Sean Baker sagte, er hätte es darauf angelegt, die Regeln des Pornofilms zu brechen. Die Pornoindustrie bestimmt hier nicht den ganzen Film und auch nicht die gesamte Persönlichkeit von Jane, sondern nur einen kleinen Teil. Ansonsten ist Jane eine verdammt gut aussehende, intelligente und ziemlich gut gelaunte junge Frau, hängt mit ihren Freundinnen herum und mit ihrem kleinen Hund Starlet. Eines Tages kauft sie auf einem Flohmarkt einer alten seltsamen und abweisenden Frau, Sadie, eine Thermoskanne ab. Damit beginnt die Geschichte. Sean Baker sagte, er hatte immer schon mit Menschen befreundet sein wollen, die wesentlich älter waren als er selbst. Aber wie fängt Freundschaft an? Vielleicht damit, jemandem ein Glas Wasser anzubieten.
– Good water.
– It´s just water.
Also, das war es noch nicht. Vielleicht fängt es an, wenn es selbstverständlich geworden ist, gemeinsam eine Tasse Kaffee zu trinken, ein Ritual. Und wenn niemand unangenehme Fragen stellt. Wenn es nicht mehr um Macht geht. Wenn man gemeinsam etwas erlebt. Ein Bingospiel. Weil Sadie jeden Samstag Bingo spielt. Wenn niemand recht haben muss und wenn es egal ist, wer eine Wette gewinnt. Und wenn sogar eine Verräterin nichts zerstören kann. Und der Schluss dieser Geschichte ist so bewegend, dass Besedka Johnson, die Sadie spielt, als sie im Interview davon erzählt, zu weinen beginnt. Wahrscheinlich war dieser Film ihre letzte Rolle. Sie ist 85 Jahre alt.
Ich war vor ein paar Stunden, als ich den Fernseher anschaltete, plötzlich in diesem Film gelandet, den ich vor drei Jahren im Kino gesehen hatte. Spätvorstellung. Das Sommerlicht in Los Angelos. Damals saß hinter mir eine Frau, die, noch während der Abspann lief, sagte, sie hätte das Ende nicht verstanden, und mit der ich dann bei einem Milchkaffee darüber sprach, wie wir es deuten könnten.
Starlet, USA 2012
Regie: Sean Baker