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Archives: Kino

2021 22 Aug.

Into the Rabbit Hole

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Wie schnell so etwas geht. Da wollte ich einfach nur herausfinden, von wem eigentlich Manfred Weissleder das Kino kaufte, aus dem er dann den Star-Club machte. Und plötzlich war ich mitten in der Hamburger Kinogeschichte.
 
 

 
 
Auf St. Pauli, Große Freiheit 39, gab es ein Ballhaus namens „Sternsaal“. 1949 erschien eine gelernte Filmvorführerin mit dem wunderbaren Namen Jeltheda Fraukina Lümmy Iderhoff aus Ostfriesland auf der Bildfläche, kaufte den bereits recht angejahrten Laden und machte daraus die Stern-Lichtspiele, ein Kino mit immerhin 750 Plätzen. Erfahrungen mit der Kinogeschäftsführung hatte sie bereits in Berlin gemacht, vorsichtshalber nahm sie als Geschäftspartner aber noch Walter Cartun dazu, der bereits einige andere St.-Pauli-Kinos betrieb. Frau Iderhoff stieg bereits 1951 wieder aus. Cartun führte die Stern-Lichtspiele allein weiter. 1962 brach ein Brand aus und das Kino hätte renoviert werden müssen. Da das Geschäft zu der Zeit nicht mehr gut lief, kam es Cartun mit Sicherheit sehr gelegen, dass Manfred Weissleder, seines Zeichens König von St. Pauli, dem schon weitgehend die linke Seite der Großen Freiheit gehörte, einen Notausgang für seine Erotic Bar im 1. Stock des Nebenhauses benötigte. Die einzige Möglichkeit, die er dafür hatte, war ein Wanddurchbruch zum Kino, und Cartun nutzte die Gelegenheit, das Gebäude loszuwerden, indem er es Weissleder verkaufte. Der hatte nun den Notausgang, den er brauchte, und ein renovierungsbedürftiges Kino, das er nicht brauchte. Als dann Horst Fascher, Rausschmeißer im Indra, ihm vorschlug, einen Musikclub zu starten, wusste er, wozu das Kino zu gebrauchen war, und so wurde wieder eine Art Ballhaus daraus. Star-Club hieß der Laden dann deshalb, weil Weissleder, praktisch denkend, wie er war, auf diese Weise den Neonstern an der Fassade weiter verwenden konnte. Der ist heute ein Ausstellungsstück im Museum für Hamburgische Geschichte.

Dann stieß ich im Web auf ein Foto der Frau Iderhoff, und es dämmerte mir, dass ich sie kannte. Da war ich wohl 11 oder 12 Jahre alt. Sie hatte nämlich 1951 eine kleine Kinokette gegründet: vier Stadtteilkinos namens „Roxy“, und eines davon lag in der Osterstraße in Eimsbüttel, fünf Minuten von unserer Wohnung entfernt, und kinoverrückt, wie ich als Kind schon war, habe ich ungezählte Jugendvorstellungen dort zugebracht. Die liefen immer Sonntags um 11 Uhr; ich erinnere mich unter anderem an die Fantomas-Trilogie, an U-2000, viele Donald-Duck-Filme und vieles mehr.
 
 

 
 
An Kinos faszinierte mich wirklich alles, und ich habe dem Personal Löcher in den Bauch gefragt — wo die Lautsprecher sind, was das für eine Folie in den Schaukästen ist, ob sie die „Heute“- und „In Kürze“-Schilder selber gemalt hätten, wie man das Licht dunkler werden lassen konnte (von Dimmern wusste ich noch nichts), wie man die Fotos in den Schaukästen nennt („Lobbycards“, mir unvergesslich), ob man diese Klappsitze eigentlich fertig kaufen könnte, und, und, und. Ich hatte da keinerlei Skrupel. Und — das habe ich erst jetzt auf dem Foto wiedererkannt — eines meiner Opfer war jene Frau Iderhoff. Sie war nicht immer da, ich wusste nicht, wie sie heißt, und schon gar nicht, dass sie die Besitzerin war. Aber sie war sehr geduldig mit mir. Beiläufig habe ich ihr erzählt, dass meine Tante Else (genau gesagt: meine Großtante) in den Eidelstedter Lichtspielen an der Kasse gesessen hatte und jetzt im Esplanade war. Das Esplanade war Hamburgs prachtvollstes Uraufführungskino, ein ehemaliger Ballsaal in einem Hotel.
 
 

 
 
Tatsächlich, Frau Iderhoff kannte meine Tante. Sie gab mir schöne Grüße mit auf den Weg. Damit war ich für sie dann wohl irgendwie in der Kinofamilie, und plötzlich durfte ich sogar einen Blick in den Vorführraum werfen.

Tante Else gelangte zu 15 Minutes of Fame, als im August 1970 am hellichten Tag die Esplanade-Kasse überfallen wurde. Das ging durch die Presse, und wie ich vermute, wird sie die Zeitungsartikel gerahmt haben. Der Täter wurde nie gefasst, sehr groß kann seine Beute nicht gewesen sein. Das Kino schloss 1982, stimmungsvoll mit Viscontis Tod in Venedig.

1968 wurde das Roxy geschlossen, das Kinosterben machte auch vor der Osterstraße nicht Halt. Das kleine Urania war schon lange weg, McDonald’s zog ein, das Emelka, 100 Meter vom Roxy entfernt, hielt sich auch nicht mehr lange. Immer hatte ich gerätselt, was das für ein seltsamer Name sei — „Emelka“. Die taten da allerdings immer sehr geheimnisvoll. Aber irgendwann hat es mir die Kartenabreißerin verraten: Das Kino gehörte ursprünglich zu einer Filmproduktionsfirma, der Münchner Lichtspielkunst — MLK. Da musste man erstmal drauf kommen. 1969 zog dort ein Pro-Markt ein, dem man bis heute ansieht, dass er mal ein Kino war Und das Roxy wurde abgerissen. Ich klaute aus den Trümmern ein paar Lobbycards und ein „Heute“-Schild. So lebte das Kino in meinem Kinderzimmer noch eine Weile fort.

Noch heute kann ich an keinem Kino vorbeigehen, ohne die Fassade zu fotografieren. Und noch immer habe ich einen fast untrüglichen Blick dafür, ob ein Gebäude mal ein Kino war. Und davon gibt es viele. — Der Hamburger Schriftsteller Wolfgang Borchert schrieb einmal ein Kurzgeschichte namens „Der Stiftzahn“, in der er einen Kinobesuch schildert, in dem jemand vor Lachen seinen Rahmbonbon mit Stiftzahn verliert. Ich bin als Student nach Eppendorf gezogen und wohnte dort quasi „um die Ecke“ von Borcherts Haus. Immer habe ich mich gefragt: In welchem Kino war das wohl? Es hatte ein paar Kinos in Eppendorf gegeben (auch dort war Frau Iderhoff mit einem Roxy präsent, aber natürlich viel später). Eine Stadtteilführung löste das Rätsel: Das Kino war genau gegenüber meiner Wohnung gewesen. Es hieß „Viktoria-Lichtspiele“ und war mit ungefähr 200 Sitzen das, was man in Hamburg als „Flohkiste“ zu bezeichnen pflegte.
 
 

 
 
Das Kino war 1963 geschlossen worden, aber wenn man sich den Spar-Markt, der jetzt darin war, genauer ansah, dann war der Grundriss eindeutig. Der Seitenausgang zur Straße war noch da, er diente jetzt als Lieferanteneingang, auch der Vorführraum war noch klar im Haus zu lokalisieren. Nach dem Spar-Laden zog Schlecker ein, was nach dem gekommen ist, habe ich nicht mehr mitbekommen.
 
 

 
 
Ein Buch, das seit Jahren mehr oder weniger ungelesen bei mir im Regal stand, habe ich jetzt wiederentdeckt. Eine unglaubliche Fleißarbeit. Da findet man sie alle wieder, die Kinos. Auf dem Cover sieht man das Harmonie-Kino in Wandsbek, in dem offensichtlich gerade Der Würger von Schloss Blackmoor gezeigt wurde — der einzige Film aus der Edgar-wallace-Reihe, dessen Musik nicht von Peter Thomas, sondern von Oskar Sala und seinem Mixturtrautonium stammt. Den habe ich auch mal besucht, in seinem Charlottenburger Studio. Die Welt ist klein.
 
 

 
 
Michael Töteberg, Volker Reißmann:
Mach dir ein paar schöne Stunden — Das Hamburger Kinobuch.
Edition Temmen, Bremen 2008.
 
 

 
 
So war das.

2018 19 Nov.

Drive

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Ich mag Geschichten, die zu Entdeckungen von Büchern, Filmen, Schallplatten etc. führen, und deshalb erzähle ich diese: Irgendwann fiel mir auf, wie faszinierend Los Angeles als Filmkulisse ist – erwähnen möchte ich hier nur zwei Filme mit starken Hauptdarstellerinnen: Mulholland Drive (von David Lynch) und Starlet (von Sean Baker), und während ich daran dachte, gezielt nach Filmen zu suchen, die in L.A. spielen und ein bisschen recherchierte, entdeckte ich das Buch „Orte des Kinos. Los Angeles. Eine Stadt als Filmkulisse“ von Wolf Jahnke und Michael Scholten. In der etwas reißerisch verfassten Kurzbiographie von Wolf Jahnke wurde u.a. der Film „Drive“ als einer erwähnt, mit dem Jahnke sich gern nach L.A. versetzt. Ich recherchierte dann nur so viel, bis ich folgende Informationen hatte: 1. Driver, die Hauptfigur, arbeitet in einer Autowerkstatt, und außerdem als Stuntman. 2. Die Musik ist cool. 3. Fantastische Aufnahmen von L.A. und 4. Es handelt sich um einen harten, unterkühlten Gangsterthriller. Nr. 4 überlesend bestellte ich den Film und habe ihn innerhalb weniger Tage zwei Mal gesehen.

Selbstverständlich gibt es hier keine Nacherzählung des plots. Ich möchte nur den Blick auf wenige innere Mechanismen lenken. Driver, die Hauptfigur, hat noch einen weiteren Nebenjob: als Fluchtwagenfahrer (get-away-driver). Es gibt drei Autoverfolgungsjagden, und jede ist auf andere Art mit der Psychologie des Fahrers verknüpft, und dies macht sie interessant. Der Regisseur, Nicolas Winding Refn, hat keinen Führerschein, was ihn vielleicht zu einem anderen Blick auf Automobile befähigt. Ich habe mir die Interviews mit Cast & Crew angehört, alle erzählten etwas über den Charakter, den sie spielten, nur Ryan Gosling, der den Driver spielt, wollte die Hintergrundgeschichte, die er zu seiner Figur entwickelt hat, lieber für sich behalten. Der Charakter des Fahrers ist der spannendste Aspekt in dem Film. Und, ungewöhnlich für einen Gangsterthriller, ein gelegentliches Abgleiten in Traumlogik. Die Bildübergänge (cuts) sind fantastisch gelungen. Übrigens spielt auch die rothaarige Chefsekretärin aus Mad Men mit. Man sollte sich hier allerdings auf einen klassischen boyz flick einstellen, in dem Frauen entweder heilig, naiv oder nackt sind. Es gibt nur eine Lady, die einen coolen Auftritt hinlegen darf, und der dauert nur ein paar Sekunden.

Immer wieder blitzt feiner Humor in den Dialogen auf. Da wird Driver nach einer atemberaubenden Vorführfahrt mit einem potenziellen Geschäftspartner bekannt gemacht und er zögert, ihm die Hand zu reichen. My hands are dirty, sagt er. Und der andere entgegnet: So are mine.

2017 31 Dez.

Innen Leben

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Ich hatte den Film nicht ausgewählt und wusste nur dessen Titel (nämlich „Innen Leben“), dass es um Bewohner eines Hauses geht und dass der Film vor einiger Zeit von der Kulturzeit empfohlen wurde, ich wusste nicht einmal, an welchem Ort der Film spielte. Das war mir eigentlich zu wenig, aber nun war die DVD da und ich dachte, zehn Minuten bin ich auf jeden Fall dabei. Da war das sorgenvolle Gesicht eines alten Mannes mit Bart, der eine Zigarette rauchte und in einen ungepflasterten Innenhof blickte. Ein paar Autos, Geröll. Frauen stehen am Fenster hinter Gardinen. Zwei Mädchen wollen ins Bad. Auf der Ablage über dem Waschbecken sind an die zehn Zahnbürsten in zwei Zahnbechern verteilt, das Wasser befindet sich in einer großen blauen Plastiktonne. Eine zusammengewürfelte Gruppe, teilweise miteinander verwandt, befreundet, liiert, vielleicht verliebt, und ein Baby. Eine großzügige und durchaus bürgerlich eingerichtete Wohnung, die sich als die einzige noch bewohnte Wohnung im Haus herausstellte, weil die anderen Hausbewohner längst geflüchtet sind. Es dauert einige Minuten, bis gesprochen wird, weil etwas passiert ist, was nicht weitergesagt werden soll. Es ist die ältere Lady, die hier das Sagen hat. Sie hat schon so viel verloren, und auf keinen Fall wird sie diese Wohnung verlassen. Das junge Paar mit Baby plant hingegen, die Stadt noch in der folgenden Nacht zu verlassen. Die Wohnungstür ist mehrfach verriegelt, jedes Klopfen eine Bedrohung. Der Blick durch den Spion: Drei Männer im Treppenhaus. Das ist alles, was wir von außen sehen: das Treppenhaus und den Blick auf den Innenhof. Manchmal funktioniert das Radio. Wir befinden uns im syrischen Bürgerkrieg, aber es könnte auch ein anderer Krieg sein. Während dort die Bomben fallen und niemand weiß, wie lange die Wohnung noch ein Schutzort ist, knallen hier seit Stunden schon die Böller, weil niemand mehr Geduld hat, bis Mitternacht zu warten. Leuchtraketen zischen in den Himmel. „Innen Leben“, ein Film von Philippe Van Leeuw, zeigt das Leben in einer Wohnung in einem Kriegsgebiet im Zeitraum eines Tages. Ein spannendes Kammerspiel, von der ersten bis zur letzten Minute.

 
Yance Ford in "Strong Island"
 
 

 

  1. Strong Island
  2. Blade Runner 2049
  3. Detroit
  4. Wind River
  5. Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
  6. Manchester by the Sea 
  7. Die Lebenden reparieren (Réparer Les Vivants)
  8. Dunkirk
  9. Baby Driver
  10. I am not your Negro
  11. Moonlight
  12. Loveless (Nelyubov)
  13. Beuys
  14. Denk ich an Deutschland in der Nacht
  15. The Salesman
  16. 120 BPM

 

missed + still on my list: Lady Macbeth / Mother! / Die beste aller Welten / Elle In Zeiten des abnehmenden Lichts

 

(NB: As some films are often released later in Germany than in their country of origin, a few of these films may count as 2016 releases to residents of the U.S. or Iran. Also, many films in the run for Academy Awards 2017 have of course not been released in Germany yet. So I can only include films that have been screened in cinemas in Germany this year – or at festivals in Cannes and Berlin.)

Ich bin nicht chronologlisch vorgegangen bei der Beschäftigung mit dem Werk von Alejandro González Iñárritu. Es ist sein vierter Film und der dritte von ihm, den ich gesehen habe, nach „21 Gramm“ und „Babel“. „Biutiful“ ist insofern anders strukturiert, als der Film hauptsächlich an einem Ort spielt, nämlich in Barcelona, und im Zentrum nur eine Hauptfigur steht. Es ist Javier Bardem, der in „21 Gramm“ einen Familienvater spielt, der nach einem langen Gefängnisaufenthalt im religiösen Glauben Halt sucht. In „Biutiful“ spielt er Uxbal, der, wie man vielleicht dezent sagen könnte, Geschäfte macht. Weil seine Frau eine bipolare Störung hat, hat er das alleinige Sorgerecht für seine beiden Kinder, ein Mädchen, vielleicht 12, und einen Jungen, vielleicht 7 Jahre alt. Die Spannung liegt weniger im Plot, eher in der Erzählweise und in der Auswahl der Bilder, im Schnitt. Es wird viel oder ausschließlich mit der Handkamera gearbeitet, was teilweise eine enorme Unruhe erzeugt. Trotz der existenziellen Belastung, der Uxbal ausgesetzt ist, und obwohl ihm die Handlungsfäden aus den Händen gleiten, versucht er, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Die sozialen Verflechtungen seines Lebens sind vielfältig, was der Figur viele Möglichkeit zur Interaktion und viel Tiefe gibt. Die Frau, die Kinder, die widersprüchlich erscheinenden Jobs. Mit seinem Bruder, der einen Stripclub führt, verbindet ihn nur ein Rechtsproblem um das Grab des Vaters. Auf dem Kühlschrank stehen Fotografien aus glücklichen Zeiten, und es gibt Bilder, Blicke auf Barcelona, die nur einen Bruchteil einer Sekunde eingeblendet werden und die umso stärker wirken, weil man sie festhalten möchte. Uxbal scheint zudem eine besondere metaphysische Gabe zu haben, die ihn mit einer Frau verbindet, die er aufsucht, wenn er verzweifelt ist und Rat sucht. Das Zentrum seines Lebens aber sind seine Kinder, für die er eine Bedeutung haben will und die er zu anständigen Menschen erziehen möchte. „Papa, wie schreibt man `beautiful´?“ – „So, wie man es spricht.“ Mit den Kindern raus, in die Pyrenäen, damit sie den Schnee sehen. Wussten Sie, dass Eulen, bevor sie sterben, ein kleines Haarbüschel aus ihrem Schnabel verlieren?

Bitte nichts recherchieren, einfach nur spontan antworten.
 
 
1. Fällt Ihnen spontan ein Name eines Filmkritikers / einer Filmkritikerin ein?
 
a) Ja, eine/r.
b) Ja, klar, mehrere.
c) Nein.
 
 
2. Gibt es für Sie so etwas wie einen – publizierenden – Filmkritiker / eine Filmkritikerin Ihres Vertrauens?
 
a) Ja.
b) Nein.
 
 
3. Lesen Sie Filmkritiken? (Gemeint sind ernsthafte Auseinandersetzungen)
 
a) Ja.
b) Nein, nie.
 
 
4. Auf welche Weise entscheiden Sie, welche Filme Sie sehen (egal ob DVD, Blueray oder Kino)? (Mehrere Nennungen möglich)
 
a) Filmkritiken
b) Amazon-Kundenbewertungen
c) Wikipedia-Infos
d) Empfehlung von Freunden/Bekannten
e) Spontan in der Videothek aufgrund der Informationen auf dem Cover
f) Aufgrund des Coverbildes / Filmplakates
g) Aufgrund des Trailers
h) Aufgrund der Schauspieler/innen
i) Aufgrund des Regisseurs / der Regisseurin
j) Aufgrund der Filmmusik
k) Aufgrund des Genre/einer Art Einordnung (z.B. Koreanischer Film, Thriller, Arthouse, Empfehlung der SZ-Redaktion)
l) Aufgrund der Thematik
m) Aufgrund der Wünsche eines Freundes / einer Freundin, mit dem /der Sie den Film sehen wollen.
n) Sonstiges, nämlich …
 
 
5. Angenommen, Sie beschließen, am Abend allein einen Film zu sehen. Ihnen fällt aber gerade nichts ein, was Sie sehen wollen. Wie würden Sie innerhalb möglichst kurzer Zeit entscheiden, welchen Film Sie auswählen?
 
 
6. Offene Frage: Was soll eine gelungene Filmkritik leisten?
 

Er las den Roman einer Bekannten, Expense of Spirit, es ging um zwei Paare, es spielte im Hochsommer, am Meer, es ging darum, wie sie sich in ihren Beziehungen erlebten, erfanden, es war, nun ja, fand er, ein Schuss zu viel Dekadenz darin, es mochte an der Landschaft gelegen haben, am Meer und im Sommer, da ist alles leicht, aber wie ist es in den Bergen, im Winter, da kann man sich abarbeiten an einem eher feindlichen Umfeld, vor allem, wenn man Anfang Dreißig ist, und nicht mehr fliehen kann in irgend ein Jungsein, es kommt darauf an, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, keine Ausflüchte mehr, da hat eine Frau vielleicht ein Haus geerbt und weil es schön ist, zieht sie mit einer Freundin ein, es gibt einen Skilehrer, eine Freundin, die einen Roman übersetzt, es gibt ein Krankenhaus, ein Zimmertheater und einen Filmvorführer, der immerzu Fotos macht und sie nach Datum beschriftet in ein Album einklebt, sein tägliches Ritual, und der fast etwas verschreckt wirkt, wenn die Frau, mit der er sich verabredet hat, wirklich im Café erscheint, da gibt es die bunten Lampen im Haus, die ständig unaufgeräumte Küche, Weihnachten ist gerade vorbei, Tage, an denen der Schnee an den Rändern der Straßen sich anhäuft, du musst nicht mit mir reden, aber wie ist es, wenn neben dir jemand am Tresen sitzt und damit beginnt, Eigenschaftswörter von dir aufzuzählen, und, weil du das Spiel gerade bei ihm angefangen hast, musst du zuhören: „abwartend … zögernd … verschlossen … kontrolliert.“ „Aber das stimmt doch gar nicht.“ Die Kunst besteht darin, Motive schweben zu lassen. Und ihnen, wenn sie entgleiten, einfach zuzusehen.

 
„Winterschläfer“ – Ein Film von Tom Tykwer (1997)

2015 9 Feb.

Enjoy this river as long as you live on it

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It is a coming-of-age story, but it is more. There is the Mississippi, you are 14 again, you live with your parents on this house boat. Your father is a fisherman. You don´t know what love is about, it´s still a dream, a far away vision, but you observe it as livechanging, everywhere. And there is your best friend, Neck, he´s cool, as you are (maybe you are a little bit more), although he has this motorbike. And you both can handle a motorboat. Neck discovered an old boat on one of those islands outside, it stucks on a tree, it could be your hiding place, but there turns up this guy with crosses in his footprints. Neck considers him a bum, you dunno (one of your favorite expressions), but your sudden feeling says he´s all right. You like his face, admire his body, and how he moves. There is this wolf´s eye sewed in his shirt which protects him from his prosecutors. You can call him Mud. And there is Junifer, his love for ages, birds tatooted on her hands. You meet her and once, in this shabby motel room, she kisses you on your forehead. Sometimes you wish Mud would be your father or your very older brother, but mostly you want to be his friend. You supply him with food, it´s scary how he eats green beans out of the can you brought from the kitchen at home. You trust him, step by step, you do what he wants, for the sake of friendship and love. And there is this life changing book Neck lends to you. “The confident confidant. Communication with the opposite.” Sometimes communication is violence (not recommended by your book). Trespass. You dunno what´s all about. You stay cool, try to. You never know who listens, you never know who´s thinking of you.

„Mud“, a film by Jeff Nichols

– Could you imagine to fall in love with someone you don´t know personally?
– Sure.
– How would this work?
– Easy way. The right words would do.
– Just words?
– Well, we are talking about a beginning, aren´t we?
– Seems as if you had several experiences with this topic.
– Everyone has.
– What about the voice?
– Very important.
– More important than the contents?
– Bullshit. Both has to hit right the point inside.
– What about a voice with the right content – but without a body?
– Are you kidding?
– No way. Could you imagine this?
– To fall in love with a voice?
– It would not only be a voice, but a consciousness.
– (Short pause). It would work.
– What about this voice would be produced by a computer?
– Are you crazy? A computer isn´t able to a real communication.
– Maybe in a few years. Could you imagine?
– Yes. But the voice has to be really good. And he has to say really good things.
– The voice is brilliant. And he would know anything about you.
– Anything…
– Okay. Let´s say: much.
– Let´s say: Only what I´d liked him to know.
– No, a little bit more. It´s a brainy one.
– And we would really talk?
– You would. Could you imagine this voice to be your best friend?
– Maybe.
– Your love?

 

 

 

 

„Her“. A Film by Spike Jonze.

A view just on the cover can be delusive. (This foto is not a foto of the DVD-cover.) It´s not an eyecatcher. Neither the title. Nor the categories „love“ and „comedy“. It´s rather a tragedy. Worth watching.

Was ist schon Verwerfliches dabei, als erfolgreicher Fotograf im besten Alter in einem großen Appartement mit Blick auf die Düsseldorfer Rheinwiesen zu wohnen, von attraktiven, humorvollen und intelligenten Frauen umschwärmt zu werden, Cabrio zu fahren, Tag und Nacht die großartigste Musik der Welt zu hören und den kleinen ehrgeizigen Studentinnen, die noch an eine Wahrheit glauben, zu erklären, dass es hinter der Oberfläche, hinter den Bildern nichts gibt? Solang es okay ist, ist es okay. Wenn er dann aber nach einem Beinahe-Unfall, der wahrscheinlich tödlich geendet hätte, ins Grübeln gerät, ist es vielleicht Zeit für etwas anderes. So geht es Finn, gespielt von Campino, dem Sänger der Toten Hosen, in Wim Wenders´ Film „Palermo Shooting“. Wovor hast du am meisten Angst? Finn, der immer in Bewegung ist, immer unter Strom, hält inne, geht in eine Kneipe und drückt auf ein paar Tasten der Jukebox.
 
 
 

 
 
 
Als er am nächsten Tag auf dem Rhein einen Frachter mit der Aufschrift „Palermo“ sieht, beschließt er, dahin zu reisen, ohne Plan. Vielleicht war die Ziellosigkeit seine größte Angst. Sich fallen lassen. Kontrolle abgeben. Bilder aufnehmen, ohne sie später zu bearbeiten. Zuhören. Vielleicht einmal selbst eine Frage stellen. Das ist nicht leicht. Finn läuft mit einer 20 Jahre alten Nikon durch die Gassen Palermos, immer die Ohrhörer drin. Ständig ist er müde, er schläft überall ein, kurze, bildreiche Träume, er trägt seine tote Mutter auf dem Rücken, er schreitet durch Katakomben, wo Menschen in Reihen beerdigt worden sind, es treffen ihn immer wieder Pfeile aus Glas, der Tod schreitet im Kapuzenmantel vorbei. Einmal, als Finn aufwacht, wird er von einer Frau mit Bleistift portraitiert. Die ernsthafte Flavia (Giovanna Mezzogiorno) arbeitet als Restauratorin seit Jahren an einem Fresko und macht sich Gedanken über das Gesicht des Todes. Glücklicherweise wird die Beziehung zwischen den beiden niemals kitschig. Schließlich begegnet Finn dem Tod (in Gestalt des Dennis Hopper) und es gelingt ihm, mit ihm zu sprechen und auf ihn zuzugehen.
 
Wenders hatte auch für diesen Film kein Drehbuch. Die Dramaturgie entwickelt sich aus den Figuren heraus. Zufälle. Und wie sie sich im Raum begegnen. Die alte Pfandleihanstalt, Escher´sche Treppenhäuser. Ein Schaf, das wegläuft, bevor Finn es fotografieren kann. Immer wieder wacht er auf. Traumlogik. Teilhabe an einem Lebensgefühl. Studie eines Gesichts, wie es sich wandelt. Es geht eben nicht darum, alles zu kennen, alles zu wissen.
 
„Palermo Shooting“ ist nicht zuletzt auch ein großartiger Musikfilm.
 
Die Musikauswahl liest sich ungefähr so:

 
 
– Nick Cave
– Velvet Underground
– Can
– Bonnie Prince Billy (Death to Everyone)
– Iron & Wine
– Calexico
– Beirut (Postcards From Italy)
– Beth Gibbons & Rustinman: Mysteries
 
 
Welche Tasten würden Sie heute drücken?
 
 
 

 
 
 
Ach, übrigens mag ich keine Entweder-Oder-Fragen.
 


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