Vor allem nach der Tagesschau oder dem Weltspiegel? Und warum bloss ich allein?
Wie überschaubar war damals noch alles … ein Monster als Antwort Japans auf den Abwurf der Atombombe und die Sprengungen der Army im Bikini-Atoll, die daraus resultierenden geopolitischen Spannungen zwischen verfeindeten Machtblöcken. Die Riesenechse wurde durch atomare Eingriffe sozusagen erweckt, wandte sich rächend gegen die hybride Menschheit und zertrampelte dabei ganz Tokio (oder in späteren Produktionen mehrere US-Metropolen) und symbolisierte dabei nicht nur die kollektive Anklage dieses traumatisierten Landes, sondern generell die menschliche archaische Zerstörungswut. Echsen gelten als Kaltblütler – was man dann automatisch auch ihrem Emotionshaushalt zubilligt. Die Zuschreibung der Entstehung und Verbreitung des Coronavirus wurde nicht umsonst von weiten Teilen der Bevölkerung den Reptiloiden zugeschrieben und nicht etwa den Eichhörnchen in Menschengestalt. Eine chronisch negativ besetzte Spezies, die das auch nicht verdient hat.
Filmtechnisch gesehen kommt unsere Gegenwart mittlerweile ohne Monster aus – der Science-Fiction ist weiser und selbstreflexiver geworden – beschäftigt sich nur noch wenig mit externen Verfolgern, sondern mit Errungenschaften, Gesellschaftsformen und Dysphorien, die der Mensch sich selbst geschaffen hat und an denen er zugrunde zu gehen droht; eine beliebte Handlungspolarität ist Kontrolle versus Eskapismus (Avatar), in der die Flucht in eine menschlichere Welt versucht wird, weil das dargestellte System offenbar nachvollziehbar zum Davonlaufen ist. Manipulationen im Gehirn (Inception, Source Code) sowie das Durchknallen selbstgeschaffener Menschmaschinen, KIs und Klone (M3GAN, Mickey 17) sind weitere Themen, die gerade abgeklappert werden. Diese Produktionen eröffnen neue Denkräume in Bezug auf Natur-Künstlichkeit sowie die Grenzen unserer Identität und deren Einmaligkeit sowie deren zusehendem Verschwimmen. Die Monster – falls sie überhaupt noch auftreten (z B in der durchaus charmant-konservativen Jurassic-World-Pentalogie) zeigen zusehends menschliche Bezüge, verbünden sich mit Menschen. Bei ihrem Tod kann man einige Tränen verdrücken sowie weiland beim Absturz des verliebten King Kong, der immer wieder gerne mal rebootet wird.
Es ist also nicht en vogue von städtezertrampelnden Monstern zu träumen, auch wenn sich manche Potentaten diesen Anschein geben; mein Unbewusstes hinkt da in seiner Bildgebung wohl etwas dem Zeitgeist hinterher. Niemand würde ein Monster zum Präsidenten wählen – vielleicht höchstens einen Reptiloiden, aber das auch nur in Russland. Ganz doof sind die Verschwörungstheoretiker auch nicht, wenn ihnen bei Putins Poker-Parkinson-Face dergleichen einfällt.
Nein, Trump ist kein Monster, zumindest nicht in den Köpfen der 77 Millionen Amerikaner, die ihn gewählt haben und die weiteren Milliönchen, die weltweit mit ihm sympathisieren. Wir leben nicht nur in einer Blase eines politischen Diskurses, sondern auch in einer der Medien und des Showbusiness und der Bilder, Mythen und Archetypen, die hier erzeugt werden und die sich zunehmend mit der Realität überlappen. Hier war Trump schon immer eine Showgrösse und ein Popstar mit eigenen Fernsehshows, die Verkörperung des American Dream, des Pioniers, der vom Planwagen herabsteigt und sich den gewünschten Reichtum im Alleingang aus dem Boden stampft, sowas wie Jock Ewing (in Wirklichkeit hat er sein Imperium geerbt), der Outlaw des Westerns in Personalunion mit Citizen Kane, dem Reichtum eines Dagobert Duck und der Unangreifbarkeit eines Humphrey Bogart, versehen mit einem unerschütterlichen Optimismus, der zwanglos die Grenze zum Grössenwahn überschreitet, was aber viele nicht bemerken. Anything goes and the winner takes it all – das hat doch was, vor allem für die Abgehängten, das zielt doch voll mitten ins Zentrum der Irrationalität – wo immer das auch sitzen mag, vermutlich da wo bei mir immer Godzilla herumstapft.
Nein, kein Monster … ein Erzeugnis der Popkultur, aus Medienbildern zusammengesetzte Mythenprojektion. Schon die Farbwahl seines Outfits lässt noch mehr Assoziationen zu als nur die US-Flagge.
Wie war das dann mit Hitler, der sich auf keine Popkultur und vorangegangene Medienpräsenz berufen konnte? Der zielte mit seinem Laserstrahl genauso präzise auf den gleichen menschlichen Gefühlsbereich, wie Trump es tut – den Bereich der Menschen in Tretminen verwandeln kann: die Infantilität.
Unsere einzige Hoffnung ist, dass irgendwo auf der Welt ein Hobbit mit einem Ring Richtung Mordor unterwegs ist. Denn am Ende jeden Lichts gibt’s einen Tunnel … oder so …