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Archives: Tuskiana

2015 5 Dez

Tuskiana (3)

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Ich will ja kein „Budden-Rock“ sein. Es lebe die Unwissenheit, es leben die Zeitlöcher hoch! Habe in diesem Jahr (Asche aus meinen Ohren!) erstmals STICKY FINGERS von den Rolling Stones von vorne bis hinten gehört, lieben gelernt – und in einer verrückten Passage klangen sie gar wie die frühen Allman Brothers. Und jetzt TUSK. Von Fleetwood Mac. Darauf war ich nicht gefasst. Ich hatte wohl damals, 1979, meine Ohren auf Durchzug gestellt, war in Vorurteilen unterwegs oder im Talking Heads-Rausch. Gregor hat sie sogar aus seinem Plattenschrank entfernt und verkauft. Hmmm. Dieses Doppelalbum ist (meiner völlig unbescheidenen Meinung nach) ein Labyrinth, eine Achterbahnfahrt, mal herzerweichend, mal rattenscharf. Und durchaus nicht vollkommen. Ich bin 24 Jahre alt. Ich fange noch einmal von vorne an. Wenn du es dir gibst, sagte Anne gestern zu mir, dann aber richtig! Sie meinte die Äusseren Hebriden. Ich meine heute Abend TUSK. (Und nach dem Kopfhörertrip wollte ich mir den kurzen Schmerz im Netz abholen, und dann der nächste kleine Endorphinschub: Kagawa machte in der 93. Minute den Sieg in Wolfsburg perfekt. Trotz drei verletzter Stammkräfte. Hinreissend. „Das aktuelle Sportstudio“ wird ein Fest sein. Wie, heute ohne Hans Joachim Friedrichs? Ach ja, Zeitlöcher. Ich habe schon etliche neue Lieblingssongs: einer heisst „Tusk“, ein anderer „The Ledge“. Laut hören. Auf dem Sofa. Wegfliegen. „I’m stepping through the door / And I’m floating in a most peculiar way / And the stars look very different today.“

… – das halluzinierte ich, als ich Lajlas Überschrift las. Oh, wir (die EF-Feriengruppe, Abteilung Junghippies) waren wohl zweimal im Juli 1971 in der Torqay Town Hall, das verrät das Programm im Netz: Torquay Town Hall – Fleetwood Mac (14th), Medicine Head (16th), Groundhogs (21st), Keef Hartley, Atomic Rooster (23rd), Van Der Graaf Generator (30th), Mick Abrahams Band (31st). Youtube-Filmchen gibt es allerdings nicht.

Atomic Rooster (britischer Blues Rock mit bunten Pillen) und Fleetwood Mac (ohne den Albatros Peter Green) spielten also an getrennten Abenden. Auf jeden Fall konnte ich mich wieder an den Namen „Torquay Town Hall“ erinnern, auch an die Palmen an der Uferstrasse (?) (Golfströmung!), und dass neben After The Goldrush auch eine Schallplatte im Schaufenster ausgestellt war von der englischen Jazz-Rock-Band Nucleus (mit einem Cover, das die englische Arbeiterklasse porträtierte). Ich kaufte beide.

Heute, also einige Monde später, kommen Lindsay Buckingham, Stevie Nicks (mein Adventsengel, wer weiss?) und Co. bei mir vorbei, um Tusk aufzuführen. Jon Dale jedenfalls ist sichtlich beeindruckt von der Box:

„Tusk is strong stuff, surprisingly unyielding in its intrigue. As a document of a group responding to mega-success by both experimenting wildly, pushing the studio-as-instrument as wildly as usually only an Eno would go, and by introverting in response to „Rumours'“ interpersonal melodramas, it’s still a bristlimg, staggering listen.“

Soweit ein Ausschnitt aus der Januarausgabe von „Uncut“. Dass der Name von Brian hier auftaucht, lässt mich natürlich schmunzeln. Heute Nacht träumte ich, wie ich bei Eno zuhause war, und er bei einem launigen Gespräch auf einem Kassettenrekorder (!) Stücke von zwei neuen Songalben vorspielte (in Wirklichkeit wird es 2016 wohl ein Album mit zwei 25-Minuten langen Stücken geben, ich glaube eher nicht an Gesänge, das Wort „brassy“ fiel im „Netz“).  Sehr ärgerlich, dass ich die Lieder nach dem Wachwerden nicht mehr zum Nachsingen im Kopf hatte. Sie waren, wie einst die Songs von Tusk, aus meinem Gedächtnis verschwunden.

2015 1 Dez

From Tusk Till Dawn

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In Paignton sassen wir in einem kleinen Cafe, in dem sich auch eine britische Hard-Rock-Band eingefunden hatte. Hiessen sie wirklich „Hot Chocolate“, wie es meine Erinnerung behauptet? Weitere Spuren haben sie nicht hinterlassen. Mehr als die dunklen Ringe unter den Augen des bärtigen Leadsängers interessierten mich die ranken Beine einer zukünftigen Hockeynationalspielerin aus Neuss. An einem Abend, es war ein paar Tage, nachdem ich vor Ort Neil Youngs After The Goldrush erstanden hatte, standen wir in einer langen Schlange, vor der Town Hall in Torquay, um Atomic Rooster und Fleetwood Mac zu erleben. Juli 1971. Peter Green war nicht mehr dabei, ich wusste noch, wie ich das erste Mal „Oh, Well“ gehört hatte und gleich unter einem Bann stand. 

Popmusik lehrte uns Teenager damals, was für eine aufregende Veranstaltung das Leben hinter heimischen Gartenzäunen und unerfüllten Lieben sein konnte, und dieser Song zählte für mich eindeutig zu den Dosenöffnern des Wunderbaren. Das Konzert von Fleetwood Mac war allerdings eine seltsame Enttäuschung, später wurden sie noch weltberühmter mit Rumours (das mich kalt liess) und Tusk, das ich mir kaufte, weil mir der Titel und das Cover so gut gefielen, und der Name der Band immer noch wie ein unerfülltes Versprechen wirkte. Aber waren sie nicht zum perfekten Mainstream mutiert, wie sollten sie mit den vier Songalben von Brian Eno konkurrieren können?

Also legte ich die Platte (ein Doppelalbum) auf, und jetzt kommt es: meine Erinnerung an Tusk ist komplett gelöscht. Tabula rasa. Nada. Rien. Less than a sweet nothing. Viele Jahre später hörte ich Leute von dem Album schwärmen, das viel unzugänglicher, experimenteller und verwegener als Rumours sei. Am kommenden Freitag habe ich ein „date“ mit Tusk, das Album erscheint als 5:1-Mix, auf Vinyl, mit allem Drum und Dran und Extras. Netterweise erhalte ich als Journalist das volle Paket und kann den neuropsychologischen Selbstversuch machen: ist die Musik von meiner Festplatte verschwunden, weil sie in meinen Ohren gänzlich uninteressant war, hatten meine beiden Lauscher einen schlechten Tag, oder werde ich ein kleines Wunder in den Farben des Covers erleben? Das wäre dann, auf dezente Weise, psychedelisch.

 
 
 

 


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