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2015 29 Apr

Popol Vuh / Florian Fricke: Kailash

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kailash
 
 
 

Immer hatte Florian Fricke ein Solopiano-Album machen wollen. Zu seinen Lebzeiten ist ihm das nicht vergönnt gewesen. Nun liegt doch eines vor, als CD/LP 1 des Kailash-Boxsets, das auf Soul Jazz Records erschienen ist. Dazu gibt es den Soundtrack zum gleichnamigen Film auf der CD/LP 2, und als Sahnehäubchen gibt es den Film noch als DVD (PAL/NTSC, ohne Regionscode) dazu.

Schon mit 12 oder 13 Jahren ist Florian Fricke als Piano-Wunderkind gehandelt worden. Davon ist hier nichts zu hören, eher hat man den Eindruck, in einem hingetupften akustischen Skizzenbuch zu blättern. Die Aufnahmen sind zwischen 1972 und 1989 entstanden, und auch, wenn sie sich beim ersten Hören gelegentlich irgendwo zwischen Roedelius und Satie zu bewegen scheinen, so sind sie doch ganz eindeutig Fricke. Es ist sein harmonischer Stil, es ist seine typische Melodieführung. Manchmal hört man Hintergrundgeräusche oder Beckenklänge, manchmal singt Fricke leise mit, manchmal hätte man sich das Instrument besser gestimmt und die Aufnahmen etwas professioneller gewünscht, aber man muss sie als das hören, was sie sind: Studien, ursprünglich sicher nicht zur Veröffentlichung vorgesehen. Einige Stücke dürften Notizen sein, die letztlich im Album Hosianna Mantra ausgeführt wurden, andere schweben frei (und manchmal ein bisschen ziellos) umher und nehmen den Hörer mit auf eine Reise durch Frickes Gedankenwelt.

Die zweite CD/LP enthält den Soundtrack zu dem Film Kailash — Pilgerfahrt zum Thron der Götter, den Fricke und sein musikalischer Mitstreiter und Kameramann Frank Fiedler 1995 erstmals auf Video veröffentlichten. Der Mix aus Keyboards und eingearbeiteten Field Recordings ist faszinierend, über Strecken atemberaubend und macht wieder einmal ganz deutlich, dass Popol Vuh als musikalisches Projekt konkurrenzlos dastand. Allerdings ist die Erwähnung des Namens Popol Vuh ein bisschen irreführend; tatsächlich ist es Florian Fricke allein, der hier spielt. Man sollte also auch kein bislang unentdecktes Popol-Vuh-Album erwarten, sondern Florian Frickes Soundtrack zu einem Film. Bevor man sich diesen Film allerdings zu Gemüte führt, empfiehlt es sich, einen Blick auf das Stichwort „Mount Kailash“ in Wikipedia zu werfen, um sich eine ungefähre Vorstellung zu verschaffen, welche kulturelle und religiöse Bedeutung diesem Gipfel zukommt. Der kommentarlose Film erklärt dies nicht, und ganz ohne Hintergrundinformationen wird nicht klar, was da eigentlich gefilmt wurde, was Menschen in dieser fast völlig von der Welt abgeschnittenen Region Tibets suchen, oder weshalb der Berg nur umrundet, aber nicht betreten werden darf. Weiß man das allerdings, erhalten die Bilder in Verbindung mit der Musik eine beeindruckende Zusatzdimension, die weder der Soundtrack noch der Film jeweils für sich allein bieten könnten. Film und Musik sind restauriert, und verglichen mit der alten Videofassung hat sich das gelohnt.

Während ich die Piano-CD eher als stimmungsvolle Zugabe sehe, ist der Kailash-Soundtrack für mich schon jetzt ein früher Kandidat für die Platte des Jahres.


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