Neulich las ich auf Amazon die begeisterte Besprechung einer Kundin über eines der Bücher von Julia Cameron, wahrscheinlich über das Standardwerk „Der Weg des Künstlers“. Die Rezensentin schrieb, sie hätte durch die Morgenseiten ihren Weg zur Malerei gefunden, mittlerweile zahlreiche Ausstellungen, national und international, sie war voll des Lobes für Camerons Grundtechniken, und die zahlreichen Übungen und sie endete mit dem Satz, sie würde den Rest ihres Lebens die Morgenseiten schreiben. – War diese Rezension hilfreich? 467 Likes. Die Technik der täglichen handschriftlichen Selbstreflexion, schnell geschrieben im Bewusstseinsstrom, hat es sogar in einen Comic geschafft. Der Bildhauer, the sculptor, von Scott McCloud bekommt die Chance seines Lebens. An Abend seines Geburtstags, den er – leider wieder solo – mit mehreren Gläsern Bier in einem billigen Schnellimbiss verbringt, taucht sein Onkel plötzlich auf, und bringt ihm ein paar verschollen geglaubte Zeichnungen aus seiner Kindheit mit, um ihm, der dabei ist, die Bildhauerei auszugeben, wieder Mut zu machen. Der Onkel bot David einen Deal an: Er schenkt ihm die Fähigkeit, Steine und andere Materialien mit den bloßen Händen formen zu können, 200 Tage lang. Bewusste Leerseiten in einem Buch mag ich eigentlich nicht. Ich erinnere mich an ein Buch, in dem ich es affektiert fand. Hier, beim Bildhauer, passte es. Es war das blanke Nichts, die Leerstelle, der Tod, das pure Entsetzen vor einem bürgerlichen Leben, das der Onkel für David als Alternative zur Bildhauerein entwarf. Wie er da auf drei Seiten in dem schweren, fast 500 Seiten umfassenden Comic ein ganzes Leben skizziert, das ist auch sprachlich sehr amüsant. „Maybe get a job teaching at a community college. // Maybe meet a girl at best buy [!!!, Ausrufezeichen von mir eingefügt. Formulieren die US-Amerikaner das wirklich so?], start dating. // She´ll put up with your crazy habits. // You´ll put up with her musical tastes.“ (…) „You´ll settle down, get a starter house, // two boys, // yellow lab //, minivan.“ „That isn´t me“, stammelt David. Die Kunst wäre dann ein Hobby, in den Keller verbannt. Heirat der Kinder, Scheidung vielleicht, „good times along the way, sweet memories, until it starts to wind down (..) until you don´t recognize the world around you.“ Diese Konfrontation macht David klar, dass er bereit ist, für die Bildhauerei sein Leben zu geben. Er schlägt ein. Deal. Und ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.