Sun Rings for String Quartet, Chorus and pre-recorded Spacescapes ist der vollständige Titel dieser zehnteiligen Kompositionssuite, geschrieben und uraufgeführt mit dem Kronos Quartet bereits 2002. Eines der Stücke, „One Earth, One People, One Love“, war bereits Teil des Albums Sunrise of the Planetary Dream Collector, in dessen Folge der Zyklus entstanden ist; das schadet aber nichts, denn nun steht es in seinem richtigen Kontext, am Ende von Sun Rings.
Das Weltall war immer ein faszinierendes Thema, spätestens seit Gustav Holsts Die Planeten ist es auch Teil des Konzertlebens. Dass Sterne und Planeten Radiosignale von sich geben, weiß man schon länger. Voyager 1 und 2 waren sehr fleißige Sammler in dieser Hinsicht. Die NASA zeichnet diese Signale auf und analysiert sie zu Forschungszwecken — man kann daraus Rückschlüsse auf Atmosphäre, Zusammensetzung und andere Dinge ziehen. Man kann die Signale aber auch elektronisch so bearbeiten, dass sie für menschliche Ohren hörbar werden — rhythmisch krachend, pfeifend, singend, rauschend. Wer sie pur hören will, findet sie auf der Webpage der NASA. Die Sonne klingt eher aufdringlich, Saturn erinnert an singende Wale, Jupiter dagegen ist fast unheimlich (aber letzteres bilde ich mir vielleicht nur ein; ich fand den Jupiter immer irgendwie unheimlich).
Terry Rileys Verbindung zu den Sternen war ein Peyote-Button, irgendwo in der nächtlichen Landschaft des Tahoe National Forest, in dessen Nähe er aufwuchs. Nun hat er die Sternensounds, die er vielleicht schon damals gehört hat, zur Basis seiner Sun Rings gemacht. Sie liegen nicht nur einfach „unter“ der Musik, sondern sind ihr Ausgangspunkt. Die Klänge fließen mit den Streicherklängen, aber auch einem gemischten Chor zusammen, verstärken sie, rhythmisieren sie, geben ihnen Farbe und Atmosphäre. Sun Rings ist auch nicht „klassische Minimal-Musik“. Natürlich gibt es die Riley-typischen melodischen Schleifen, aber die Stücke sind auskomponiert, nichts ist Zufall. 9/11 war eine Unterbrechung; Riley wusste eine Weile nicht mehr weiter. Der Schock, den er bis heute mit den meisten Amerikanern teilt, hinterließ Spuren: „Prayer Central“, das längste Stück der Suite, ruft, zum Teil in Einzelsilben zerlegt, zum Frieden auf: „Now we must learn to de-pend on vast, mo-tion-less thought.“ Man mag das hoffnungslos romantisch oder Koyaanisqatsi-selig finden, das ist es auch, aber es funktioniert im Kontext der Musik. Das Schlussstück basiert dann auf der Zuspielung der Stimme der Autorin Alice Walker, die, während sie die 9/11-Anschläge beobachtete, diese Worte als Mantra sprach: „One Earth, One People, One Love.“