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Archives: Theory of Becoming

That’s how it is. Music that dwells between all horizons is hard to grasp. Listening in briefly is not an option here – lingering is the magic word, all stranger things considered. At the end of this journey, a certain Loplop is wandering around in the forest. Do you know Loplop? I didn’t know the journeyman until now. Nor those paintings by Max Ernst in which he captured dark forests on canvas that human beings should better not visit. Only the magical bird Loplop succeeds in these forays.

The prelude to these ten excursions into rare, real, surreal terrain is entitled „This Town Will Burn Before Dawn“. When the piece first took shape, the composer, whose instruments are listed as „electronics & sampling“, had in mind a pulsating, shining city full of inventions that is burnt down by barbarians, but without destroying the last traces of hope.

From track to track, the scenery is changing. Years ago, an asteroid approached Earth, stopped just before entering our orbit, and sped off in the opposite direction. Even scientists couldn’t come up with a completely plausible explanation, and the internet was flooded with theories that, of course, included extraterrestrial life. „Oumuamua, Space Wanderings“ is the apt name of the composition of a wonderfully strange album that apparently sets itself no limits thematically.

We travel in 80 worlds around the day anyway (some just don’t realise it). One thing at least seems to permeate all these ascetically conceived pieces: a sense of transformation, of traces of light in the darkest zones. Such things can easily go wrong, with minor-key textures, soaring pathos, plainly knit „new age“ props, and strained big-art bric-a-brac.

 

 

 

 

Evgueni Galperine doesn’t fall into any of these traps on „Theory Of Becoming“, an album that, despite its continuously surprising contrasts, gives space and depth to every single moment. Quiet seductively, the pieces (apparitions) let fall one mask after the other  – sometimes we hear the dancing swing of a children’s song, sometimes a barely disguised earworm, a lost score of late romanticism, a Jules Verne-tested space travel or a chronicler of real horror.

„Theory of Becoming“ is completely cliché-free meditation music. And exciting to boot. It could become a new favourite album for listeners who appreciate the collected areas and immersions of Steve Tibbetts‘ „Life Of“ or Arvo Pärt’s „Tabula Rasa“, or the solo album by Mark Hollis, probably also for those who like to return to one or the other classic from the treasure troves of „Made To Measure“ and „Obscure Records“, historic labels and playgrounds for the undefined (founded once upon a time, deep in the last century, by Marc Hollander and Brian Eno).

And anyway, this terrific album bears the signature „produced by Manfred Eicher“. As a somewhat quieter presence, the strange bird Loplop was certainly also present in the Paris studios. And he knows the fast ways out of the protective zones of sheltered high culture and  into the beating heart of our wilderness!

So ist es. Nicht mal ein berühmtes Label (ECM) reicht aus, heutzutage, einer Musik, die zwischen allen Horizonten haust, grösseres Gehör zu verschaffen. Bestimmte Klänge erscheinen kaum greifbar, zu sehr „in between“, wenn sie gleichsam aus dem Nichts auftauchen. Kurz reinhören geht hier gar nicht – Verweilen ist das eine Zauberwort. Sich-Überraschen-Lassen das andere. So treibt sich am Ende der Musik ein gewisser Loplop im Wald herum. Kennen sie Loplop? Ich kannte den Gesellen bislang nicht. Auch nicht jene Bilder von Max Ernst, in denen er dunkle Wälder auf die Leinwand bannte, die menschliche Wesen besser nicht aufsuchen sollten. Allein dem magischen Vogel Loplop gelangen diese Streifzüge. Der Auftakt dieser zehn Exkursionen in rares, reales, surreales Terrain trägt den Titel „This Town Will Burn Before Dawn“. Als das Stück erste Gestalten annahm, schwebte dem Komponisten, als dessen Instrumente „electronics & sampling“ gelistet sind, eine pulsierende, leuchtende Stadt voller Erfindungen vor, die von Barbaren niedergebrannt wird, ohne aber letzte Spuren der Hoffnung zu vernichten. Doch wie in jenem legendären Kurzfilm „Meshes of The Afternoon“, archetypisch vorgeführt von Maya Deren, ändert sich die Szenerie mit jedem Schritt ins Unbekannte. Erinnern Sie sich? vor Jahren näherte sich ein Asteroid der Erde, der kurz vor dem Eintritt in unseren Orbit Halt machte, und in die umgekehrte Richtung davonzog. Selbst Wissenschaftler kamen zu keiner rundum einleuchtenden Erklärung, das Internet wurde geflutet  mit Theorien, die natürlich auch extraterrestrisches Leben ins Spiel brachten. „Oumuamua, Space Wanderings“ ist der treffliche Name der Komposition eines Werkes, das sich thematisch anscheinend keinerlei Grenzen setzt. In 80 Welten um den Tag reisen wir ohnehin (manche merken es nur nicht). Eines scheint all diese asketisch angelegten Stücke zu durchdringen: das Gespür für Wandlungen, für Spuren von Licht in finstersten Zonen. Sowas kann leicht schieflaufen, mit mollgetränkten Texturen, auffahrendem Pathos, schlicht gestrickter „New Age“-Requisite, und angestrengtem Grosskunst-Brimborium. 

In keine dieser Fallen tappt Evgueni Alperine auf „Theory Of Becoming“, einem Album, das seinen fortlaufend überraschenden Kontrastierungen zum Trotz, jedem einzelnen Moment Raum und Tiefe gibt. Verzettelung ist ein Fremdwort für ein Werk, das, durchaus verführerisch, eine Maske nach der andern falllen lässt – mal mutiert es zur tänzerischen Schwingung eines Kinderliedes, mal zum kaum verkappten Ohrwurm, zu einer verlorene Partitur der Spätromantik, zu Jules Verne-erprobter Weltraumfahrt oder zum Chronisten realen Schreckens. „Theory of Becoming“ (Lp/Cd) ist eine Art vollkommen klischeebefreiter Meditationsmusik. Und spannend obendrein. Es könnte ein neues Lieblingsalbum werden für Hörer, die die gesammelten Areale und Versunkenheiten von Steve Tibbetts „Life Of“ oder Arvo Pärts „Tabula Rasa“ schätzen, oder das Sololbum von Mark Hollis, wohl auch für solche, die gerne mal zu dem einen oder anderen Klassiker aus den Fundgruben von „Made To Measure“ und „Obscure Records“ zurückkehren, diesen historischen Labels und Spielwiesen für Undefiniertes von Marc Hollander und Brian Eno. Und sowieso trägt das Teil die Signatur „produced by Manfred Eicher“. Als etwas stillere Präsenz war gewiss auch der seltsame Vogel Loplop zugegen, in den Pariser Studios. Und der kennt die schnellen Wege, raus aus den Schutzzonen behüteter Hochkultur, und, wie aus dem Nichts, hinein in all unsere Wildnisse!

 

(Das ist meine Weihnachtsbotschaft, „meine kleine Winterreise“, und ich denke, am 27.März in den Klanghorizonten des Deutschlandfunks um 21.05 Uhr werde ich eine dieser Kompositionen des in Paris lebenden Russen in die Umlaufbahn schicken, ungefähr um 21.45 Uhr, in bester Gesellschaft. So macht man das mit dem „Unerhörten“.)

Ab und zu erscheinen solche Alben wie aus dem Nichts. Vielleicht werden im Vorfeld bestimmte Schubladen bedient oder geöffnet: „Neue Musik“, Elektroakustische Musik, „imaginary soundtracks“ – und man macht sich ein Bild von dem, was auf einen zukommen könnte, bevor man einen Klang gehört hat. Oder man hört ein paar kurze Sequenzen und macht sich ein weiteres Bild von dem, was man da gerade auffängt, bevor man sich auf die Erfahrung des Lauschens eingelassen hat. Das „Reinhören“ ist bloss eine Umschreibung für rasche Einordnungen und reduzierte sinnliche Erfahrung. Kurz reinhören  geht hier gar nicht – Verweilen ist das Zauberwort.

Am Ende der CD (im November wird auch die Vinyl-Ausgabe erscheinen) treibt sich, in der zehnten Komposition, ein gewisser Loplop im Wald herum. Kennen sie Loplop? Ich bislang nicht. Auch nicht jene Bilder von Max Ernst, in denen er dunkle Wälder auf die Leinwand bannte, die menschliche Wesen besser nicht aufsuchen sollten. Allein dem magischen Vogel Loplop gelangen diese Streifzüge.

Und der Auftakt dieser zehn Exkursionen in rares, reales, surreales Terrain trägt den Titel „This Town Will Burn Before Dawn“. Als das Stück erste Gestalten  annahm, schwebte dem Komponisten, als dessen Instrumente „electronics & sampling“ gelistet sind, eine pulsierende, leuchtende Stadt voller Erfindungen vor, die von Barbaren niedergebrannt wird, ohne aber letzte Spuren der Hoffnung zu vernichten

Und dann das: man hört ja ab und zu etwas von Kometen, die sich unserem Planeten nähern. Wie ich aus einer kurzen Werknotiz erfahre, näherte sich vor Jahren ein Asteroid der Erde, der kurz vor dem Eintritt in unseren Orbit Halt machte, und in die umgekehrte Richtung davonzog. Selbst Wissenschaftler kamen zu keiner rundum einleuchtenden Erklärung, und so wurde das Internet überflutet mit Theorien, die natürlich auch extraterrestrisches Leben ins Spiel brachten. „Oumuamua, Space Wanderings“ ist der treffliche Name der Komposition eines Werkes, das sich thematisch anscheinend keinerlei Grenzen setzt.

Wir begegnen, wenn ich einzelne Titel als lockeren Leitfaden hernehme, unter anderem einer „kalten Front“, dem „Brief eines Verschwundenen“, einem Szenario „nach dem Sturm“. Der Autor lässt an anderer Stelle seiner Trauerarbeit angsichts des Todes eines Freundes so freien wie fokussierten Lauf. Eines scheint all diese asketisch angelegten Stücke zu durchdringen: das Gespür für Wandlungen, für Spuren von Licht in finstersten Zonen. Sowas kann leicht danebengehen, mit mollgetränkten Texturen, auffahrendem Pathos, schlicht gestrickter „New Age“-Requisite, und angestrengtem Grosskunst-Brimborium.

In keine dieser Fallen tappt Evgueni Alperine auf „Theory Of Becoming“, einem Album, das seinen fortlaufend überraschenden Kontrastierungen zum Trotz, jedem einzelnen Moment Raum und Tiefe gibt. Verzettelung ist ein Fremdwort für ein Werk, das sich, durchaus verführerisch Maske um Maske enthüllt, als dunkle Schwingung eines Kinderliedes, als verkappter Ohrwurm, als verlorene Partitur der Spätromantik, als Jules Verne-erprobte Weltraumfahrt, als Chronist realen Schreckens. „Theory of Becoming“ ist eine Art vollkommen klischeebefreiter Meditationsmusik. Und spannend geht es obendrein zu. Selbst da, wo die Klänge in Momenten denselbigen rauben, bleiben sie eine Schule des Atmens.

Es könnte ein neues Lieblingsalbum werden für Hörer, die die ureigenen Areale und Versunkenheiten von Steve Tibbetts „Life Of“ oder Arvo Pärts „Tabula Rasa“ schätzen, oder das Sololbum von Mark Hollis, wohl auch für solche, die gerne mal zu dem einen oder anderen Klassiker aus den Fundgruben von „Made To Measure“ und „Obscure Records“ zurückkehren, diesen historischen Labels und Spielwiesen für Undefiniertes von Marc Hollander und Brian Eno. Und sowieso trägt das Teil die Signatur „produced by Manfred Eicher“. Als etwas stillere Präsenz war gewiss auch der seltsame Vogel Loplop zugegen, in den Pariser Studios. Und der kennt die schnellen Wege, raus aus den Schutzzonen behüteter Hochkultur, und, wie aus dem Nichts, hinein in all unsere Wildnisse!


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