Anker geworfen
doch nur vorübergehend
Offene Weite
on life, music etc beyond mainstream
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Anker geworfen
doch nur vorübergehend
Offene Weite
2023 9 Okt
Alex | Filed under: Blog,Gute Musik | RSS 2.0 | TB | Tags: Haiku, Musik | 4 Comments
Ich wollte es eigentlich nicht mehr machen, aber es musste sein.
Jemanden völlig
aus den Augen verlieren.
Steel guitar heaven.
[Lucinda Williams – I Don’t Know How You’re Livin‘]
Zwischen bedeutsam
und banal balancierend
Das ist das Leben
[Held By Trees – The Tree of Life]
Sehnsüchtig verträumt
Deck mich zu, leiser Windhauch:
Tenorsaxofon
[Jerry David DeCicca – Lost Days feat. James Brandon Lewis]
It is getting dark
In the air there are all those
beautiful noises
[Held By Trees – Nightfall]
Hör mal, die Vögel!
Das Instrumentestimmen!
Welche Harmonie!
[Held By Trees – Next to Silence]
Eine Musik spielt
zwischen dieser Welt hier und
der nächsten danach
[David Sylvian – I Should not Dare (for N. O.)]
Die Sehnsucht nach dir
nahm mit jedem Tag ab, wo
du nicht mehr da warst
[Lloyd Cole – Myrtle and Rose]
Mobile im Wind
Gitarrenklänge perlen
Das Saxofon schwebt
[Jakob Bro – Laxness]
Jeder macht seins an
Klavier, Bass und Percussion
Blindes Verstehen
[Gary Peacock – Vignette]
Aus Saitenklängen
ein luftiges Bett zimmern,
ein dichtes Gespinst
[Wolfgang Muthspiel – Invocation (Album Dance of the Elders)]
Die Stille beginnt.
In den Moment einsinken.
Worte, halb verschluckt.
[Mark Hollis – The Colour of Spring]
Die Sonne geht auf!
Überstrahlt die ganze Welt!
Eine Trompete!
[Jerry David DeCicca – Angelina]
Roll den Teppich aus
Aus Gitarre und Cello
und dem Glockenspiel
[Pale Saints – Shell]
Ne Supernova,
Der kleine Bruder von Jim,
Viel zu früh verlöscht
[Gun Club – Idiot Waltz]
Keinen Blick haben
für die Menschen links und rechts
auf dem Trauermarsch
[The Cure – All Cats Are Grey]
Eine Melodie
ganz genau kennen, doch nicht
mehr wissen woher
[Sverre Gjørvad – If You Were a Melody, Dank an Ingo]
Cosmic, astral jazz
Polyrhythms all around
The bass is the boss
[Yussef Dayes feat. Tom Misch – Rust]
Ein Fluss aus Saiten
Sprudelnd, plätschernd, (be)rauschend
Zum Meer hinströmend
[Blue Lake – Bloom]
2023 1 Aug
Alex | Filed under: Blog,Gute Musik | RSS 2.0 | TB | Tags: Haiku | 2 Comments
Irgendwie ist das alles viel zu emotional, wahrscheinlich hat es was mit dem Alter zu tun, dem ich mir gerade gewahr werde. Nächstes Mal ein längeres Posting zu einem Thema, versprochen! Die Flucht aus dem Haiku-Gefängnis will langsam vorbereitet sein.
Ein Klavierstück, von
inner- und von außerhalb
des Flügels gespielt
[Julia Kadel – Nicht bleiben, Jazzfest Bonn 2017]
Nebel lichtet sich
Die Sonne altersmilde
Im Wald hämmert wer
[Penguin Cafe – Temporary Shelter from the Storm]
Wer klappert denn da?
Wellen der Melancholie
Plötzliches Ende
[Penguin Cafe – Second Variety]
Es gibt Hypnosen,
aus denen man nie wieder
aufwachen möchte
[Loma – Thorn via M. E.]
Als wir jung waren
Balsam auf wunde Seele
Liebe verschlingt mich
[Air Miami – Special Angel]
Da schwingt eine Welt
in verzerrten Gitarren
Transzendenter Lärm
[Eleventh Dream Day – New Rules]
Ein Gitarrenriff,
das sich einer Schlange gleich
gen Himmel windet
[Thin White Rope – Not Your Fault]
There is a secret
hidden behind the ash trees
Listen to the kids
[PJ Harvey – Autumn Term]
Hey girl, let’s just slide
down that high hill deep into
the heart of the earth
[The Motorcycle Boy – Run Run Run (Lou Reed)]
Bleibt bei diesem Track
der Dancefloor leer, so stimmt was
mit den Gästen nicht
[The KLF – What Time Is Love?]
Wherever you are
Thanks so much for that warm hug
from out of this world
[Low – Walk You Out]
2023 10 Jul
Alex | Filed under: Blog,Gute Musik | RSS 2.0 | TB | Tags: Haiku | 6 Comments
Easy Listening
Soul, die Seele berührend,
Menschen verbindend
[Aretha Franklin – I Say a Little Prayer (Bacharach/David)]
Wir tanzen den Blues.
Wir schreien den Blues heraus.
Wir lieben den Blues.
[B. B. King – Sweet Sixteen]
Flirrende Sonne
Ein Stein springt übers Wasser
Augengezwinker
[Tingvall Trio – Woodpecker]
Im Sessel liegend
Die Füße auf dem Boden
Durch den Traum tanzend
[The Future Sound of London – Papua New Guinea]
God is a woman
and she and her backing band
know what a groove is
[Annette Peacock – Pony]
An den Gitarren
hängen Glocken, die läuten
diesen Sommer ein
[The Necessaires – More Real mit Arthur Russell, Dank an Michael!]
Die Menschenseele
auf der Hardangerfiedel
zum Klingen bringen
[Nils Økland, Sigbjørn Apeland – Skynd deg, skynd deg, auf deutsch „Beeil dich, beeil dich“, Dank an Michael!]
Gefunden hat sie
ihn nie, gesungen von ihm
dutzende Male
[Billie Holiday – The Man I Love (George & Ira Gershwin)]
„Erotik muss auf
den Sonntagvormittag sich
(allein) beschränken“
[Dota Kehr & Funny van Dannen – Großstadtliebe (Mascha Kaléko)]
Getting lost in space
dancing to the galaxies
drifting far away
[Fractal Sextet – Planet 9, Dank an Uli!]
2023 24 Jun
Alex | Filed under: Blog,Gute Musik | RSS 2.0 | TB | Tags: Haiku | 6 Comments
Es geht weiter mit Kurzgedichten zu Musikstücken, die meinen Hirnstamm direkt angesprochen haben. Es kamen wieder jede Menge Inspirationen von hier. Danke dafür.
Es geht los mit dem Meister des Vibraphons und seinem Quartet, die eine Komposition von Keith Jarrett uraufführen(?). Es folgt eine Lady mit dem wundervollen Southern drawl aus Alabama zu himmlischen, unwiderstehlichen Klängen, anschließend ein finnischer Schlagzeuger mit Combo. Meine letzte Lieblingsband, die der frühe Tod der Sängerin und Drummerin, hinweggerafft hat, spielt einen ihrer hypnotisch-melodischen spirituellen Songs. Ebenfalls schon im hiesigen Programm ein Duo des besagten Vibraphonvirtuosen mit Chick Corea in Höchstform. Danach für die gute Laune ein mitreißendes Gesangsstück aus meiner frühen Jugend. Zum Runterkommen ein Instrumental des Meisters, dem wir im Oktober in Berlin huldigen werden. Ich muss es das erste Mal so mit ca. 16 gehört haben und habe es damals ca. 15 mal hintereinander auf beide Seiten einer C60-Cassette kopiert, um es dann auf einem Cassettenrecorder zur Meditation in Endlosschleife zu hören. Weiter geht es mit der Folkrock-Combo schlechthin mit der schönsten Frauenstimme diesseits des Äquators. Im Anschluss eine Gitarrenimprovisation von Jochen. Es endet mit einem Pianisten, den ich gerne in meiner Jugend gehört habe, der etwas ungerechtfertigterweise in die New Age Schublade gesteckt wurde und der uns vor kurzem verlassen hat.
Die Musik findet man einfach im Internet. Hier meine Deezer-Playliste, es handelt sich um die letzten neun Stücke.
Effortless floating,
daydreaming, sipping a glass
of smooth Pomerol
[Gary Burton Quartet – Coral (Keith Jarrett)]
Wie du mich reinziehst,
alles sonst zu vergessen,
nur dir zu lauschen
[Hannah Aldridge – Beautiful Oblivion]
Der Regenwald spricht.
Die geheimnisvolle Nacht.
Fiebertraum. Bett nass.
[Edward Vesala – Nan Madol]
Deine Sanftheit fehlt
in dieser verdammichten,
durchgedrehten Welt
[Low – Gentle]
Wenn Glocken tanzen
und Klaviertöne perlen
Einfach wegschweben
[Gary Burton & Chick Corea – Crystal Silence]
Singe dieses Lied
und alle Trübsal wird wie
weggeblasen sein
[Les Humphries Singers – Mama Loo]
Mit einem Ruder
auf dem spiegelglatten See
Immer im Kreis rum
[Brian Eno – Through Hollow Lands]
A fallen angel
singing of the heart of things
So much air to breathe
[Fairport Convention – Who Knows Where the Time Goes?]
Die Sterne funkeln
motoric vibes on the road
Zuhaus ankommen
[Jochen Siemer – Looping Eastward]
It’s the breaks, stupid!
Auch Schmalz kann berührend sein.
Er spielt jetzt oben.
[George Winston – Living without You]
2023 16 Jun
Alex | Filed under: Gute Musik | RSS 2.0 | TB | Tags: Haiku | 1 Comment
Und es geht weiter mit ein paar Siebzehnsilbern zu Musik, die mich in den letzten zwei Wochen erstmals oder wieder beeindruckt hat. Über einen modernen Klassiker, der gerade einen runden Geburtstag hätte feiern können, über brasilianisches virtuoses Gitarrenspiel zu einem portugiesischem Wiegenlied, einer frischen Sommerballade (danke, Michael), einer etwas düster-verträumten Betrachtung an der See, einem nun auch musikalisch umgesetzten Coming-Out sowie mehreren Stücken meiner ehemaligen Lieblingsband bzw. eines Mitglieds von ihr, es endet in ihrem Heimatort Hoboken mit einer anderen Band, die für unbeschwertes, naives Gitarrenspiel steht. Voilà!
Die Luft abdrehen
Auf dem letzten Loch pfeifend
Orgel, übernimm!
[György Ligeti – Volumina (Ende)]
Vom Meer weht es lau
Es kräuseln sich die Wellen
Copacabana
[Baden Powell – Canto de Ossanha]
Singe dieses Lied
bis der Morgenstern aufgeht
Schenke mir den Schlaf
[Cristina Branco – Canção de Embalar (José Afonso)]
Ein laues Lüftchen
Der Sommer kommt angeweht
Er wird sicher groß
[Sam Evian – Life Go Low]
Sie ist da. Im Traum.
Sand rieselt durch die Finger.
Möwen. Wellenspiel.
[King Krule – Seaforth]
Die Stimme gehaucht
Liebe kann nicht kitschig sein
Halt! Ohrwurmalarm!
[Romy – Loveher]
Rechts ranfahren,
den Wagen voll abbremsen,
um nicht zu crashen
[Tortoise feat. Georgia Hubley – Yonder Blue]
Sich treiben lassen
hinaus auf das weite Meer
mit der Flussströmung
[Yo La Tengo – Nutricia]
An jedem Abend
eines warmen Sommertags
Abschied vom Sommer
[Yo La Tengo – The Summer]
Ein dichter Teppich
gewebt aus Klampfenklängen
Bonsaiversion
[The Feelies – Turn Back Time]
2023 3 Jun
Alex | Filed under: Blog,Gute Musik | RSS 2.0 | TB | Tags: Haiku, Lyrik | 2 Comments
Anbei die Musikstücke, die bei mir im Mai geklickt haben, die mich überrascht haben, die mich berührt haben, die ich in Dauerschleife gehört habe. Da sind einige Bekannte dabei, die ich hier entdeckt habe. Danke nochmal dafür. 17 Beats deswegen, weil es zu jedem Track von mir 17 Silben gibt in der bekannten Haikustruktur 5-7-5. Die Einträge sind chronologisch geordnet. Los gehts!
Eine Injektion
mitten rein in die Seele
Warmer Liebesstrom
[Ben Watt – That’s the Way Love Is]
An die Synapsen
andockende Gitarren
Cover me, Babe!
[William Tyler & The Impossible Truth – Highway Anxiety / Radioactivity (Live)]
Die Tür öffnet sich,
hinter ihr ein alter Freund,
„Lass uns was trinken.“
[Califone – ox-eye]
Gib mir Quecksilber!
Es geht immer nach vorne!
Lass das Gold im Fluss!
[David Byrne – Black Flag]
Eins mit dem Kosmos
Auch auf den Antipoden
Pharoah’s Geist lebt!
[The Circling Sun – Kohan]
Aus den Favelas
Eine Stimme wie ein Bär
Lang lebe der Dub!
[Seu Jorge & Almaz – Cala Boca, Menino]
Morgens der Himmel
Tief ins Plumeau einsinken
Der Grat des Halbschlafs
[Alva Noto – Kinder der Sonne (Intro)]
Die heilende Kraft
einer Frauenstimme, die
pure Musik ist
[Esperanza Spalding – Formwela 4]
Bass und Piano
auf gleicher Wellenlänge
Herzschmelzmelodie
[Charlie Haden & Keith Jarrett – Ellen David]
Schnipps! Stelle dir vor,
die Welt wär exakt so wie
vor vierzig Jahren
[David Sylvian – Nostalgia]
Liebesballade
Ein Tenorsaxophonton
rein wie der Neuschnee
[John Coltrane – Naima]
Mit Polyrhythmen
hochsteigend zum Himmelszelt
auf Eschers Treppe
[Gong – Ard Na Greine]
Das Eis schmilzt langsam
Die ersten Sonnenstrahlen
Kein Grund zum Jubel
[Franz Schubert – Impromptu No. 3 in Ges-Dur (Brendel)]
P.S. Für die, die es interessiert, zum Schluss noch meine Deezer-Playliste mit fast allen Musikstücken, die ich seit Juni 2020 in meinem Blog mit Haikus versehen habe.
2023 16 Mai
Alex | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: bandcamp, Haiku, Musik | Comments off
primitive guitar
path without destination
patterns crystallize
[Lilah Larson – vi, from Solo Guitar Improvisations]
2023 10 Mai
Alex | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: Haiku | 6 Comments
Die Erde wird auch
ohne uns überleben.
Wir nicht ohne sie.
[Das war eines meiner ersten Haikus, #40. Es kam mir morgens beim Joggen in den Streuobstwiesen zwischen Niederhöchstadt und Kronberg. Es ist eher untypisch, weil keine direkte Beobachtung. Aber es war schon so eine ganz kleine Erleuchtung und die Tatsache, dass es irgendwie in die 17 Silben passte, hat mir große Freude gemacht. Im größeren Stil angefangen habe ich übrigens mit dem Schreiben von Haikus während meiner ersten Fastenwanderung auf dem Jakobsweg von Beelitz (südlich Berlin) nach Leipzig im Februar 2020, als noch nicht ganz klar war, was Corona genau bedeuten würde. Seitdem bin ich von den Dingern nicht mehr losgekommen. Sie sind Tagebuch, Wahrnehmungsschärfung, Silbenrätsel, Sprachkonzentrat, Sprachübung, Erinnerungshilfe, Poesie in einem. Und dieser 5-7-5 Silbenaufbau hat auch was Rhythmisches, Musikalisches. Ich spüre, ob die Silben stimmen, ohne nachzuzählen. Ein Tag ohne Haiku ist für mich seitdem ein bisschen ein verlorener Tag. Ein gutes Haiku ist wie ein Flash, direkt ins Gesicht, ohne Umschweife, ohne Filter.]