Vor fast auf den Tag genau drei Jahren habe ich auf Joan Didions „South and West“ hingewiesen. Das Buch ist heute noch so empfehlenswert wie damals.
Nun liegt ein neues Werk von ihr vor, ein Essayband, der zwölf durchweg bereits veröffentlichte Beiträge aus den Jahren zwischen 1968 und 2000 versammelt. An Werke wie das erwähnte „South and West“, in dem es um die Südstaaten geht, oder „Slouching Towards Bethlehem“, das auf eine desillusionierende Weise die Hippiekultur San Franciscos zerlegt, kommt „Let Me Tell You What I Mean“ leider nicht heran. Dem Buch fehlt der rote Faden, manche der Essays sind für mein Gefühl schlicht langweilig, ließen mich mit der Frage „Warum erzählt sie mir das?“ zurück, und ich glaube, dass sie das manchmal auch selbst nicht weiß. Didions Schreibstil ist nicht einfach, ihre in Teilen sehr langfädige und zerfahrene Erzählweise macht den Einstieg nicht leichter, man muss schon einige Konzentration aufbringen, um nicht aus dem Text zu fallen. Mir ist manches auch zu selbstreflektierend, etwa „Why I Write“ — ja mein Gott, täte sie’s nicht, würden wir halt etwas anderes lesen, und die Welt würde sich noch genau so drehen.
Interessant wird die Lektüre aber dann, wenn sie einen Anknüpfungspunkt an eigene Interessen bietet oder satirisch, ironisch oder einfach witzig ist. Letzteres ist eindeutig nicht Didions Stärke, es kommt aber vor. Ihre Story über Nancy Reagen ist so eine, oder „Some Women“ über die Frauenfotos von Robert Mapplethorpe. Auch der Text über das Gefühl, das sich einstellt, wenn einen das College seiner Wahl ablehnt, ist leicht nachvollziehbar. Alles in allem aber ist mir das aber für ein Buch ein wenig zu dünn.
„Let Me Tell You What I Mean“ schleppt ein 35 Seiten langes Vorwort mit sich herum, das so tun möchte, als sei dies ein unglaublich wichtiges Buch. Zudem steht am Ende des Buches der Hinweis, man habe das Buch in einer alten, wiederausgegrabenen Schrifttype namens „Didot“ gesetzt (zwischen den Zeilen soll man wohl lesen: zu Ehren der Autorin). Die Schrift gehört offensichtlich zur klassischen Bodoni-Familie — eigentlich eine schöne Buchschrift, aber sie darf nicht zu klein sein und braucht viel Luft um sich herum. Dafür hat dieses kleinformatige Büchlein aber zu wenig Platz, und so flimmern einem nach einer Weile die Augen.
Joan Didion bleibt aber, das sei klar gesagt, eine wichtige Stimme, wenn es um Entwicklung und Zustand der USA geht. Sie hat da einen sehr scharfen, sezierenden Blick. Zeit, einmal wieder in „Slouching Towards Bethlehem“, „South and West“ oder „The White Album“ hineinzuschauen.