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Archives: Pacific

“The 1960s: A lot of people remember hating President Lyndon Baines Johnson and loving Janis Joplin and Jim Morrison, depending on the point of view. God rest their souls.” (Richard Brautigan, The Tokyo-Montana Express)

 

 


Der vertraute Klang eines Cocktailshakers voller Eis und entfernter Möwen weichen einer einfachen Melodie, einem im Licht sich räkelnden Rhythmus. Wir befinden uns auf einer Zeitreise in ein Japan, das bald eine halbe Ewigkeit zurückliegt. Die Siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts, jene tollkühme Dekade. 
Wir träumten damals vom Fujiama, der uns auf grossen Briefmarken entgegenblickte, verspielt und majästetisch, als wir baby boomer waren. Japaner träumten anders. Und so befinden wir uns gerade mitten in einer Musik, die deren ausgesuchte Urlaubsparadiese zu damaligen Wirtschaftsblütezeiten heraufbeschwörte. Die südlichen Inseln im Pazifik. „Pacific“ ist der Titel dieser Langspielplatte. Das Werk entstand 1978. fast alles instrumental, bis auf die eine Zeile, die mit dem Sommer in ihrem Haar welche alle Träumerei auf den Punkt bringt. Die drei Pazifikforscher: Shugeru Suzuki, Harry Hosono, der bald das Yellow Magic Orchestra mitgründen sollte, und der Dritte, einer der Cracks der japanischen City Pop-Szene, Tatsuro Yamashita. Wir kennen einen alten Bekannten, der auf dem Album auch mitmischte, Ryuichi Sakamoto. So jung, man glaubt es kaum. Eine Prise früher Synth-Pop, die japanische Variante amerikanischer Exotikträume a la Les Baxter, melodische Funkrhythmen, ein schwebender Horizontöffner, eine Brise New Age, easy peasy, soft and breezy. Safe journey.

 

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Einige Echos aus dem fernen Amerika sind zu vernehmen, Urstoffe, Sounds, die japanische Musiker auf die Idee brachten, manches aus dem Hippie-Westen in eigene Sphären zu locken. „Heroes and Villains“ war gerade in der Sandwichposition zu hören, zwischen zwei Kompositionen aus einem allerfeinsten Ambient Music Album made in Japan. „Green“ von Hiroshi Yashimura. Ein Klassiker aus der Ferne. Der 2003 verstorbene Yoshimura gehört zu den Ambient-Pionieren Japans, ein Inspirator und Förderer von Kankyo Ongaku, der japanischen Version von Ambient Music. Über diese Bewegung KANKYO ONGAKU brachte das japanophile Label Light in the Attic eine vielgerühmte Compilation heraus. Uli Koch schreibt auf dem Blog der Manafonisten:

 

„Bei Green geht es nicht um frühe ökologische Klangverkompostung, sondern viel mehr, wie in Yoshimuras gesamtem Werk um shizukesa, was sich annäherungsweise als subtiles Konglomerat von Heiterkeit, Gelassenheit, Ruhe und Stille verstehen lässt und seine weiteren darin verborgenen Nuancen sich am besten beim Hören erschließen.“

 

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Nun zu einer weiteren Japan-Edition des Labels Light in the Attic.  „Pacific Breeze 2“ ist, wie die letztjährige Ausgabe von City Pop, eine Schatztruhe für Musikfans, die sich an eine vergangene Ära erinnern möchten, wenn auch mit einer exotischen Note. Dies sind Songs, die Sie außerhalb ihres Ursprungslandes wahrscheinlich noch nie gehört haben. Dennoch lässt ihre Ähnlichkeit mit global bekannteren Liedern der damaligen Zeit, aus den USA, aus England, sie wie etwas klingen, das aus den dunklen Tiefen des Unterbewusstseins geholt wurde, oder wie ein besonders lebendiger Traum. Es gibt Geheimnisse, unbestreitbares Handwerk und die eindringliche Anziehungskraft der Tanzfläche. Zeit, an den Strand zu gehen und die Lautstärke aufzudrehen. Wenn das mal alles in diesen Zeiten so einfach wäre! Jede Menge Wunder und Plunder finden sich hier. Japanische Ohrwürmer, aber auch nicht so geistreich imitierte Schwingungen. Aber selbst in vertrauten Akkorden und Riffs machte sich eine andere urbane Exotik breit, sobald nur eine japanische Stimme uns etwas ins Ohr hauchte. Meine. Lauschen Sie mal, hier kommt, neben anderen Lichtspielen, „Last Summer Whisper“. Zwischendrin ein ganz und gar amerikanisches Original, Nina Simone. Pacific Breeze 2: Japanese City Pop, AOR & Boogie 1972-1986, der Titel dieser Songsammlung, mittendrin  zwei Lieder aus  Nina Simones Fodder On My Wings, das 1982 auf einem kleine französischen Label erschien. In Japan hatte sie stets eine grosse Fangemeinde. Das Album erzählt von ihren Reisen durch die Welt. 

 

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Das Cover von „Pacific Breeze 2“ ist mehr als einen Blick wert. Hiroshi Nagai liebte alle Spielarten des City Pop. Und er war einer der gefragtesten Coverkünstler Japans. Vorne eine Wasserstrasse, ganz hinten das Meer. Hinter einer grossen Palme breitet sich, ins abstrakten Linien eine Stadt aus, in unwirklichen Rosa und Blautönen. Eine Glitzerfunkelcity. Eine PopArt-Sommerstimmung. Hiroshi Nagai liebte solch surreale Darstellungen, er malte auch seine Traumbilder von Hawai und New York auf seinen ganz realen Reisen durch die USA. Unsere japanische Klangreise endet, wenn die Zeit reicht, mit zwei weiteren Kompositionen des Albums „Pacific“ von Hosono, Suzuki und Yamashita. Zuerst „Nostalgia of Island”, später der wilde Ritt von „Cosmic Surfin‘“, zwischendrin pure Magie, „Surf‘s Up“ von Brian Wilson und Van Dyke Parks. Und wenn in den nächsten Wochen mal ein kleines Buch von Richard Brautigan auf Ihrem Nachttisch landet, hat diese Stunde mehr erreicht, als sie zu träumen wagte.

 


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