Vor langer Zeit wurde einmal das geheime Leben der Pflanzen in Augenschein genommen. Damals konnte man lesen, dass sie beispielsweise auch musikalisch seien. Versuche wurden unternommen: man stellte etwa einen Lautsprecher auf und bespielte die Pflanzen mit unterschiedlicher Musik, auf die sie ebenso unterschiedlich reagierten. Es hiess, Countrymusic habe auf sie nur neutrale Wirkung, weder positiv noch negativ, also unbeeindruckend. Ich habe das nie vergessen, da auch für mich die meiste Zeit meines Lebens Country-Musik eher neutral war – von „ganz nett“ bis „nerviges Geplärre!“. Das hat sich grundlegend geändert. In letzter Zeit höre ich Songs aus diesem Genre mehr als Jazz, allerdings nur solche der erlesenen Art. Taylor Swift ist für mich die Entdeckung der letzten Wochen und Monate, ich spiele mindestens drei bis vier Lieder täglich mit aus ihren fantastischen Alben Evermore und Folklore. Ich kannte sie nicht, sah irgendwann ein Netflix-Porträt von der Sängerin. Sie ist ein Sprachgenie, die Geschichten und Verse purzeln nur so heraus. Dass sie ein, zwei Privatjets besitzt, dazu ein Dutzend von Grammys und Häusern, stört mich wenig: es macht ihre Musik nicht einen Deut schlechter. Und ich liebe diese Stimme, das teilweise tiefe, erdige Timbre und dazu die coolen Phrasierungen. Die Akkordfolgen sind einfach, jedoch geschmackvoll arrangiert. Grandiose Kollaborationen mit anderen Musikern von Bon Iver und The National. „Der Signifikant ist blöde“, sagt Lacan und wenn ich zum zehnten Mal hintereinander den Song „Ivy“ höre und mitspiele, der übrigens von einer lesbischen Liebschaft Emily Dickinsons erzählt, ermahnt er mich, nun sei aber mal Schluss mit der „Dauerschleife idiotischen Geniessens“. Lieder von Joni Mitchell hatten diese Nebenwirkung kaum, ins leicht Trällernde abzugleiten, schon gar nicht die von Hejira. Die sind erhaben – Gruß an Hegel. Doch wir verweilen mittlerweile gern, nicht nur am Negativen, sondern auch in funktions-harmonisch simpleren Gefilden.