Manafonistas

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Aber bevor der Leser mehr über diesen wunderbaren Autisten (oder Alien?) erfährt, der eine ganz grosse Nummer im Schneeräumen ist, verliert Fat Bob seinen Kopf, als er in einen Laster rast. Bald stellt sich heraus, das Fat Bob, der wegen seines Motorrades so genannt wird, auf seiner Fat Bob gar nicht das Leben gelassen hat, weil er es einem Kumpel geliehen hat. Ein Unfall, ein Verbrechen, eine Verwechslung? Der schwedische Kommissar in den USA, der öfter auf seine berühmten schwedischen Kollegen angesprochen wird, versucht, zusammen mit seinem vom Leben grundsätzlich frustrierten Partner, dessen einzige Sinnzuflucht in seiner geliebten Heim-Karaoke besteht, Licht ins dunkle Treiben zu bringen, und stösst dabei auf eine Gruppe, die Spendengelder sammelt, um Beagles vor dem Nikotintod im Labor zu bewahren. Meine Lieblingsfigur ist Connor, der sich in die scheinbare Ehefrau eines im Zeugenschutzprogramm befindlichen Gangsters verknallt, und ihr schliesslich tatsächlich mit einem Messer ihr Nachtkleid sorgfältig aufschnipseln darf. Das erotische Initiationsritual mit seiner Traumfrau nimmt allerdings einen keineswegs erträumten Verlauf (wie das so oft ist mit Traumfrauen im realen Leben). Man kann sich stattdessen natürlich auch über den grossen Deutschlandroman von Peter Prange hermachen, aber die Alternative gefällt mir, in aller Unbescheidenheit, besser: besorgen Sie sich die Taschenbuchausgabe von Stephen Dobyns unglaublichem Kriminalroman „Is Fat Bob Dead Yet?“, und lassen Sie sich von einem Sprachkünstler und Geschichtenerzähler par excellence in eine bizarre Halb- und Unterwelt entführen, die einen, allen Absurditäten zum Trotz, bis zur letzten Seite fesselt. Ganz grosses Kino, sagen manche an dieser Stelle. Ich sag es mal so: ganz grosses Kino.

 

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Ich glaube, ich müsst bei Herrn Gregor noch etwas mehr Überzeugungsarbeit leisten, selbst wenn das Buch einmal übersetzt werden sollte (dann aber bitte kongenial!).

Tu ich jetzt mal: Stephen Dobyns ist auch ein ausgefuchster Lyriker, der die seltene Gabe besitzt, in jedem Genre, Witz und Tragik unserer endlos gezählten Tage (hach, was hat Lajla für wunderbare Gedichte ausgewählt!) zu kombinieren.

Das ist nicht einer dieser bloss grotesken Carlo Manzoni-Romane, die mancher mal gelesen haben wird, lang ist es her, im dtv-Taschenbuchformat.

Stephen Dobyns Roman hat unterschwellig (gar nicht so unterschwellig) eine existenzielle Dimension, im Sinne von: my god, what is this fuckin‘ life all about? Es erzählt vom Staunen und Wundern, von der Macht der Obsessionen und der Banalität des Bösen, von den kleinen Wundern und der Macht der Fantasie.

Es ist nicht ganz verkehrt, vor und nach den Abenden mit diesem Buch, die „wonder world“ von Sun Ra und seinen frisch ausgegrabenen SINGLES auf sich wirken zu lassen.

Ein Rezensent der SZ (nein, wir müssen jetzt nicht alles verlinken), der wohl zuviel Manafonistas liest, vermutet, man habe Sun Ras Gehirn immer wieder mal an eine JUKEBOX angeschlossen, und er hätte daraufhin, über Jahre hinweg, die wunderlichsten Skurrilitäten aus Funk und Jazz, aus Alien Exotica und Bebop-Pop aufs gute alte Single-Format pressen lassen. Die Auflagen waren gering.

Egal, egal! Wer Erich Kästner liebt, könnte Stephen Dobyns sehr, sehr schätzen lernen! Die Waisen aus dem Weltall greifen sowieso sofort zu!


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