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Hab den Donut im Auge und nicht das Loch!

 

David Lynch ist verstorben. Der obige Satz eines seiner Rezensenten hätte von ihm stammen können – schau nicht auf das Augenfällige, sondern auf das Dahinterliegende. Wenn Du Dich dort auch nicht zurechtfindest, auf das noch weiter Dahinterliegende – so baute er seine Filme auf, über die sich schon Generationen von Zuschauern und Rezensenten den Kopf zerbrochen haben, um im Labyrinth eine Logik zu finden und daran verzweifelten beziehungsweise den Fight mit dem Labyrinth verloren haben, da sich Labyrinthe an der eigenen Verschlungenheit zu begeistern pflegen und sich weniger um denjenigen scheren, der darin herumstolpert und wieder hinaus will. The medium is the message und Entwicklung entsteht auf den Wegen und nicht an den Zielen. Somit hatte er für mich immer auch eine buddhistische Anmutung.

 
 

 
 

Ich habe über Mulholland Drive etliche sehr gelehrte Vorträge gehört von unterschiedlichen Wissenschaftlern, der letzte war Lacanianer – wer jetzt einen Schweissausbruch bekommt, weiss, was ich meine – die glaubten endlich die Weltformel für dieses schillernde Machwerk gefunden zu haben … gerafft habe ich es nicht und zunehmend beschlich mich der Verdacht, es gäbe überhaupt nichts zu raffen – eine Erkenntnis die sofort eine Menge Stress wegnimmt und einem die Möglichkeit gibt, frisches Popcorn zu holen, weil man ohnehin nicht viel versäumt. Immerhin gilt Lynch als Meister des unzuverlässigen Erzählens,  einem Begriff aus der Literaturwissenschaft – heisst wirklich so. Und seit Christopher Nolan sind wir ohnehin gewöhnt, uns in Filmen mit Zeitsprüngen, Ebenenwechseln und Hyperloops nicht mehr zurechtzufinden. Wie man hörte ging es sogar seinen Schauspielern so, diCaprio hat dergleichen mal verlauten lassen, der hat auch bald nicht mehr durchgeblickt, in welchem Parallelkosmos er da gerade herumturnte.

Manche ordneten ihn (den Lynch, nicht den Leo) gern in die philosophische Strömung des Strukturalismus oder Poststrukturalismus ein, was ungefähr soviel weiterhilft wie Kamillentee bei einer Blinddarmentzündung und die Psychoanalytiker sahen in der Handlung eher die Darstellung depressiver Innenwelten, in denen es ja auch alogisch und surrealistisch zugeht und man sich wie an einer Boulderwand von einem Vorsprung zum anderen hangeln muss. Ich selbst sah mich immer in den Kosmos eines Paranoikers versetzt … eine Welt voll Verwirrung, geheimnisvoller Zeichen, die auf Anderes verweisen und das Andere wieder auf etwas Anderes. Bedrohungen, die sich verdichteten und wieder auflösten, Personen deren Identität flüchtig war wie Rauchschwaden – Tolkien hätte von Gestaltwandlern gesprochen. Neue interessante Gedankenräume tun sich auf, die man in einem ständigen Flow durcheilt, das macht mehr Spass als Boulderwände zu erklimmen – mehr wie – pardon – Geisterbahnfahren. Ähnlich – aber in tragischerer Form – schaffte das Florian Zeller mit dem Film The Father – über einen dementen Mann, in dem der Zuschauer selbst für anderthalb Stunden in den Zustand einer Demenz versetzt wird und ständig in neuen Wohnungen wohnt und neue Leute kennenlernt.

Und wer will denn schon die Wahrheit wissen? Ist doch langweilig. Bei Buñuel ist ein Vogel Strauss im Schlafzimmer eben auch ein Vogel Strauss im Schlafzimmer … und kein Vatersymbol. Bleibt im Flow, Kids! So lässt sich auch Lynch ertragen, dem wir hiermit ein gutes Ankommen in den Parallelwelten wünschen.

 

2025 18 Jan.

Rückzug der Musen

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Nach der Muse Buñuels nun auch die Muse von Almodóvar:

Marisa Paredes verstarb mit 78 Jahren in Madrid. Wir kennen Sie vor allem aus Mein blühendes Geheimnis, Alles über meine Mutter, und Die Haut in der ich wohne, aber sie spielte auch bei Roberto Benigni in Das Leben ist schön und vielen Produktionen in ihrem Heimatland. Sie war nie die kühle Blonde – eher immer die vom Leben gebeutelte Frau in einer Phase, in der sie viel Herzblut vergiessen musste, ein beliebter Mutterarchetyp des Maestro neben Penelope Cruz – herzlich, gefühlvoll, berührbar … dabei glitt sie niemals in Mutterklischees ab, ihre Mütter waren immer abgegrenzte Individuen mit einem eigenen, vom Kind unabhängigen Schicksal und trotzdem mit ihm verbunden. Diese Balance schaffte sie. Neben ihrer Filmkarriere engagierte sie sich politisch und war Präsidentin der spanischen Filmakademie.

RIP

 
 

 

2025 18 Jan.

january album listenings

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Pablo Held Trio – Plays Standards

Tyshawn Sorey – Koan

Nik Baertsch’s Ronin – Awase

Thomas Strønen – Relations

Marc Copland – And I Love Her

Pablo Held – Adventures

 

… so far, so good …

2025 13 Jan.

Ausrangierte Agenten

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„Surrounded by losers,misfits and boozers …“

 

Das goldene Zeitalter der Serien ist vorbei. Und doch findet man noch die ein oder andere Nadel im Heuhaufen, wenn man Glück hat. Slow Horses handelt von einer Truppe ausrangierter britischer Geheimagenten und ihrem sagenhaften Chef: ein grantelnder Zyniker mit dem Outlook eine Penners, der gerne auch mal auf der Rückbank einer Luxuslimousine einen gepflegten Furz loslässt, während er sich mit dem Innenminister unterhält. Der Witz ist: diese Bande auf dem Ausrangier-Gleis läuft zuweilen zu Hochform auf, wenn der Zufall sie mal wieder in einen delikaten Fall verstrickt. Ein bisschen ist das wie Sherlock, allerdings weniger hektisch, mindestens so humorvoll und ebenso intelligent. Ein Qualitätsmerkmal, das ich besonders schätze, ist die Feinzeichnung von Charakteren, die man regelrecht liebgewinnt. Es kommt nicht oft vor, das es „Klick“ macht. Für Binge ist solcherlei zu schade: jede Episode wie eine Flasche guten Weines. Und sowohl die dritte Staffel als auch die vierte kommen so augenscheinlich ausgereift daher, dass man sich am besten einen Weinkeller einrichtet und wünscht, dass da noch ein paar gute Jahrgänge folgen werden. Eine Warnung aber vorab: dies ist kein Kinderprogramm für einen gemeinsamen Familiennachmittag. Auch diese Gemeinsamkeit teilt sie mit anderen Hochklässlern der goldenen Ära wie Fargo und Breaking Bad: der subtile Humor und Bildwitz, die fantastische Kameraoptik, der geschmackvolle Soundtrack und die vielschichtigen Charaktere werden garniert von kurzzeitig jäh ausbrechender Gewalt. Quentin Tarantino lässt grüssen. Wer kein Blut sehen kann, verwende hier das schützende Mantra „Heinz Tomato Ketchup“. Und noch ein Nachteil: ich werde den Ohrwurm dieses verdammt guten Intro-Songs „Strange Game“, gesungen von Mick Jagger, nicht mehr los.

 

 
 

Einstmals haben wir gegen den Haifischkapitalismus demonstriert, die Folgen der Wachstumskrise diskutiert und vor der weltweiten Ressourcenverknappung gewarnt, den real existierenden Sozialismus gefeiert, bis wir merkten, dass er weltweit längst zu einer brutalen Parteidiktatur verkommen war. Hat eh lange gedauert, bis wir das wahrhaben wollten und gereicht uns nicht eben zur Ehre. Ich habe auch nicht wahrgenommen, dass ein Trauerprozess stattgefunden hätte über die meines Erachtens gravierende Tatsache, dass es zwar gutgemeinte politische Systeme und moralische Denkgebäude gibt und die sich in Marx’scher Manier auch prima von vorn bis hinten durchrechnen lassen, der Mensch aber offensichtlich nicht dafür gemacht ist – auch so eine Kränkung der Menschheit nach der Kopernikanischen, der Freudschen und der Darwinschen. Keine Chance auf ein dauerhaftes humanes Zusammenleben, in dem man noch zu teilen versteht.

Und was haben wir uns in den studentischen K-Gruppen in den Kapitalschulungen mit dieser Mehrwertmathematik gequält, auch für die Katz! Musste alles auch erstmal verdaut werden. Danach hofften wir, dass die kleinen Rinnsale unserer Aktivitäten zur Weltverbesserung – die später nach Revoluzzertum und Flowers-in-our-hair etwas pragmatischer orientiert waren (wir buken erstmal kleinere Brötchen und wollten nicht mehr sofort übermorgen zur proletarischen Revolution blasen), sich eines Tages zu einem breiten machtvollen Strom vereinigen würden. Ein Stück mehr Realitätssinn der Jugend, immerhin. Das Leben ist ein Miststück, aber ein blendender Erzieher, es bringt den grössten Traumtänzern noch etwas bei, zumindest den meisten davon.

Leider finden sich zu allen humanen Kräften und Bewegungen gleich wieder Gegenkräfte, die diese schlicht und gründlich ausknocken. Fair Trade ist eine gute Sache zur Stärkung der Ökonomie und Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Herstellern in ländlichen Regionen der dritten Welt, leider hat man nicht dafür gesorgt, das Siegel gesetzlich schützen zu lassen, zudem brechen auch die Strukturen konventioneller Markt- und Wettbewerbsstrategien zunehmend in die Fair-trade-Welt ein, so dass wir auch dort bald wieder die bekannte profitorientorientiere Marktwirtschaft zu erwarten haben. Schön wärs gewesen …

Plastikverpackungen sind mit viel Mühe und Kosten recycelbar gemacht worden, landen dann aber letztlich doch in den Weltmeeren oder auf Müllhalden der dritten Welt, weil’s eben nicht verboten ist, Recycelbares nicht zu recyceln und ohne gesetzliche Regelung geht’s da vermutlich auch nichts weiter.

Wir haben ein humanes Arbeitsrecht, aber im Niedriglohnsektor wird der Druck zunehmend brutaler und die abendliche Mitnahme einer übriggebliebenen funktionsfreien Wurstsemmel führt zur fristlosen Kündigung.

Es scheint, als würde ein Teil der Menschen seine Intelligenz dafür nutzen, über rechtliche Freiräume nachzusinnen, die gesetzlich fixierte soziale Errungenschaften erfolgreich unterlaufen.  Wie anders kann es sonst sein, dass Trump noch frei herumläuft und sich offenbar noch zutraut, ein ganzes Land in seinen Einkaufswagen zu packen und an der Kasse dafür genug im Säckel zu haben? Rechnen kann er ja zumindest. Die amerikanische Justiz hat ihn juristisch schuldig gesprochen, ihm aber „bedingungslose Straffreiheit“ – ein existierendes, aber selten angewendetes Gesetz – zugesichert. Autsch …!

Gesetzesänderungen müssen durch den Bundesgerichtshof gepeitscht werden, der Bundesrat muss den Änderungen zustimmen – für die Mitgliedschaft dort ist eine Parteienzugehörigkeit vonnöten … ein unabhängiger Beirat schaut anders aus, die wissenschaftlichen Beiräte von Konzernen sind ja schliesslich auch unab … ähm … naja … äh … wurscht …! Hab nix gesagt!

Dergleichen Feinheiten eben … aber von grossem Einfluss auf Regierungsentscheidungen.

Leiharbeit und Pseudowerkverträge sind legal und erlauben es den Firmen, unterhalb des Mindestlohns malochen zu lassen. Unterlaufen von Tarifverträgen scheint also auch keine grosse Kunst zu sein und beim Outsourcing eines Konzerns in ein Land der Träume, der Sonne und der Niedriglöhne stehen die Mitarbeiter-Recruiting-Firmen auch gleich Gewehr bei Fuss und die Bude ist voll mit Arbeitswilligen, denen sonst nix anderes übrigbleibt.

Die Vorgaben des Lieferkettengesetzes gelten nur für Grossbetriebe und die dort ursprünglich festgeklopften klimabezogenen Sorgfaltspflichten für Betriebe wurden in der deutschen Version von der FDP gleich wieder gekippt. Anything goes ...

Scheinbar gibt es hier nichts, was nicht ginge und langsam beginne ich derlei Gesetzesfreiräume zu fürchten. Sie sind ubiquitär zu finden, alles scheint seltsam vernetzt und geheimen Fäden zu folgen, für jede Übeltat eines Grosskopferten stellt die Justiz ein Hintertürchen bereit und sei es nur auf dem Weg des Bauernopfers. Kohl ist auch vermutlich zusammen mit seinem schwarzen Koffer beerdigt worden, in dem neben Pfälzer Saumagen als antike Grabbeigabe sicher auch noch einiges andere reingepackt war, das man gerne gelesen hätte. Der Souverän steht über dem Gesetz und die alten Feudalstrukturen haben offenbar immer noch überlebt.

Wären wir noch im Mittelalter, könnten wir hier prima das Wirken des Gottseibeiuns und seiner Angriffe diagnostizieren, wenigstens wär’s dann etwas übersichtlicher. Geht jetzt auch nicht mehr – aber wer befriedigt sonst unser Kausalitätsbedürfnis nach den treibenden Kräften und Prinzipien, die immer wieder Freiräume der Nichtjustitiabilität für Gangstertum der höheren Etagen schaffen und so die Maschinerie am Laufen halten? Die Version mit dem Weltjudentum und den Illuminaten will mich nicht so recht überzeugen und die Reptiloiden geben zwar etwas für das Science-Fiction-Genre her, aber andererseits ist diese Zuschreibung auch eine non-woke kulturelle Aneignung des Echsenreiches, in dem man anstandshalber wie in jedem anderen Tierreich nur soviel frisst, bis man satt ist. Schon von daher passt es nicht, dass in unseren Politikern und Konzernvorständen Echsen stecken sollten. Bloss wer zieht dann die Strippen mit subliminalen Outlawpraktiken in einem scheinheiligen Rechtsstaat? Wer füttert die Phantasien der Paranoiker und wer macht psychisch stabile Mitbürger sukzessive auch zu solchen? Da läuft doch was …

Offenbar versteckt er/sie sich in den faltenreichen Gewändern von Justitia und – was haben diese Scherzkekse vor? Schwer durchschaubare Dinge geschehen und das „gesunde Rechtsempfinden“ des Volkes läuft oft genug ins Leere und in diesen Leerräumen erblüht die Theoriebildung – immerhin gibt es noch Leute, die über Verschiedenes nachdenken, auch wenn nur Eidechsen dabei herauskommen; Denkanstösse liefern wir ja genug, da brauchen wir uns über individuelle und manchmal ins Pathologische driftende Kausaltheorien jenseits jeglicher Logik nicht zu beklagen. Jedes Volk hat die Verschwörungstheoretiker, die es verdient.

Und Bielefeld gibt’s ja anscheinend auch nicht … wär sicher ’ne schöne Stadt gewesen … wenn da mal nicht wieder die Grünen dahinterstecken …!

 

 
 

Die Skulpturen und Installationen der Künstlerin Ursula Dietze beschäftigen sich ausnahmslos mit dem Menschen – mit dem Menschen, der einen Prozess durchlaufen hat, der ihn geformt, entstellt, verstümmelt oder verfremdet hat. Es sind Menschen in Zuständen, denen sie nicht entkommen können, in Momentaufnahmen eingefroren und dem beobachtenden Auge preisgegeben. Manche Figuren weisen nur noch Elemente des Organischen auf, drohen sich in eine Maschine zu verwandeln, erinnern an Freuds „Prothesengott“. Oder versucht hier der erstarrte Stahl Mensch zu werden, ähnlich wie sich Michelangelos „Sklaven“ dem Gestein zu entwinden suchen, um einen Körper zu bekommen? Eine Frau hält eine Dornenkrone auf dem Schoss … eine Piéta? Wo ist der Leichnam? Um sie herum Gedenksteine – Söhne, die der Krieg verschlungen hat?

 
 

 

 

 
 

Menschen, die ihr Gesicht verloren haben … oder es nicht zeigen wollen? Sie wirken unheimlich … wir können sie nicht einschätzen, sehen sie uns überhaupt? Oder sieht man besonders gut, wenn man seine Sehkraft verloren hat? Kunst wird auch geformt durch den Prozess zwischen Objekt und Betrachter, diesem strömen Informationen zu, die der Künstler in den Prozess hat einfliessen lassen, geronnene Gedanken und Gefühle des Kunstschaffenden, die vom Betrachter wieder decodiert werden müssen.

Frau Dietze arbeitet mit unterschiedlich formbaren Materialien – Metall, Erde, Ton, Wachs … die miteinander in Interaktion treten und ein Ganzes ergeben, so wie das Harte und das Weiche das Leben formt und durchdringt. Erstarrte Gesichter blicken ins Nirgendwo, umgeben von Worten, die aus ihren Zusammenhängen gerissen worden sind, die Verständigung ist zusammengebrochen.

 
 

 
 

 
 

„Wenn mancher Mann wüsste, was mancher Mann wär“ – dazu müsste er ihn aber anblicken, ansonsten fragmentieren sich die Sätze und verlieren sich. Eine rudimentäre Gestalt hinter einer Kombination von Zielscheibe und Fadenkreuz, die ihn gleichzeitig schützt, ihn aber als Ziel ausweist – eine doppeldeutige Botschaft. Wer sich zu sehr schützt, entlarvt seine Verletzlichkeit. Alles in allem … verwüstete Menschen …

Die Künstlerin ist Ärztin, Psychiaterin; von Verformungen und Entstellungen weiss sie etwas zu erzählen; die Psychiatrie weiss viele Antworten auf Vieles. In ihrer Kunst stellt Frau Dietze die Fragen, die auftauchen, wenn die Wissenschaft alle Antworten gegeben hat. Vor allem: Wie kann man so leben?

 

2025 1 Jan.

Au revoir

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Wege treffen sich,

trennen sich an Kreuzungen.

Danke für den Fisch!

 

2024 30 Dez.

Think positive!

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Jo, bist’n Spielverderber! Negativität … lasschmirnichnachsagn … grad sitzich am nächst’n Beitrag un deris nich negativ – jawoll! Un Weihnachtn fernsehn is klasse, binich grad wieder dabei … sum Beispiel! Lernste viel! Gibt schon echt gute Filme, ehrlich, die sin nich negativ! Welt wiese wirklich iss … Genau, Alder …

Un üwerhaupt is Papa der Beste! Sum Beispiel! Wenn der Papa nich da is is der Ehemann der Beste und steht imma hinta seiner Frau. Oder obendrauf …

Wenn der Olle im Lebn nicht su Potte kommt macht die Tochter ebn ne gute Heirat und aufwärts gehts mitm Rest der Mischpoche. Beim erstn Date schwärmen die Mädels dem Mann was von ihrm Pappili vor. Der rennt trotzdem nich wech. Verstehchswarnich … wenn eine schon mit der Zither durch’n Wald rennt … willse da die Hirsche mit erschlagn oder was?

Wenn die Schwester den gleichn Mann will wolln die Mädels den natülich nich mehr. Sollidarität unner Frauen heisst das. Männer ham sowas nich … Wenn Mama auf Besuch kommt geht die schlimmste Leukämie wieder wech, glaub ich sofort …

Die Frau is bei ihr’m Mann gut aufgehoben und wird vor dem Schwiechertiger geschützt! Umgekehrt auch. Das Volk is bei seiner Regierung gut aufgehoben. Herrschern wird immer zugejubelt egal wiese sich aufführn. Aber im Prinzip sinse immer nett so dass su Recht gejubelt wird.

Monarchinnen spucken gern auf Schuhe und meinen die wärn dann sauber. Schwiegermütter hörn auf ihre Söhne. Söhne hörn nich auf ihre Mütter sobald se Schwiegermütter sind, awa auf ihre Fraun.

Länder lassn sich annektiern wenn die Dings…die Monarchin hübsch is … Dann jubelnse..sonst eher nich … Und das Kind is wenichstens auch hübsch! Hatse ihm aber untergeschohm! Is bestimmt vom Graf Andraschi! Aber is ja wurscht …

So läufts! Also alles subber! Un ich bin nich negativ, Bruder … kannse gleich knickn! Ich seh die Welt wiese iss! Hupps! Glühwein is alle. S’einzige was hier negativ is …

Morgn guck ich’n sweiten Teil …

 

 

 

 

(Quelle und Inspiration zu eigener Ausgestaltung: Rosenheim, Würstlbude)

 

2024 29 Dez.

Jahresendzeitgranteln

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„Betreutes Denken“ – auf den letzten Drücker von Null auf Eins mein Wort des Jahres. Denn nie zuvor im nun doch fortgeschrittenen Leben wurde mir so klar, was Mami und Papi alias Tageschau und Heute Journal (mein Tipp: Heute Shownal – Larissa ihr Jahr!) mir täglich ins Hirn blasen, bis ich dumm und dösig werde. Negativität dagegen steht hoch im Kurs und ich bewerte diesen Begriff positiv im Sinne des Philosophen Byung Chul Han: er steht für Differenz und Kritikfähigkeit. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei unserer garantiert söderfreien Mitautorin aus dem Chiemgau bedanken, denn sie sorgt reichlich dafür. Gerade nach Weihnachten, trotz stiller Momente auch ein Hochamt der Heuchelei, weiss man doch solcherlei erst recht zu schätzen, inklusive Psychoanalyse-Hinweis, dass Mutti eben doch nicht immer die Beste ist. Selber Denken, ganz im Gegensatz zu obigem Begriff, bedarf nämlich eines gewissen Quantums Gegen-den-Strom-Schwimmerei: Verweilen im Negativen. Hatte doch neulich eine von der Kanzel predigende – zugegeben brilliante – Philosophin einen Herren namens Cioran verkannt. Seine Lektüre nämlich, das Dasein und Leben verachtend, bewirkt das Gegenteil: man fühlt sich befreit, erheitert und geistig gelockert. Auch eine gepflegte Rage ist zu empfehlen, ist sie doch pure Energie. Jenen Energieschub brachte mir heute die HAZ, als sie gegen eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung schwurbelte. Cui bono? Man könnte zum Verschwörungstheoretiker werden, wenn man’s nicht längst wäre. Fehlende Kranke bringen Krankenkassen keine Kasse. Nachtigal ick hör dir trapsen. Fischers Fritze frisst frische Fische. Dank an Elon Musk für den zweiten Wutschub (schnaub, schnaub!). Turn skum into musk and you get a name from it’s origin. Da hat er wohl den AfD-Diskurs nicht richtig mitgekriegt: Hinwendung zu Russia and God f*ck America. Was wohl noch kommt next year? Wie sagte der Kabarettist Hagen Rether: Es geht immer noch schlimmer.

 

 

     

 
 
 

Kafka muss man mögen, um dergleichen Filme durchzustehen – ebenso wie Beckett – und man sollte vor allem eines nicht: ihn interpretieren, auch wenn einem Gymnasiallehrer, Kunstkritiker und Professoren noch so wüst in dieser Richtung zusetzen. Es genügt, die Bilder auf der Leinwand wirken zu lassen – oder die Bilder die beim Lesen vor dem inneren Blick entstehen – jede Interpretation wäre der Versuch einer Bewältigung, bei der wir Sicherheit suchen und das liefe der Absicht des Autors zuwider, dem es nur darum ging, das Unbewältigbare zu beschreiben und ein Leben im Gefühl einer ständigen diffusen Bedrohung darzustellen und auszuhalten; obwohl er nach aussen hin ziemlich gesettelt lebte, schien ihm etwas die Axt an die Wurzel gesetzt zu haben. Seine Geschichten erzählen davon, sind eher Komposition als Narrativ.

Die Erzählung“Der Bau“ beschreibt die Geschichte eines dachsähnlichen Tieres, das vergeblich in seinem umfangreichen Bau Sicherheit sucht, aber immer von nicht zu ortenden Geräuschen beunruhigt wird. In der Verfilmung von J.A. Freydank (D,2014) ist der Dachs ein Mann namens Franz – der furios aufspielende Axel Prahl – der diese Sicherheit, mit seiner Familie in einer düsteren postapokalyptischen Welt lebend sucht – Geborgenheit in einer hermetisch abgesicherten Wohnanlage mit Panzertüren, Kameras, einer Security an der Rezeption und einem unablässig herumreparierenden Hausmeister, der den status quo einer relativen Stabilität und Alltäglichkeit erhalten soll.

Geborgenheit will aber nicht aufkommen, jedes Geräusch erschreckt ihn, es wird immer noch ein Riegel mehr an der Tür angebracht, die Angst vor einem unerwünschten Eindringen beherrscht ihn immer stärker und droht wahnhaft zu werden, bis ihn seine Familie schliesslich verlässt. Die Geräusche verbinden sich zu einer Entität genannt „Das Geräusch“ – das verfolgenden Charakter annimmt. Draussen herrschen Obdachlosigkeit und Kriminalität, auf eine geheimnisvolle Weise scheint die Welt um den „Bau“ herum zusehends zu zerfallen und zu vermüllen, nur die ursprünglichen Strukturen bleiben bestehen und rahmen das Chaos rechtwinklig ein, ohne es aufhalten zu können. Die Kamera filmt meist in Schräglage, alle Linien fallen und stürzen und unterstreichen die Instabilität dieser Lebenssituation, fragil wie das Regal, das er aufbauen möchte und das ständig zusammenbricht, obsolet wie der ganze Lebensentwurf eines zwanghaften Festhaltens. Kubistische Gemälde in Grauweiß und Khaki mit den gnadenlosen Linien eines Feininger, die die Welt in Rechtecke zerteilen. Nichts scheint mehr sicher, Wände werden durchbrochen oder zerfallen und Franz gerät immer tiefer in den Sog seiner gefühlten Bedrohung; wenn das Aussen hier das Abbild einer Seelenwelt ist dann erleben wir hier das Vollbild eines psychotischen Zusammenbruchs – aber Kafka geht ja gerne über das Individualpsychologische hinaus und hin zum Allgemeinmenschlichen, zum Menschen in seiner existenziellen Bedrohtheit und dem der Welt innewohnenden Zerfall. Eine Parabel über die conditio humana?

Oft sieht der Zuschauer das Geschehen von einem erhöhten Standpunkt – eine Kameraführung die einen glauben lässt, man selbst wäre eine Überwachungskamera oder blicke in ein Aquarium mit seltsamen Bewohnern. Die Grenzen zwischen Innen und Aussen verschwimmen zusehends, auch das Haus vermüllt und der Zuschauer weiss bald nicht mehr, wo er den unablässig umherirrenden und monologisierenden Franz noch verorten kann, der inzwischen genauso aussieht wie die, von denen er sich gerne abgrenzen würde. Sein manischer Sprachstrom – teilweise unverständlich, weil nicht an den anderen, sondern an sich selbst gerichtet – begleitet uns bis zum Ende. Eine Glaswand wird zerschlagen – und er ist draussen, läuft an den Lagern und Feuern der Obdachlosen vorbei, der Soundtrack kehrt sich ins Harmonische und Beruhigende mit Anklängen einer keltischen Flöte, signalisiert ein befreiendes Angekommensein, irgendetwas scheint plötzlich gekippt.

 
 
 

 
 

 
 
 

Schliesslich legt Franz sich auf eines der zerlumpten Nachtlager mit den Worten „Aber alles blieb unverändert!“ – eine seltsame Feststellung inmitten eines fortlaufenden Untergangs und seiner Chaosarchitektur. Irgendetwas scheint seine Konstanz bewahrt zu haben. Die Erzählung bzw das Fragment Kafkas endet mit den Worten „Aber alles blieb unverändert, das …“ – offenbar wollte er noch weiterschreiben; Max Brod, der es aufgefunden hatte, setzte hier den Punkt, um die Erzählung veröffentlichen zu können, an diesem Satz haben sich sicher Tausende von Abiturienten und Literaturwissenschaftlern abgearbeitet und vermutlich verfolgte er sie auch nächtens wie das besagte Geräusch, dessen Herkunft Franz ergründen wollte und sie schreckten auf wie dieser und meinten den Sinn gefunden zu haben. Und oft mag es sich entzogen haben wie eine Handvoll Sand. Trotzdem wirkt der Schluss seltsam beruhigend und fast tröstlich – Freedom is just another word for nothing left to lose. Anscheinend kommt der Frieden, wenn man seiner grössten Angst begegnet ist und sich in ihr niederlassen kann. Und jeder Hurrikan hat wohl sein Auge, für den der es zu finden versteht – oder dem nichts anderes übrigbleibt.

 


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