesst ein warmer Schauer durch den Körper: this is precious homeland and the exact opposite of wasting time. Aufbruchstimmung: traumatisch, warmherzig, erotisch, brutal und poetisch zugleich. Der beste Western, den ich je sah, höre ich mich zwischendrin mal jubilieren. Stoff, aus dem die Träume sind und auch die Staaten von Amerika. Sons and girls of pioneers. Forget John Wayne! Und falls Sie, verehrte Leserin, ein Fan von Billy Bob Thornton sind, jenem Bösewicht aus Fargo: sie werden ihn als die coolste Sheriff-Sau erleben, die Ihnen jemals bewaffnet gegenüber stand. Dieser kleine Spoiler-Spass muss sein.

 

2022 16 Feb

Idiot und Antidot

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Lange vor Corona schon und der schleichenden Invasion durch Aluhüte, Querdenker und Verschwörungstheoretiker jeglicher Coleur, tauchte in der Bevölkerung ein allgemeines Unbehagen angesichts der Bevormundung durch öffentliche Medien auf, von dem auch unsereins sich affiziert sah. Es ging schlichtweg um die Erkenntnis, dass Berichterstattung selten objektiv ist, hingegen meist an Einflussnahme gross. Auch stellte man eine Anpassung persönlicher Äusserungen an die sogenannte political correctness oder social correctness fest. Man konnte allerdings einem Claus Kleber vom Heute-Jounal, Stefan Aust von der Welt oder einer Grünen-freundlichen Taz-Literatur sowenig vorwerfen, dass sie beeinflussen, wie einem Lebewesen, dass es atmet oder anderweitig oszilliert. Hier waltet immer noch das selbstregulative Kritik- und Konterwesen, in Anlehnung an Kants Kritik der eigenen Urteilskraft. Auch Skeptiker erheben hier das Wort: „Ich glaube erstmal gar nichts!“ Ganz ähnlich fand sich auch in der deutschen Tatort-Landschaft zuweilen dieses Unbehagen, kam man sich als Fernsehzuschauer oft vor wie im Sozialkundeunterricht. Was auch öffentlich-rechtliche Drehbuchautoren mühsam lernen mussten: der Zuschauer ist kein unmündiges Kind oder Sektenmitglied, dem man Botschaften einimpft. Amerikanische Serien waren für unsereins ein stark wirksames, pädagogikfreies Antidot gegen diese Art der Idiotie, denn sie vermittelten Traum- und Realitätsstoff frei von Belehrung. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann wirken sie bis heute: in tausend und einer Bingewatch-Nacht.

 

2022 19 Jan

Ins Rom der Neuzeit

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Irgendwann fiel der Groschen, „klick“ machte die Münze und im Schubfach befand sich die Ahnung: die Charakterstrukturen im Milieu wohlhabender Familienunternehmen sind überall gleich. Es war der Moment, als Kendall Roy eine Geburtstagsparty feierte. Der erste Sohn aus zweiter Ehe war dem patriarchal-cholerischem Vater Logan inzwischen abtrünniger Gegenspieler geworden, ohne das hier der Ödipus-Komplex zum Tragen käme, nein, eher die Annahme, der Vater sei böse und er ein besserer Mensch. Schwester, Brüder, Anhang, der ganze Schlangen-Tross erscheint ungeladen auf seiner aufgemotzten Feier, die Schwester blickt sich enttäuscht um in der rammelvollen Bude: „Is anybody here?“ Nein, Schwesterlein, das Väterchen ist gerade abwesend, doch mit seinem Geld hat er euch Kinder längst korrumpiert, geopfert auf dem Altar seines Narzissmus: „I win!“. Keine der Serienfiguren ist sympathisch, aber alle sind interessant und auf tiefgreifende Weise miteinander verwoben. Das zu verfolgen, macht grossen Spass. Wer gerne bei Sigmund Freud in den neurotischen Symptomgeschichten stöberte, der wird hier fündig. Die Spannung liegt eigentlich in der permanent sich fortspulenden Gegenwart köstlich verdorbener Dialoge vor dem Hintergrund delikater Schauplätze. Der jüngste Filius pflegt eine leicht SM-gefärbte, uneindeutige Liaison zur Jahrzehnte älteren Generalkonsulin, könnte dabei doch jede junge Schöne haben. Der Vater raunzt ihn an: „Are you scared of Pussy?“ Zu diesem bilderprächtigen Feuerwerk einer Familien- und Firmenaufstellung wäre noch Vieles zu sagen. Vielleicht auch, weil es dann doch, trotz aller Klassenunterschiede, mit dem eigenen Leben zu tun hat. Sex, Brot und Videospiele – das Rom der global-medialen Neuzeit heisst New York und ist an jedem anderen Ort der Welt zu finden.

 

 

 

Four seasons. Taylor Sheridan (the man in tbe background). Kevin Costner. Confess: one of my favourite actors. Even loved „Waterworld“, and „The Postman“. Now this: four seasons of „Modern Western Noir“. Great acting. Great directing. Won‘t lift the soul in a naive way, but keeps you flowing with waves, kind of. Dark waves. Angels all gone. Evrything’s broken, like in that Dylan song. But: John Steinbeck would have loved it. In the words of Mr. Sheridan:

 

You still hang out with cowboys. Do they watch a lot of westerns?

Oh, it’s all they watch. [Laughs.] Every cowboy I know has a copy of “Lonesome Dove” and has watched it 700 times. They don’t watch anything but cowboys.

You got your start in Hollywood as an actor on TV series like “Sons of Anarchy” and “Veronica Mars.” Did anyone on those shows become a mentor when you started writing your own screenplays?

Honestly? My mentor was Cormac McCarthy. My mentors were Larry McMurtry and Toni Morrison and Gabriel García Márquez and John Steinbeck. All the writers who moved me.

I’ve never taken a screenwriting class in my life. Most of the television work I did was not very good. I never had a fancy agent, so I never got to read for the really good movies. When I quit acting and decided to tell my own stories, I had kept most of the scripts I auditioned for and a bunch of them that I’d done, so I sat down and spent about four days rereading them. I told myself, “OK, I have no idea how to do this, but I just spent four days reminding myself how not to.”

What did you take away from that? What are you aiming for with your work?

I hope it will be an honest reflection of the world and will feel authentic. I try to write dialogue I think is believable coming from people’s mouths, but I also like it to be slightly elevated. I’m trying to make it sound a little timeless. When I write a screenplay, I try to write a book. When I shoot a TV show, I try to shoot a movie.

 


One – The White Lotus 1
Two – Nine Perfect Strangers 1
Three – Mare of Easttown 1
Four – Succession 3
Five – Showtrial 1
Six – Bosch 7
Seven – Cobra Kai 3 *
Eight – Hightown 2
Nine – Goliath 4
Ten – Line of Duty 6
Eleven – Midnight Mass 1
Twelve – Jaguar 1 

 

From years back:

Spiral
Le Bureau (Büro der Legenden)
Call My Agent

 

*When I first sang the praises of Cobra Kai, people would give me a befuddled look. There’s actually a show that continues the story of The Karate Kid? Yes! Part of what makes the show so special is its charming mix of the ridiculous with the more sublime. The series is a study in contradictions. A tongue-planted-firmly-in-cheek self-awareness is also the show’s secret weapon. Easter eggs and less-than-subtle shout outs to the movies are peppered throughout the season, even as Cobra Kai, at its heart, knows that it is ridiculous that two grown men are still jostling back and forth over a karate tournament that happened 36 years ago. Still, what really makes the show work is Zabka’s Johnny Lawrence. He’s a walking homage to that era, driving a beat-up Dodge caravan, listening to metal music on his cassette tape player, and eschewing modern technology. All in all, Cobra Kai remains a pure, escapist delight. — Amy Amatangelo

2020 13 Okt

seasons since summer

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Big Little Lies zählt zu den wenigen Highlights des TV-Erlebens jüngeren Datums. Meryl Streep: great acting, hart an der Schmerzgrenze, weil: that performed lady seemed to be a „psychopath“. Succession ist mein Champion. Ein Soundtrack aus überwiegend klassischer Musik, der an weihnachtliche Festtags-Stimmung denken liess, passte hier perfekt in das dekadente Ambiente einer familiären Medien-Bourgeoisie. Das in den Dialogen vorherrschende „Fuck off!“ gab dazu den idealen Kontrapunkt. Ja, diese Serie war ein Fest. Ansonsten war bei all der Streaming-Vielfalt „mediocre“ das Mantra: viel gut gemachtes Handwerk ohne erhebenden spirit. Alles sehr schön bunt hier. But David wants to fly! So schade, dass aus dem einst Besonderen schleichend das Gewöhnliche wird. Auch hier scheint Entropie zu wirken. Selbst Hochgelobtes und handwerklich Tadelloses „flutscht“ (Verbform von flow) oft nicht. Zeit, sich davon abzugrenzen. Apropos David, vor ein paar Tagen zeigte mir ein Regisseur mit grossem Namen, was man von einer guten Fernsehshow erwarten darf: dass sie auch die tiefsten Schichten des Unbewussten (Freuds „Es“) anrührt und auf die visuelle Reise mitnimmt. So wie die wundersamen Werke der Malerin Oda Jaune, jüngst beiläufig und neugierig entdeckt.

 

2020 8 Jun

Hohe Drehzahl

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Bosch ist hier nicht Motor und kein Maler, sondern Polizist. Die sechste Staffel dieser Serie gleichen Namens kommt, wie alle vorher schon, recht still daher, zieht aber behutsam in die Tiefe. Eine Klasse für sich. Für einen Thriller mit recht wenig suspense und gerade deshalb angenehm – man bleibt doch gerne am Ball. Kaum Filmmusik, der Sound ist die Umgebung. Falls der Teufel das Detail liebt, wird er hier unzählige Augenblicke lang verweilen. Der zwischenmenschliche Beziehungsbereich, der Polizeiapparat, feine Charakterschilderungen, Intrigen: es geht um Mikrostrukturen, die ja im geduldigen Verlauf von Serienstaffeln viel genauer gezeichnet werden können als in Filmen. Überhaupt, dieses Los Angeles-Ambiente hat es in sich: eine Augenweide. Mir fiel zudem Aufmerksamkeits-technisch etwas auf: meistens nämlich finde ich dann eine Sache gut, wenn sie gleichzeitig das Interesse weckt und es ebenso befriedigt. Es entsteht dann dieses Zeitgefühl mit dem bereits erwähnten flow. Es ist auch das Wirken von Intelligenz von einer niedrigen in schnellere Drehzahl, wie ich einmal bei einem Sufi-Autor las. Man kennt das von der Fahrradschaltung mit den heute üblichen rund zwei Dutzend Gängen: ständig ist man am Schalten, denn es geht um den richtigen grip, im permanenten Wechsel. Ich wäre sogar in der Lage, in diesem Sinne eine Fernsehserie mit bestimmten Arten von Jazzmusik, der Akkordstruktur eines Steely Dan Songs, meiner Werkzeugkiste oder einem Fussballspiel in Zusammenhang zu bringen – doch ginge das hier zu weit. Bleiben wir in Bodenhaftung, so wie Bosch: von Natur aus nüchtern. Auch darin liegt ein Zauber. Einziger Nachteil solch televisionärer und komplett ideologiefreier Feinkost: man möchte permanent auf die Pausetaste drücken angesichts der dichten Dialoge und raffinierten Details. Dann aber wäre das Surren der Synapsen störend unterbrochen, in einem Hirn, das hier Erweiterung erfährt: auf eine Weise, die nicht jeden Handlungsstrang akkurat verfolgen muss, auch mal ins Randgeschehen sich verträumt. Mit dem Vertrauen, das Erkenntnis nicht nur rational geschieht, zuweilen sich auch unbewusst den Zugang sucht. Wann hört man schon in einem Krimi Leute über Art Pepper und Thelonius Monk reflektieren und sieht den undurchsichtigen Kartell-Schurken lesen in diesem bekannten Buch von Marcel Proust? Der Hund von Bosch heisst Coltrane, der spielt allerdings kein Saxofon. Das hätte wohl dem phantastischen Hieronymus sogar gefallen.

2020 3 Apr

Unorthodox

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Gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen, seien sie bereichernder oder ernüchternder Natur, oder beides gleichermassen, konkurrieren stets mit verbliebenen Leerstellen des Unwissens, die pures Gold wert sind. Als Duo bilden sie ein osmotisches Gleichgewicht, das sklerotischen Stillstand ebenso verhindert wie den Dünkel des Alles-Wissens und wie gehabt den Eintritt in die Sondervorstellung namens „Neugier“ sichert. Nicht, dass es, wie die Herren Philosophen Sloterdijk und Heinrichs in dem Buch Die Sonne und der Tod verkündeten, zu jenem Unglück kommt, man habe sich schon in jungen Jahren „zu Schanden gelesen“. Dann wird aus Ziel kein Weg mehr. Ersetzen wir noch kurzerhand die Silbe „Gier“ durch „Lust“, nehmen auch das freie „Spiel“ mit in den Bund, schon stimmt die Sache. Da auch das Serienschauen in unserem gepflegten Hause stets und strikt dem Lustprinzip die Ehre erweist, in dem der sogenannte Flow-Effekt Orientierung bietet, war es jüngst ein Satz aus einer Online-Rezension, die den entscheidenden Funken bot. Das suchende Interesse zündete an diesem kurzen Satz nur: „Dieser Film beflügelt.“ Auf denn, du junger Wandersmann, im Lande Netflix wird Unorthodox als Mini-Serie wohlfeil angeboten, und so streamte man wieder, was das Zeug hielt, alle An- und Abstandsregeln wurden dabei eingehalten. Erzählt wird von einer jungen Jüdin, die aus ihrem strikten, repressiven religiösen Milieu des erz-orthodoxen Judentums im New Yorker Stadtteil Williamsburg flieht, zu ihrer Mutter nach Berlin, weil sie dem Druck der Ehe in diesen Kreisen nicht mehr standhält. Zudem gehört die zarte junge Frau zu den Naturen, deren Lebenslust, Neugier und Widerspruchsgeist sich nur ungern in die Schranken weisen lässt. Das ist fantastisch gut erzählt, lehnt an einen Roman von Deborah Feldmann an, wird fast ausschliesslich von jüdischen Schauspielern gespielt, auch viele Laien sind dabei, das merkt man aber nicht. Man gewinnt einen intimen, authentischen Eindruck in diese befremdlich interessante Welt des orthodoxen Judentums. Den Kontrapunkt bildet ein utopischer, idyllischer, freiheitlicher Ort namens Berlin. Are you serious? Na klar, im Film ist alles möglich. Zu viel soll nicht verraten werden, die Serie begeistert und berauscht geradezu. Oder, wie die Online-Rezension im Vorfeld zu Recht unkte: er beflügelt.

2020 19 Mrz

„Unterleuten“

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Rudolf Gombrowski (Thomas Thieme) ist der mächtigste Mann in Unterleuten.

 
 

Es ist in diesen Tagen nicht ratsam, unter Leuten zu sein. Die beste Möglichkeit, der Info-Hölle zu entkommen, besteht für unsereins in den geliebten Radtouren, schnurstracks aus der Stadt raus und die Lungen durchgepustet. Auch das Hirn wird dabei frei, ein immer wieder verblüffender Szenenwechsel findet statt, auch mental. Es ist überliefert, dass der Verlust einer positiven Lebenshaltung jeglichen Heilungsprozess blockieren kann und auch für das Immunsystem nicht gut ist. Wir setzen also weiterhin auf Altbewährtes und sind dankbar für die segensreiche Medizin, die Wissenschaft und ein freiheitliches politisches System, in denen Räte sowenig zu sagen haben wie Nazis, Katholiken und Kommunisten. Aber die Horrormeldungen nehmen derzeit überhand und unsereins schätzt gerade in dieser Zeit die Flucht in erbaulichere Gefilde, wie Netflix, YouTube oder die Mediatheken. Dort kann man frei wählen. Wie neulich der Besuch beim ZDF, was selten vorkommt, sich entgegen irreführender Falschmeldungen aber lohnte. Die Rede ist von „Unterleuten“, jener Literaturverfilmung eines Romans von Juli Zeh, die hellwach, redegewandt (wie Precht) und voll auf der Höhe der Zeit ist. Das schlägt sich in den Dialogen merksam nieder: ein subtiler, aktueller Sprachwitz begleitet das auch visuell ansprechende Geschehen, zudem eine ruhige, entspannte, schwarzhumorige Erzählweise, die mich teilweise an Rainer Werner Fassbinder erinnerte. Ein jeder mag für sich entscheiden, mir jedenfalls hat es Spass gemacht: der Schauspieler und des Drehortes wegen, und weil dort die brütende Hitze des Hochsommers weilte (goldene Kornfelder, verschwitze Körper, sanfte Brisen). Nun mag ja das Buch noch differenzierter sein als die Verfilmung, aber diese verflixte Romanlesephobie älteren Datums führt mich stets vorzugsweise zu Netflix. Anderen geht´s ähnlich, man frage beispielsweise Sybille Berg. Wie dem auch sei, ich fand es gut: Danke dem ZDF, der Autorin, dem Regisseur Matti Geschonneck, den beteiligten Schauspielern. Besonders gefallen hat mir übrigens Anne Pilz, die karriereorientierte Angestellte der „Vento Direct“ aus Hannover. Auch das: rein subjektiv.

 


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