Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Music for Black Pigeons

 

 

Ohne viel reden
gemeinsam Musik machen
Die Welt verschönern

 

 

Vorgestern habe ich mir den Dokumentarfilm Music for Black Pigeons über Jakob Bro und seine Musikerkollegen von Jørgen Leth und Andreas Koefoed im fsk in Berlin-Kreuzberg angesehen. Davon hatte ja schon Henning geschwärmt (s. Filmplakat oben rechts).

Ein phantastischer Film, mit Lee Konitz im Mittelpunkt, der anfangs eine wunde Lippe hat, dann in den Avatar Studios in NYC im Dezember 2012 auf dem von Henning schon erwähnten Album December Song – es war der magische Opener Laxness, wenn ich mich nicht irre – für einen gefühlvoll-lyrischen Altsaxophonton nicht von dieser Welt sorgt und dessen Grabstelle – er starb im April 2020 an Covid – Jakob Bro am Ende besucht. Ein anderer wunderbarer Moment ist das Stück To Stańko, das dem 2018 verstorbenen polnischen Trompeter Tomasz Stańko gewidmet ist, vom 2021er Album Uma Elmo. Neben Bro an der Gitarre sind hier Jorge Rossy an den Drums und insbesondere Arve Henriksen an der Trompete zu nennen, sein unverwechselbarer „nebliger“ Ton, bei dem ich meine, den Wind zu hören, wie er durch einen Bambushain weht. Manfred Eicher verschlägt es vor Emotion die Sprache beim Hören der Aufnahme. Auch toll der geistig-körperlich noch frische Drummer Andrew Cyrille am Ende, der in New York noch so einige Fans zu haben scheint. Bei den Interviews, wo sich die Musiker vorstellen und dann etwas zum Lebensziel bzw. dem Grund, wieso sie Musik machen, sagen sollen, sieht man dem Kontrabassisten Thomas Morgan lange beim Schweigen zu. Seine erste Sprache ist offensichtlich die Musik.

Etwas traurig, wir waren gerade mal vier Leute im Kino und ich habe den Altersdurchschnitt gesenkt. Der Film läuft in Berlin noch bis zum 4.10. um 18h im fsk bzw. um 20h in der Brotfabrik.

Die Formationen des Schlagzeugers Paul Motian wurden stets bereichert von Gitarristen wie Bill Frisell, Ben Monder, Jakob Bro oder, auf dem Album Reincarnation of a Love Bird der Electric Bebob Band: Wolfgang Muthspiel und Kurt Rosenwinkel. Reinkarnation des Sun Ra, so könnte man jetzt Rosenwinkels frisch erschienenes Doppel-Album Star of Jupiter nennen, das einer musikalischen Entwicklung die Krone aufsetzt. Eine interstellare Sehnsucht schwingt mit bei diesem Musiker: Wir kommen alle von weit her.

Im Kosmos ist es kalt und diese Musik lässt leicht frösteln, ist zuweilen aufwühlend, aber eben auch unheimlich, zauberhaft, fremdartig schön. Anders als Hybridguitar-Kollege Pat Metheny, dessen Unity-Band kürzlich allzu Gewohntes präsentierte, lässt sich Rosenwinkels neues Quartett – mit den Marsalis-Musikern Aaron Parks (Piano) und Eric Revis (Bass), ferner Drummer Justin Faulkner – nicht als Ambientsound für den Supermarkt verwenden, es sei denn: Shopping auf die abgefahrene Art.

Sind auf dem Cover Weise aus dem Morgenland, tanzende Derwische zu sehen oder sind es vier Manafonistas, die auf den fünften warten? Die elektrische Gitarre ist ja klanglich oft limitiert, monoton. Der Trick des Rip van Rosenwinkel: er passiert Joe Pass, hat einen eigenen Sound entwickelt und bereichert ihn durch Vocoder-verfremdeten, hymnischen Gesang. Und noch ein Effekt ziert sein Spiel, man kennt das von der Malerei der Jungen Wilden: an den Rändern verläuft die Farbe und der Zufall diktiert entzückende Muster.

Auch die Licks hier, sie zerfransen und zerfasern. Ist es nur ein Mythos, Überlieferung: dass Gitarrenkönig Kurt gelegentlich sein Instrument willkürlich umstimmt, um nicht zu wissen, was er spielt und so den Grenze setzenden Bünden und Mensuren ein Schnippchen schlägt? Wie anders kann es sein, dass es ihm gelingt, völlig fremdartige und unerhörte Läufe hinzulegen? Mir jedenfalls gefallen solche Eskapaden – man zieht Profit daraus. Ein Song auf diesem Album nennt sich „Spirit Kiss“, und genau das ist der Gewinn.

 
 
Geechee Recollections
 
 
 
lieber michael engelbrecht,
schön von ihnen zu hören, – dinge aus frühen jahren! sie haben recht, die geechee recollections sind auch für mich ein meilenstein, viel zu wenig ins bewusstsein der jazzhörerschaft eingedrungen. ich mag die lp wegen des mutigen vorandrängens kreativer musik zu jener zeit & nicht nur, weil viele instrumente auf der lp zu hören sind, die ich marion nach usa geschickt hatte, als ich in den 60er jahren in kairo lebte. wir waren in intensivem brieflichen kontakt, & von ihm bekam ich auch ein sehr langes 4-spur-tonband mit damals fast nicht erreichbaren lps von sun ra, die marion von einem freund ausgeliehen hatte. marion & ich planten eine musikfassung von büchners woyzeck, aber durch meine versetzung nach kabul (ich war damals beim goethe-institut) blieb es beim plan. sehr schade. wissen sie, ob marion noch lebt? ich hatte noch ein paarmal nach seiner gehirnoperation briefkontakt, aber dann wurde mir klar, dass eine kommunikation kaum noch möglich war. die korrespondenz zwischen uns liegt jetzt im archiv der akademie der künste in berlin. marion hat auch mehrfach meine erste lp mit dem cairo free jazz ensemble (1970/71) in usa im radio gespielt. ein weit unterschätzter künstler war er & einer der ersten afroamerikaner, der sich auf intellektuellem niveau dem free jazz näherte. & ein wunderbarer bescheidener mensch…
um wieviel uhr kommt ihre sendung im deutschlandfunk?
ich grüsse einen der seltenen leser meines obduktionsprotokolls!
hartmut geerken

Homepage: www.hartmutgeerken.de

2011 5 Nov

Gary Thomas: Found On Sordid Streets

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Was ist das Gegenteil von Musik? – Anti-Musik? Stille? Lärm? 

Wahrscheinlich gibt es kein Entkommen, denn seit John Cage ein paar Minuten Stille zu einem Musikstück vertonte und zudem regressive Reminiszenzen an früheste, pränatale Sound-Prägungen uns ein Lebelang begleiten, bilden der Hörsinn, die Sehnsucht und das Verlangen nach Heimat eine Verbindung, der ebensowenig beizukommen ist wie etwa dem ödipalen Dreieck in bürgerlichen Kleinfamilien.

Immer, wenn unsereins das romantisch Sentimentale; das allzu gefühlig Fragile; das bemüht Avantgardistische in der Musik nervt, dann greift er gerne mal auf Nüchternes, Bodenständiges und Griffiges zurück – aber keine Sorge: es gibt noch Alternativen zur spirituellen Bombastik eines John McLaughlin.

Gary Thomas, von dem überliefert ist, dass er es bei Miles Davis nicht allzu lange aushielt, („tired of always playing funky licks“), bietet einen Ausweg, der nachhaltig befriedet. Die Musik dieses unterschätzten Saxophonisten und Flötisten bewegt sich in Bereichen, die durch intelligente Virtuosität; vibrierende Kinetik und konstruktive Coolness bestimmt sind – mit einem subversiven, leicht zornigen und sperrigen Tonfall.

Geerdete Hochspannung erwartet einen auf diesem erstmals 1997 erschienenen Album. Es weht hier auch ein wenig der Geist von Weather Report – wie ein frischer Wind von „Gibraltar“ her. George Colligan ist es, der auf seiner Hammond-Orgel zawinuleske Linien zaubert. Und die CD bekommt man nicht auf dem Black Market, sondern ganz legal vom kleinen, feinen Winter&Winter Label.


 
Gary Thomas - Found On Sordid streets
 

Even in the context of Towner’s brilliant career, „Diary“ is an outstanding album — one of the four or five masterpieces in Towner’s solo oeuvre. It’s an astonishingly intimate album, almost private and hermetic as it drills down through layers of gorgeous melody to the roots of music itself in free pieces like „Entry in a Diary.“ This is one of the great rainy day albums of all time, featuring probing dialogues between Towner’s guitar and piano, with occasional percussion. There’s a tender sadness here, but there’s also joy and triumph. Note: This is „early“ Towner — the same moody genius of Oregon’s „Distant Hills“ and „Winter Light.“ The oft-played „Icarus“ gets a victorious reading here, with a tension between the unbridled ecstasy of the melody and Towner’s fragmented attack; „Mon Enfant“ is a perfect solo guitar miniature for the ages — one can imagine Bach hearing it and musing on its delicate melancholy; „Images Unseen“ and „Entry in a Diary“ extend the guitar and piano landscape into free space, adding percussion, in the manner of Oregon’s set-opening improvisations; and one wishes that „Ogden Road,“ with its poignant exchanges between Towner’s inimitable crystalline guitar and his Bill Evans-style piano meditations, would go on forever. A fine introduction to Towner’s solo work — even more inward than, say, „Open Letter,“ if not quite as incendiary as „Solo Concert,“ and more intense than his later all-solo all-instruments outing, „Blue Sun.“ Highest recommendation. (Steven Silberman, Wired)

 
 
diary LP
 

Ich werde die Trommlerin gleich zweimal erleben in diesem Jahr: beim 7. Punktfestival, Kristiansand, wird sie, Anfang September, mit Live-Sampler Jan Bang auf Klangsuche gehen, und am 3. Juli wird sie in Wuppertal mit ihrem neuen Quartett auftreten, vorwiegend ruhig, luftig, melodiös, man kennt die Ästhetik, der lyrische Ton ist vertraut: aber das sind Oberflächeneindrücke. Die CD CELESTIAL CIRCLE der Schlagwerkerin Marilyn Mazur produziert jenen magischen Mehrwert, der mich mit scheunentorgross geöffneten Ohren lauschen lässt. Mit einem schlanken Drum-Kit ist Marilyn Mazur selten unterwegs, ihre Welt sind vor allem die sanften, dynamischen, unberechenbaren Vibrationen und Erschütterungen der Perkussionsinstrumente. Ihre Erfahrungen als „side woman“ reichen von Miles Davis bis Jan Garbarek, mit dem sie vor Jahren das faszinierende Duo-Album „Elixir“ schuf. Marimbas, Glocken, Zimbeln, Gongs und allerlei Gerätschaften, für dessen korrekte Benennung man ein studierter Musikethnologe sein müsste, sind oft Teil ihrer Bühnen- und Studioausstattung. Man wird schon neugierig auf die Musik, wenn man all diese mal bronzeglänzenden, auch mal verwittert wirkenden Instrumente erblickt. Tatsächlich könnte man damit auch ein esoterisches Brimborium veranstalten. Es ist bemerkenswert, wie diese spirituell denkende Musikerin aus Dänemark solchen Versuchungen widersteht: auf ihrem neuen Album wird sie zur Minimalistin im Umgang mit ihren raumgreifenden Klangkörpern. Unentwegt steuert sie neue Klangfarben bei, feine Nuancen, und befeuert die Kommunikation des exzellent besetzten Quartetts: Josephine Cronholm, die schwedische Sängerin, die spielend leicht Jazz- und Folktexturen verschmelzt; John Taylor, der mit sparsam gesetzten Klavierklängen das Feld bereichert. Und Anders Jormin, dessen Spiel  in gleicher Weise für basstypische Erdungen sorgt wie für Freischwebendes in höheren Klanglagen. Die Form ist nie gefesselt oder strikt – alles treibt ins Offene, der Ideenfluss ist immens. Produced by Manfred Eicher at Rainbow (it still works, after all these years!)

Und Marilyn Mazur emailte mir (u.a.) folgendes: „This project was originally made for the cathedral in Molde, when I was artist in residence 2008 at the Molde Jazzfestival. So the music for the group has always had the vision of being spiritual, airy and fit for very ambient rooms. Also the music is modelled for the specific members of the group. For the studio-session in december 2010, I felt it would be fun to combine the composed pieces with some free titles, to give everyone the chance to also play spontaneously. I have been surprised that we made a CD with so transparent and calm an expression, as my previous productions are more „caleidoscopic“ in their energy and expression.  

Wenn man dieses Interview aufmerksam liest, findet man, denke ich, den einen und anderen Zugang zu der Welt dieses Solo-Piano-Albums, das Manfred Eicher produziert hat. Craig Taborn verbindet in seinem Spiel so viele Polaritäten: das Schroffe und das Zärtliche, das Maschinelle und das Organische. Sein Spiel ist ungeheuer reich, in den Details, in dem langen Atem einer Improvisation, in der Ausführung der Ideen, und doch von allem Zierat bereinigt: sowas entspringt aus dem Geist der Askese, da öffnen sich die wildesten Blüten! (thanks to Craig Taborn for doing this transatlantic interview!)
 
 
 
 Avenging Angel
 
 
 
Michael Engelbrecht: I´ve read that these pieces evolve from small motives or units of sound (you had or had not prepared) – is it true that you have a kind of small seed for a piece, or is there a bit more conceptionally going on before?

Craig Taborn: The improvisations can germinate from a variety of places. Sometimes it may be from some specific choice of motive or gesture but it also may be some extra-musical idea like an image or a verbal phrase or concept. I may arrive at these before the piece begins or I may simply settle on something after the music has already begun. But for the most part I try to remain true to the initial idea of a specific piece in some way once it is begun as long as it is rendering musically engaging things. But if it is not yielding good things I will abandon the idea without any remorse.

Michael: Paul Bley once told me that his playing with long silences and decays on the classic solo piano album “Open, To Love” came from his experimenting with early synthesizers. What is your fascination with these vey spacey moments and notes vanishing into air… especially on the piece “Diamond Turning Angel?

Craig: I did not know this about “Open, to Love”. I think that my awareness of and engagement with sound has a root in my early and continuing involvement with electronic music. I began working with synthesizers almost at the same time as I began learning piano and these two things have always influenced each other in my music. Primarily I think i have always started my music making from the sound and any other considerations exist within a larger conception of sound. For me even very minimal pieces like DIAMOND TURNING DREAM are actually quite full of activity and detail but that information exists within the sound itself. Only through paying close attention to the complex of sounds inside of each note can one enter that special world. The silences and space allow for this more careful exploration of the tones.

Michael: The title track   has a very special kind of groove: it is not a Jarrett-like „singing groove“ (he can do a lot out of a few notes if he´s not playing Body and Soul), it nearly has a kind of machine-like quality. This is  interesting, because as a listener I´m not hanging on to a dreamy trace-like repetitive figure, but to a very muscular hard-core groove.

Craig: Well for me the groove exists underneath all of the other things that make those kind of repetitive things work. It is something that emerges not really from the repetition (although this is a part of the tracing) but is about the placement and intention of each iteration of a repetitive figure. But I use repetitions in two different ways and both are in evidence in this album. One is to get a kind of machine-like stasis happening, where the repetition really implies non-development. And the other is a real „groove“ that grows around itself and has a feeling of motion and purpose. But the difference between these two things is all in the intention and not so much in the execution. It is about locking in and then deciding how much force or purpose with which to imbue each note, and then adding subtle variations if you are trying to work the groove. “Avenging Angel” has a definite sense of purpose to it in it’s groove, but there is also a bit of a more rigorous posture. I guess my interest in some electronic music as well as my long listening to metal and hardcore music have influences on my idea of where these kind of things can go and what they can evoke.

Michael: Manfred Eicher told me that, in his opinion, this seems to be a step forward in solo-piano-playing, going away from certain romantic cliches. Was it a part of your vision before the recording to be not trapped by certan old ways of „romanticism“? And how did you prevent something from being a too-sweet ballad, maybe looking at the beautiful „ballad“ “True Life Near”?

Craig: The music just comes out of how I am making and hearing sounds. I had no consideration at all for whether the music was sounding „romantic“ or not. I think ultimately everything extends from my engagement with the material. I am not not trying to „perform“ this music in any demonstrative way. There is not really an agenda in terms of either demonstrating certain technical concepts or abilities or to perform emotions at the piano. I am just trying to realize the music I am hearing as truthfully as possible and this precludes the idea of performing it with a point of view´or an emotional agenda.

Michael: Was the title „True Life Near“ an invention of the moment after listening to the song?

Craig: I am not actually sure where this title came from. I did not decide the titles at the time of recording and they are often the result of some kind of  obscure divinatory process. But I really don’t remember where specifically I arrive at the title.

Michael: Manfred Eicher listened to my night show some weeks ago, and he liked it ,  when I played „True Life is Near“ after a piece of Sylvian´s new album „Died In The Wool“…

Craig: Nice that you played that after some Sylvian – i have been a fan of his music for quite some time.

Michael: There are people who mention that one can hear – in your piano solo playing – an influence of Olivier Messiaen. I have a friend who is a big fan of the French composer. I know his bird call piano music, but, concerning those bird music tracks, his ideas are more interesting than the music. So can you shed a light on this reference in your new album?

Craig: I have listened to and freely draw influence from many musics and composers in improvising. Certainly Messiaen is an influencing composer for a variety of reasons. Primarily he is instructive in ways of creating a personal language of design and process. Because he so well documented his ideas it is easy to see how one can take inspiration from certain sources and concretize that inspiration into a musical syntax. And then there is the fact that many of his approaches are derived from and lend themselves to improvisations. Messiaen was part of the great French improvising organ tradition and this is a very advanced improvising tradition. So there are many things one can draw upon in Messiaen to fuel music making. However much of this influence has been a part of my own music making for so long it is often hard to disentangle that from all the other influences and from my own original ideas. So I am never actively seeking to mimic him or anyone else, but at the piano and in certain moments there are processes, specifically harmonic and melodic ones, that are certainly closely related to him.

Michael: When you play a piece like “This Voice Says So”: has there – again – been a small idea at the beginning, a compositional sketch, or what is the „story“ behind this piece?

Craig: “This Voice Says So”  is a completely improvised piece that very specifically uses a very small idea- just a few notes- and develops rather slavish around this material. The form of the piece is arrived at in real time. But every note in the piece relates very closely to the initial idea (i forget what the germ was specifically but one can hear it returning again and again). This is probably the most clear example of this kind of improvising on the album as it stays very close to the root material throughout the piece.

Michael: There are some „wild“, boppish pieces, with angular notes, wild cascades. Do you like this, from time to time, „attacking the notes“ and yet not losing control about key elements of a composition?

Craig: I have a fairly broad palate in terms of approaches and certainly there are many times that I go for more aggressive and „wooly“ things. And often keeping control of the compositional elements is not even a consideration.I like irrational and unhinged gestures as well in my playing. I think the AVENGING ANGEL album is in many ways an exploration of one process but it is by no means the only process i engage in in improvising. So some of the pieces betray some of my other musical interests as well.

Michael:  Coming to the sequence of the album: “The Broad Day King” really opens up the field; it seems to contain – in a nutshell – some of the stylistic elements of the whole album. And then, the piece “This Is How You Disappear”, the closing track has a perfect title for an ending piece. You do also have the impresssion that the sequencing of the tracks adds to the quality of the whole album?

Craig: Sequencing is always a major part of how music is ultimately perceived. I think in this day and age an album sequence is a strong suggestion for the narrative of an album. Because it is so easy for people to make their own sequences, it is not so much an issue to decide the absolute. But certainly it gives a strong impression of an identity to an album to sequence it with intelligence and intent. The AVENGING ANGEL sequence owes mostly to Manfred Eicher’s artistry. At the time of listening and deciding pieces and programming I was fairly well spent from having recorded the day before and I relied entirely on his sensibility in this regard.

Michael: Sometimes I´m surprised that some of it, the more abstract stuff, touches me emotionally, though I would – there – only expect my brain doing some exercises….

Craig: Thank you… The musical intention behind most of the events on the album are the same, to invite close listening and greater awareness. This is true of the more dense and energetic pieces as it is of the slower contemplative ones. For me the differences between them are merely of perceived density but it functions the same way. So while the slow pieces may more easily yield a space to hear sounds closely that awareness can be carried over to more dense context as well. By repeated listening I think one’s awareness of the sound world can grow to the point where it is possible to perceive these more dense pieces in the same way as one perceives the slow ones. Once this happens it is easier to connect oneself to that music as opposed to just hearing information pass. Extending this idea I have found that in our living environment seemingly dissonant and complex sound-fields (like in those found in an urban context) cease to be as annoying and actually can become quite interesting and pleasurable environments. The thing that has to change is one’s awareness of and ability to process the sound information. But in the end being able to tune in in this way ultimately can make everyday life a little more interesting and exciting. But it is also improtant to be able to tune in to the quiet spaces in the same way because they are actually often as full of activity. I guess just always „tuning in“ is the ultimate goal.

Thank you for listening!

2011 10 Mai

Marcin Wasilewski Trio: Faithful

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Marcin Wasilewskis Rechte Hand auf das Griffbrett der eigenen Gitarre zu übertragen ist
ein ebenso angesporntes wie vergebliches Unterfangen für einen permanent Übenden.
In solche Musik kann ich mich aber reinsteigern wie einst vor Urzeiten in die Songs von John Martyn. Wir waren uns immer einig: allein das Feeling zählt, und hier zählen sowohl Martyn als auch Wasilewski zu den Großen.

Auf dem jüngst erschienenen Album FAITHFUL wird der Jazz nicht neu erfunden – muß auch nicht sein. Aber mich berührt diese Spielweise, die auch in den balladesken Stücken Gewicht und Tiefe hat, mehr als die ewigen Standards von Jarrett/Peacock/deJohnette oder das virtuos-moderne, kühle Spiel Brad Mehldau´s. Wenn Wasilewski, getragen von seinen Mitstreitern, in variantenreicher Weise Blue Notes umspielt, als wär dies, wenn
auch nicht der Sinn des Lebens, so zumindest der des Jazz – dann macht das Spass.

Vielleicht ist es diese Mischung aus Beebop-Phrasierung, folkloristischen Song-Elementen (es wurde auch Prince schon geschmackvoll gecovert) und feinen Improv-Explosionen,
um hernach dann wieder punktgenau zu stehen wie der Turner nach dem Sprung
vom Reck. Zudem klingt das Trio in seiner Gesamtheit wie aus einem Guß.

Wie sagte neulich ein befreundeter Maler: „Ein gutes Bild will nichts (mehr).“
Thats, what´s exactly happening here with these young guys playing: they just play.
So, let it be! Es ist mir eine Freude, hier keine Sterne vergeben zu müssen –
so kann ich lapidar und unbeschwert behaupten und empfehlen: Hörenswert!

Wer die Stimme der brasilianischen Sängerin CéU mag, sich aber von den Niederungen der Pop-, HipHop- und Dub-gebundenen Songs zeitweilig lösen möchte – und sei es auch nur für einen Kurzurlaub -, der findet in den himmlischen Sphären freierer Musikformen ein ebenso frisches, vitales und bodenständiges Äquivalent.

Hier ist es Jen Shyu on vocals, die der esoterischen Musikmathematik des Altsaxophonisten Coleman und seinen „Five Elements“ ein sechstes Element hinzufügt. Die Emotionalität ihres virtuosen (Scat-)Gesanges macht diese Musik zugänglich und zu einem ausgesprochenen Hörvergnügen. Erinnerungen an Flora Purim kommen auf – oder an Gunter Hampels „Galaxy Dream Band“ mit Jeanne Lee. Auch Assoziationen etwa zu Theo Bleckmann und Ben Monder werden geweckt, zu den Buddies Greg Osby und Gary Thomas sowieso.

Die Aufnahmequalität und der Klang dieses Albums sind brilliant. Hier wird ein neuzeitlicher Standard erfüllt, der auch Highend-Herzen höher schlagen lässt. Es sind dies die famosen Begleitmusiker (Jonathan Finlayson on trumpet; Tim Albright on trombone), die ihren Beitrag dazu leisten, neben den ausgetüftelten Kompositionen (oder ist das etwa schon Programmiersprache?). Besonders auffällig und hörenswert ist das knackige Rhythmus-gefüge von Drums (Tyshawn Sorey) und Bass (Thomas Morgan).

Der allseits gefeierte Pianist Vijay Iyer, seinerzeit Weg- und Bandgenosse Colemans, sieht den M-Base Veteranen auf Augenhöhe mit dem großen Coltrane. Die Musik ist allerdings sehr verschieden: einerseits spirituelle Emotion pur, andererseits konstruktivistische, vitale Coolness. Das ergänzt sich gut.


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