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Archives: ECM Double Take

Über Facing You und Solo-Concerts Bremen Lausanne ist seit ihrem Erscheinen wahrlich viel gesagt und geschrieben worden, jedoch keine so denkwürdigen Geschichten, wie jene vom Köln Concert, das um ein Haar nicht stattgefunden hätte. Die wohl authentischste Version dieser *merckwürdigen* Anekdote kann man hier nachlesen.

 
 
 

      

 
 
 

Ich schreibe dieses Double Take aus zwei Gründen. Es gibt kaum ein Solokonzert von Keith Jarrett, das mich so bewegt, wie Lausanne Part II. Es gibt eine persönliche Geschichte, in der diese Aufnahmen eine gewisse Rolle spielen. Sie kann mit der, welche sich um das Köln Concert rankt, nicht konkurrieren. Beide Stories gibt es freilich nur deshalb, weil um das Jahr 1971 Manfred Eicher und Keith Jarrett zusammenfanden. 1970 war das Jahr, in dem ich Keith Jarrett für mich entdeckt habe, nicht aufgrund einer Empfehlung in einem Magazin oder einer Rundfunksendung, sondern eher zufällig – Details zu schildern, unterlasse ich. Nur so viel: das Charles-Lloyd-Quartet war das Initium.

 
 
 

 
 
 

Das ist ein Ausschnitt aus der Cover-Rückseite meiner ersten ECM Schallplatte. Die letzte Zeile ist bemerkenswert. Die Postadresse des Labels war identisch mit der Anschrift von Elektro Egger, München-Pasing Gleichmannstraße 10, wo es die legendäre Abteilung ‘jazz by post’ gab. Vielleicht ist manchem Leser das Label JAPO bekannt. Es ist leicht heraus zu finden, wie der Name zu deuten ist.

Bei dieser Adresse gab es Jazz nicht nur ‘by post’. Im obersten Stockwerk befand sich eine Schallplatten-Abteilung mit dem besten Jazz-Sortiment Deutschlands. Ich habe dort Nachmittage verbracht am Plattenspieler, umgeben von Regalen mit LPs. Man munkelt, dass mehrere 10.000 Vinyls vorrätig lagerten. Dort habe ich fast alle meine Charles-Lloyd-Scheiben gehört und gekauft, bevor ich durch die Lampenabteilung und an Waschmaschinen und Haartrocknern vorbei schlendernd den Laden von Elektro Egger verließ.

Jarrett war da noch weit weg, erreichbar nur auf Schallplatten, bald sogar auf solchen der Miles-Davis-Group. Im Oktober 1971 gastierte das Miles-Davis-Septet mit Keith Jarrett in München im Kongress-Saal des Deutschen Museums, mit dem Musiker, der mich damals wie kein anderer faszinierte – von den Beatles und Miles Davis einmal abgesehen. Es war das erste Mal, dass ich Jarrett live hörte.

Kurz darauf, im März 1972, kam Facing You zur Welt, im Hause ECM, in der GLEICHMANNSTRASSE 10. Es war ein wunderbarer Schock für mich. Diese Liaison! Unglaublich! Das Album wurde am 10. November 1971 in Oslo aufgenommen, einen Tag nach der Performance des Miles-Davis-Septet.

Piano Solo Alben waren damals im Jazz eher eine Rarität. Möglicherweise setzte ECM nachhaltige Impulse. Facing You und Chick Coreas Piano Improvisations Vol.2 erschienen am gleichen Tag.

In Front heißt das erste Stück. Ich habe seinerzeit die Titel nicht hinterfragt, ich habe sie einfach hingenommen. Jetzt, im Rückblick, hat in front, vorneweg, etwas Vorausschauendes. Es ist in nuce das erste Solo Concert Jarretts, ein Konzentrat von 10 Minuten Dauer, von einem Thema ausgehend frei vagabundierend und zu ihm zurück findend, und dennoch formvollendet. Starbright habe ich am 12. Juni 1972 im ARRI Kino München wiedergehört, als dort das Trio mit Haden und Motian auftrat. Es war die zweite Livebegegnung mit Jarrett.

Die dritte Begegnung ereignete sich am 27. März 1973. Jarrett spielte solo in Nürnberg im Saal des Heilig Geist Spitals. Den Flügel kannte ich von Proben her, die mein Freund Wolfgang Kelber für die Jugendgottesdienste in der Meistersingerhalle dort abhielt. Es war kein besonders gutes Instrument. Das Konzert – Eintrittspreis 2 DM – besuchten mehrere Oberstufenschüler des Kronacher Gymnasiums für die ich Tickets besorgt hatte. Im Musikunterricht hatten wir Facing You gehört und besprochen, auch die fantastischen Stücke des Charles-Lloyd-Quartetts. Jarrett spielte einen Set von fast einer Stunde Dauer, kam nach langem Beifall zurück auf das Podium mit einem Glas Wasser (Medizin?) in der Hand und erklärte, dass er leicht erkrankt und das Recital beendet sei. Eine Woche vorher, am 20. März 1973, spielte Jarrett das wunderbare Konzert in Lausanne.

Im Sommer 1973 hielt ich mich für ein paar Tage in München auf. jazz by post in der GLEICHMANNSTRASSE 10 besuchte ich natürlich. Ich hatte ein paar LPs ausgesucht und beim Bezahlen stellte ich 2 Fragen.

 

„Tät der Jarrett auch in der Provinz auftreten?“

Scho, wenn ses zoin.“

„Hat ECM was mit dem Elektro Egger zu tun? Is ja dieselbe Adresse.“

Net so recht. Die ham ihr Büro hindn im Rückgebäude. Schaugns halt amol dort vorbei.

 

Erst Jahre später habe ich erfahren, dass Manfred Eicher bei der Gründung des Labels ECM von Karl Egger unterstützt wurde. Ins Rückgebäude ging ich auf der Stelle. Im Büro war es sympathisch unaufgeräumt, auf einem Plattenspieler drehte sich eine Scheibe mit einem weißen unbedruckten Etikett. Ich hörte nicht genau hin, denn ich schwärmte von Jarretts Musik, erzählte, wie ich ihn für mich entdeckt habe und wiederholte meine Frage „tät der auch in der Provinz spielen?“. Die beiden freundlichen jungen Männer erklärten mir, ECM sei zwar keine Konzertagentur, aber sie vermitteln ihre Künstler gerne an Clubs und sonstige interessierte Veranstalter, ich möge einfach meine Adresse hinterlassen. Jetzt erst hörte ich genauer auf die Klänge aus den Lautsprechern. Kann es sein, dass ich Keith Jarrett zuhöre? So kam es mir vor. Ich wollte wissen, was da aufliegt. Es sei die Anpressung von Solokonzerten, gespielt in Bremen und Lausanne. Im Herbst würden sie in einer LP-Box erscheinen.

Von nun an bekam ich Post von ECM. Im August 1974 holte ich dieses Schreiben aus dem Briefkasten:

 
 
 

 
 
 

Man muss die Grafik anklicken, um zu sehen, was ECM 1974/1975 im Angebot hatte. Am 17. Januar 1975 kam es zur nächsten Begegnung. Es war die näheste.

 

Ich liebe vor allem sein Solospiel. Wenn ich Solo spiele, dann kann ich manchmal ein solches Level an Inspiration 5 Minuten halten, doch Keith Jarrett kann so etwas 40 Minuten lang tun. Er zapft da immer etwas an, etwas Göttliches, etwas, das man nicht in Worte fassen kann. Er erstaunt mich.

Brad Mehldau

 

Ja so ist es. Gemeint ist das freie Solospiel, nicht Improvisation nach einem vorgebenen Song, der eine Melodie, chord progressions, und seine Form als Richtlinie bereit stellt. Jarretts Solokonzerte der 70er Jahre waren riskante Wege ins Ungewisse, ohne Umkehr, Revision ausgeschlossen. Beethoven hatte Skizzenbücher, die den oft langen Weg bis zur endgültigen Gestalt eines Themas verraten. Lausanne Part II ist gewachsen wie eine unberührte Landschaft, voller Gegensätze, vollendet, unfassbar. Kann es sein, dass auch Jarrett ins Staunen geriet über diesen *einmaligen* Vorgang?

 

I believe in Music to the extent that it was here before we were. ln that sense, perhaps l’m not a musician. [..] I don’t believe that I can create, but that I can be a channel for the Creative. I do believe in the Creator, and so in reality this is His album through me to you, with as little in between as possible on this media-conscious earth.

Keith Jarrett (aus den liner notes zu ECM 1035/37)

 

Wer will, kann Lausanne Part II *mehrmalig* hören. Das tat ich und werde es noch oft tun. Nach und nach hat sich mir offenbart, wie konsistent und formvollendet sein Spiel ist. Kaum vorstellbar, dass Jarrett, als er dem Wirbel seiner Hände und Füße zuhörte, dies alles bewusst war. Es muss ein besonderes Flow-Erlebnis gewesen sein.

 

Den klassischen Double-Take kennt man aus Stummfilmen, zum Beispiel bei Laurel and Hardy: ungerührt wird eine Aktion zur Kenntnis genommen, bis mit zeitlicher Verzögerung gestutzt wird, und der wahre Sachverhalt aufscheint. Wer unsere Double-Takes mit ECM-Platten kennt, wird natürlich nur eine minimale Reaktionszeit brauchen, um zu erkennen, dass Neil Youngs „Hitchhiker“ nicht zum ECM-Katalog zählt. Und doch haben diese beiden Schallplatten, die sich bei mir nie abnutzen, einiges geneinsam, man schaue nur auf die Umschattung der Coverfotografien.

Beide stammen aus den 70er Jahren, nur erschien Neil Youngs Soloperformance erst Jahrzehnte später – bei Jarrett stand „Facing You“ am Beginn vieler atemraubender Solodarbietungen. Im Studio waren aussser den Musikern jeweils nur zwei weitere Personen, Manfred Eicher und Jan Erik Kongshaug in Oslo, sowie  David Briggs und ein mit Neil befreundeter Schauspieler, dessen Namen mir gerade nicht einfällt, an der West Coast.

Beide Tonaufzeichnungen sind überragend, und was die Ausstrahlung der Musik angeht, sind „intimacy“ und „intensity“ zwei reflexhaft auftauchende Wörter, die auch kurzem Nachdenken standhalten. Der gebürtige Kanadier hatte ein Heimspiel auf seiner Ranch, Haschisch war in dieser Nacht dabei, und, was weiss ich, sonst noch. Er betrauerte en passant das Ende einer grossen Liebe, und David Briggs scheint den Regler für die Gitarre ein wenig aufzudrehen, während Neil Young  an den Versen von „Give Me Strength“ entlangtaumelt, in sanfter Bedröhnung. Und doch waren seine Sinne geschärft.

Sicher hat Keith Jarrett während der Aufnahme einen eher klaren (oder, Zen-technisch, leeren) Kopf gehabt, egal, wohin die Musik ihn transportiert hat. Manfred Eicher könnte sicher einiges zu dieser magischen Dreiviertelstunde erzählen, den Stunden davor, dem Tag danach. Die eine oder andere Frau geistert, schaut man sich die Titel an, auch durch diese Platte, die in einer Doppel-Besprechung im Down Beat neben Paul Bleys „Open, To Love“ auftaucht: beide erhielten fünf Sterne, aber das wäre ein anderer „Double Take“.

 

Großvater wir danken dir! So versuchte jedenfalls Loriot den Familiensegen bei den Hoppenstedts wieder in die Bahnen bürgerlicher Ordnung zu bringen. Wobei ich gerne und unumwunden zugeben will, dass auch mein Großvater mit einer sehr großzügigen Beteiligung einen zentralen Beitrag für die Anschaffung meines Klaviers leistete bzw. dies überhaupt erst möglich machte. Jetzt steht es mattschwarz und schon seit Jahren abbezahlt mir, während ich dies schreibe, gegenüber und läßt seine Basssaiten leise angesichts des heutigen Themas mitschwingen. Und natürlich kennt es die beiden Alben ganz genau von den kläglichen Anfängen bis hin zu dem Wohlklang, den mir günstigstenfalls zu erzeugen vergönnt war…

Als ich zum ersten Mal Sacred Hymns hörte, traf mich diese Musik in ihrer subtilen hypnotischen Wucht ungeheuerlich tief. Diese Auswahl von Stücken von Georges I. Gurdjieff, von Thomas De Hartmann für Klavier parallel in Echtzeit aus dem konzertanten Vorspiel Gurdjieffs selbst notiert und für Piano transkribiert, stellen eine ganz selbstverständlich klingende Melange aus orientalischen, asiatischen und rituellen Stücken mit europäischer Klassik dar, die in der asketischen und präzisen Interpretation Keith Jarretts mit großer Leichtigkeit innere Räume aufziehen. Räume, die neben ihrer melancholischen Dimension seelische Entwicklungsräume entfalten, was wahrscheinlich sogar Gurdjieffs hauptsächlichste Absicht darstellte, denn er spielte seine legendären Abendkonzerte im Schloss Prieuré des Basses Loges bei Paris seinen Zuhörern gewiss nicht zur bloßen Unterhaltung vor. Sein Ziel war vielmehr die harmonische Entwicklung des Menschen, was er zumindest mit seiner Musik bei mir, fast wie eine kleine Initiation, auch nach Jahrzehnten des Hörens noch bewirkt. Keine Frage, dass ich diese Stücke also auf dem Klavier spielen musste. Aber woher nehmen? Die Noten waren schon seit Jahrzehnten vergriffen und unbezahlbare Sammlerstücke. Und sich mit Keith Jarrett messen? Vermessen! So vergingen fast zwei Jahrzehnte bis sich endlich der Schott Verlag erbarmte und sämtliche von De Hartmann niedergeschriebenen Klavierstücke in vier Bänden wieder auflegte. Erlösung und Herausforderung zugleich über der aber bis heute eine ungeheure Faszination schwebt dieser frühen Weltmusik aus dem eigenen Urgrund etwas Leben einhauchen zu können. Keith Jarrett aber bleibt unerreicht, auch unter all den anderen Interpreten Gurdjieff’scher Musik, mit Ausnahme vielleicht von Elan Sicroff, der sich dieser Faszination auch vollständig ergeben hat.

Das Pendant dazu erschien nur wenige Jahre später: Children’s Songs von Chick Corea. Pendant, weil diese Musik leicht, fröhlich und ganz und gar nicht so schwermütig auf mich wirkte. Und einfach nicht so abgenutzt klassisch klang, da hier Jazzelemente und die ungeheure Improvisationserfahrung Corea’s in einfachen, aber sehr archaisch klingenden Pianostücken, daherkamen. Sie laden mich ein ihren inneren Weg zu erkunden, die Stimmungen, die Klarheit und die lichte Weite. Auch musste ich hier gar nicht lange auf die Noten warten, die sich aber erst mal als nicht so einfach herausstellten. Chick Corea ist halt schlichtweg ein wesentlich versierterer Pianist als es Gurdjieff als Autodidakt auf seinem Harmonium je war, was sich aber zum Glück nicht als unbewältigbar herausstellte: es sind ja schließlich Children’s Songs. 

Seitdem sind viele, viele Jahre vergangen. Beide Alben gehören immer noch zu meinen Lieblingspianoalben, beide berühren mich immer noch aufs Neue. Und es waren die letzten Stücke, die mich verführen konnten, sie nach Noten auf dem Klavier zu spielen. Danach zog es mich auf das offene Meer improvisierter Musik, weg von den Bastionen des Reproduzierbaren immer weiter hinaus mit der bis heute unstillbaren Sehnsucht Strukturen und Patterns zu zerschlagen, um mich einer vielleicht nicht selten verstörenden Schönheit des Augenblickes immer tiefer anzunähern. Aber so blieben Sacred Hymns und Children’s Songs das letzte Stückchen Festland vor den Aufbruch, Finisterre.

 
 
 
       
 

 


 
 

Dies ist meine allererste ECM-Platte. Damals habe ich nicht ahnen können, zu welch bedeutendem Label ECM sich entwickeln sollte. Edition of Contemporary Music, ein Name, von einer Offenheit, die mich nach weiteren frühen Veröffentlichungen – von denen einige in meine Sammlung traten – verblüffte. Das war doch alles (nur) Jazz. Ja, vorerst schon, aber dann!

Anthony Braxton, Olivier Messiaen, Keith Jarrett, Ludwig van Beethoven, Hardangerfiedel, Duduk, Hilliard Ensemble, Ronin, Shostakovich, Ralph Towner, Oregon, Armenien, Carla Bley, Carl Philipp Emanuel Bach, Meredith Monk …

Gibt es überhaupt ein ECM ebenbürtiges Label, ein Label mit diesem Spektrum, mit einem ähnlich wagemutigen, visionären Produzenten? Würde ECM ohne Manfred Eicher noch das sein, was es seit nun bald 50 Jahren ist?

Zurück zu ECM 1004, Marion Browns Afternoon of a Georgia Faun. Ein rätselhafter Titel, jedenfalls auf den ersten Blick. Die Anspielung auf Claude Debussys Prélude à l’après-midi d’un faune ist offensichtlich.

 

After returning to the United States, I was married. My wife and I went south to Atlanta, Georgia, for the winter. The music that you’re listening to is a result of that visit. AFTERNOON OF A GEORGIA FAUN is a tone poem. lt depicts nature and the environment in Atlanta. The vocalists sing wordless syllables. The composition begins with a percussion section that suggests rain drops – wooden rain drops. The second section is after the rain. Metallic sounds that suggest light. The Zomari enters followed by wooden flutes. This suggests animals of the forest. Then Chick. His solo is a gem. Like Oriental poetry. Precise, simple, yet profound and filled with transcendental wisdom. After Chick come the two vocalists surrounded by the warmth of flutes. First Anthony, then Bennie. lt ends as it began, with wooden raindrops.

(from the cover’s back side)

 

Ein Naturbild also, Faunus ist der Gott der Natur und des Waldes, der Beschützer der Bauern und Hirten, ihres Viehs und ihrer Äcker. Sanfter Free Jazz, bestimmt kein Album, das hohe Verkaufszahlen erzielt hat, ein Mauerblümchen im ECM-Katalog.

Ich habe das Titelstück irgendwann im Jahr 1971 im Radio gehört und bin sofort hellhörig geworden, weil es ein meisterhaftes Beispiel darstellte für eine Art Musik zu machen , die ich damals mit 10- bis 12-jährigen Schülern ausprobierte.

 

The music that you’re listening to is a collective experience involving six players, two vocalists, and three assistants. Although l am responsible for initiating the music, I take no credit for the results. Whatever they may be, it goes to the musicians collectively.

(from the cover’s back side)

 

Kollektives Improvisieren in kleinen Gruppen, mit Klavier, Schlaginstrumenten und sonstigen Geräuschquellen, oft nach szenischen Vorstellungen, aber auch nach musikalischen Formprinzipien, z.B. call-response-Strukturen, war das Vorhaben.

Für meinen ersten Versuch in der Reihe ECM Double Take habe ich meine verstaubten Spulen-Tonbändern durchsucht und wirklich ein Band mit Aufnahmen aus dem Jahr 1971 gefunden, das nach mehr als 40 Jahren meiner Revox A77 anvertraut wurde. Klar, für ein Album Morning of a Kronach Teacher reichen die Ergebnisse nicht im Entferntesten. Ich bin aber so frech und veröffentliche ein paar Minuten.

 
 
 

 


 
 

Song titles such as „The Big Wind,“ „Form,“ „Walking,“ and „Aerial View“ convey a marriage of sound and word. The strong Asian influence present in much of Tibbetts‘ music is less obvious on „Northern Song“, but an openness to non-western music, as well as a reverence for the natural world and big landscapes still prevails. The songs sound like music for a locale defined by the elements and surrounded by a lot of primeval space. Space and sky, time and wind, rock and earth. More accurately, it’s the music of a rich wild nothingness. A wild nothingness sometimes dark, occasionally lonely, but just as often warm, intimate and inviting.

(Rob Caldwell, All About Jazz)

 

Of course, his albums have nothing to do with jazz. I‘m waiting for a new record by Steve Tibbetts, like I‘ve been waiting, over the years, with a similar set of joyful sensations, for forthcoming albums by other favourites of mine. Tibbetts made records of high diversity, and I nearly fell for all of them. I still think, one of his works, „Full Moon Dogs“ ist one of the most disturbing and wild hardcore „fusion records“ ever made. For „Big Map Idea“, I wrote the liner notes. When he called his last and very sophisticated CD, „Natural Causes“, with a sense of irony, „a three-legged dog“, what can we expect from his forthcoming work: an army of cats? Wait and listen!

(m.e.)

1982 gehört zu meinen wildesten Jahren, und so wundert es mich, dass ich mich nicht daran erinnere, wann und wie  mich, an einem Tag in jenen zwölf Monaten, die mich gnadenlos durch Höhen und Tiefen purzeln liessen (mit meiner tätigen Mithilfe), via „jazz py post“ (wie sonst am Ende der Welt) ein Päckchen aus München erreichte, mit Gary Peacocks „Voice from the Past“ – diese Wahnsinnsmusik hätte sich, auch mit dem farbig aufgerissenen Himmelsmotiv, bestens in meinen Soundtrack jenes Jahres eingefügt.

 

Noch heute produzieren die Kompositionen Gänsehaut, so eindringlich, dass man sich ihnen ganz hingeben muss, lauschend: eine Traumgruppe hatte der amerikanische Basssist um sich geschart, und von dem stetig befeuerten Jack DeJohnette abgesehen, spielten Tomasz Stanko und Jan Garbarek mit einer Furiosität,  von der sie in nachfolgenden Jahrzehnten weitgehend ablassen würden, zugunsten anderer Spielideale. Als sollten es die Soli ihres Lebens werden, als würden sie ALLES hineinlegen! Selten passt das Wort „entfesselt“ mehr, und auch die im Titel zu vernehmende „Stimme aus der Vergangenheit“ kommt eher aus slawischen Urwäldern und des Bassmannes Erinnerungen an Jazzclubzeiten mit Albert Ayler, als aus einem idyllischen Shangrila.

 

„Guamba“ erschien fünf Jahre später, 1987, an das Cover erinnere ich mich, denn ich mochte es auf Anhieb, und es gibt einige dieser Art, bei denen sich sonderbare Gestalten im Vordergrund eher im Kontakt befinden mit dem Horizont und dem Abgelegenen als der Porträtlaune eines Fotografen zu folgen (man denke nur an den Wanderer auf einer John Surman-Platte, „The Amazing Adventures of Simon Simon“).  Instrumental gesehen ist es die gleiche Besetzung, allerdings spielt neben Jan Garbarek Palle Mikkelborg Trompete (ich habe zwei Lieblingsscheiben, an denen der Däne mitwirkt, „Waves“ und „Returnings“, gerade mal vier Jahrzehnte liegen zwischen ihnen, wer sagt, Zeit fliegt?), und am Schlagzeug sitzt Peter Erskine.

 

In meiner leicht pastell getönten, flüchtigen  Erinnerung (ich verlor das Werk bei irgendeinem Umzug) ist das Album im Vergleich viel melodischer, weniger ekstatisch. Es hat also bei mir nicht so viele Spuren hinterlassen, und doch möchte ich es gerne auf Vinyl wiederhören. Ich wäre sehr, sehr gespannt, wie dann diese „Stimme aus der Vergangenheit“ tönt.

2018 5 Apr

ECM – Double Take (prelude)

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This will be a new series, and nearly everyone can contribute. The double review of Jakob Bro and Yo la Tengo (the albums of this month) maybe strange, on first sight, but makes sense. This forthcoming series does not imply extended reviews, but short reflections on two (!) new, old, ancient, whatever ECM albums of your choice. It can include personal memories, memories of first listening experiences, a change of perception within years, quotes of other reviews, fictional elements. My first text will be about two Gary Peacock albums, „Voice from the Past“, and „Guamba“. The first one is one from my 100 favourite ECM albums of all time, the second one a record I have simply lost – now having to rely on pale memory only. Interesting. Gregor, for example, could make some „Plattenschrank Openers“ with this „Double Take“ as second title :)

 


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