„John Guerin on drums, Max Bennett on Bass, Robben Ford on guitar …“ – deutlich vernehme ich die Stimme Joni Mitchells und sehe ihre red painted toenails auf der Plattenhülle vor mir, als wenn es Gestern wäre: tatsächlich zählte das Livealbum Miles of Aisles damals Mitte der Siebziger Jahre zum Meistgehörten. L.A. Express nannte sich die bereits bestehende Band, und sie blies frischen Rock-Wind in die Folk-Segel der melancholischen Lady, in Songs wie „Woodstock“ und „Free Man in Paris“. Sollte ich heute einen persönlichen Gitarren-Helden nennen (ein Spiel, das wir ja früher gerne spielten), wäre es wohl jener Mister Ford, Jahre später wiederentdeckt: zunächst Akustikgitarre spielend auf Rickie Lee Jones‘ wunderbarem Album Pop Pop. Irgendwann dann in einem hannoverschen Plattenladen kaufte ich die CD A Handful of Blues. Dem Trio The Blue Line gelang eine fantastische, so noch nie gehörte Präsentation von Stücken im Bereich von Jazz, Funk, Soul und Blues. Natürlich fuhr ich damals nach Hildesheim, um es vor Ort zu geniessen, dort in Twin-Peaks-Atmosphäre umgeben von lauter Motorradrockern in Holzfällerhemden samt Bräuten. Aus meinem Bekanntenkreis kannte niemand diesen Gitarristen. Weil aber wahre Freude stets geteilte ist, war ein gewisser Konrad Heidkamp in seiner Radiosendung voll des Lobes für das Album und E.T. (so das Kennzeichen meines damaligen weissen Polos) telefonierte daraufhin glücklich nach Hause. Das Gitarrenspiel des Robben Ford ist ja in geradezu manischer Weise hauptsächlich auf den Blues fixiert. In ihr liegt aber ein sophisticated element, wie man es bei keinem anderen hört: lockeres Westcoast-Feeling (das Bild vom Surfen passt sehr gut zu mäandernden Riffs, die über wechselnde Akkorde fliegen), hinzu kommt handwerkliche Akkuratheit. Das Wichtigste aber auch hier: die Verbindung von Tradition und Moderne. Wobei mit Letzterem dieses gewisse Etwas gemeint ist, dass der Kultautor Robert M. Pirsig in einer philosophischen Roadstorie als hip bezeichnete, im Gegensatz zu square: es blitzt etwas auf, das Licht wird reflektiert und ein transzendentaler Raum entsteht im „Darüber-Hinaus“. Ein Video-Talk brachte just Klarheit: da ist auch einer, der sich als Autodidakt die Grundlagen schrittweise erarbeitete, fast wie ein Nachzügler. Von anfänglichen „Cowboy-Akkorden“ hin zur Jazzharmonik und dann zum Skalen-Spiel. Hinzu kommt das Lernen rein durch das Gehör. Ich möchte nicht wissen, wie viele gute Musiker gar keine Noten können und trotzdem alles hören. Es ist wie eine Landschaft, in der man sich auskennt und sich intuitiv bewegt, alle Fühler ausgestreckt. Und so kommt es, dass ich ein gutes Dutzend brillianter Songs von Robben Ford in einem Schatzkästchen aufbewahre, hin und wieder daraus einen Zauberring entnehme, den ich mir anstecke – im Nu gepolt und eingenordet: „Here we are again, the Blues has always run the game“. Ein Holzfällerhemd trägt unsereins aber eher selten, eine Harley seht nicht vor dem Haus und auch die Mitgliedschaft in einem Fanclub wird bis auf Weiteres fehlen.