Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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2024 10 Nov

Ein Herr namens Lindner

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Morgens um Zehn ist die Welt noch in Ordnung. Auch an einem diesig-trüben Sonntagmorgen im November bietet sich eine einladende Atmosphäre. Zu einer Walkingrunde als warm-up, begleitet von allerlei Kirchglockengebimmel ringsum, gesellen sich Fitnessaktivisten aller coleur, der Witterung zum Trotz herrscht eine Frohzeitstimmung. Sollte ich wählen, dies wäre meine Gemeinde. Ich steige aufs Rad mit diesem Kolumbus-Feeling von Freiheit: wohin werden mich Wind und Wille treiben? Es fädelt sich gen Süden aus, wo ich ewig nicht mehr war, bald lasse ich das Messegelände linkerhand liegen. In der Leinemasch südlich der Stadt dann eine wunderbare Stille. Kein Motorengeräusch, Kraniche und Krähen prägen die Szenerie. Dazu feuchten Wiesen, ab und an ein Gehöft, Hühner gackern zu Mistgeruch, Heimatgefühle kommen auf. Schön, wenn man als Städter weiss: die Milchkuh ist nicht lila. Übermütig nehme ich in der Pampa eine unbekannte Abzweigung, die mich reizt. Regel Nummer eins: Nimm nie an einem diesigen Novembertag eine Abzweigung, nur weil sie dich reizt. Regel Nummer zwei: Wenn du überhaupt nicht mehr weiterweisst, sprich die nächstbeste entgegenkommende Joggerin an, es könnte the last human being on earth sein in einer plötzlichen Fremde, in der auch ein Reinhold Messner sich geworfen und verloren fühlte.

 
 

Entschuldigung, ich habe die Orientierung verloren! Wo geht es nach Hannover?
Hmm, schwierig, sie könnten dort lang …
Wo ist denn überhaupt Süden?
Das dürfen Sie mich nicht fragen, ich bin eine Frau!
(genderkonformes Lachen beiderseits)
Aber wissen Sie was, Sie fahren noch besser dort zur Siedlung und dann …
Hmm, wirklich?
Ja, das ist der einfachste Weg. Die Strasse nach Wilkenburg und dann sind Sie bald am Maschsee – versprochen!

 
 

Ich bedanke mich und wir zischen beide in entgegengesetzte Richtung weiter, gutgelaunt und durchaus im Saft. Bald ist die Umgebung wieder vertraut und ich beginne laut zu singen (neue Entdeckung, aktiviert die Zirbeldrüse). In Linden bei der Glocksee gegenüber des Ihmezentrums mache ich meine gewohnte kontemplative Pause. Dehnungsübungen sind jetzt angebracht. „Haha, sieht gut aus – vergesse ich immer …“ lacht ein vorbeiradelnder Freak. Auch hier bedanke ich mich – man nimmt ja jeden Strohhalm gerne an in fortschreitendem Alter. Das Gute aber ist nach einer solchen Tour: der Kopf ist durchgepustet. Innerlich aufgeräumt kann man sich nun der Frage stellen: wen wählen bei der baldigen Bundestagswahl? Es wird wohl oder übel wieder jene Partei sein, die als einzige sich aktiv für den Ausbau von Fahrradwegen und den Abbau von Massentierhaltung (Tiere als Produkt, ja geht’s noch?) einsetzt – und an diese gerichtet wäre meine dringende Empfehlung: nie und niemals wieder eine Koalition mit einem Herrn namens Lindner!

 

2024 26 Okt

„nubian sunloop“

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a u d i o

 
 

2024 12 Okt

(kein) haiku

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ins gestalten kommen

 

nicht nach gestern fragen

 

(heute ist genug)

 
 

soundtrack: Nic Jones – „Farewell to the Gold“

2024 6 Okt

„silent inflammation“

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audio

 
 

2024 22 Sep

postcard from ithaka

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„Wohin geht die Fahrt?“ fragt Odysseus den Steuermann. Der guckt verdutzt: „Richtung Altern, Alter – müsstest du doch wissen!“ Ob wir denn ein gutes Buch dabei hätten? Ja, von Elke Heidenreich – und falls das nicht gefiele, auch das alt bewährte von Carl Amery. Revolte ja, doch für Resignation sei es noch zu früh. An diesem Morgen hielten sich die Nebelschwaden zäh, die Sonne würde wie am Vortag schon, erst gegen Mittag mit ihren Strahlen wärmen, dann allerdings recht stechend und die Wespen lockend. Zunächst mal legte der Steuermann ein Stück von David Sylvian auf den Plattenteller der Bordanlage: “ … all set for sail … little girl dream taking the veil …“ erklang es gutgelaunt aus den Backbord-Boxen. Auch akustisch reichlich Proviant an Bord – und was die Playlist alles hergab: Florian Weber, Mary Halvorson, die Silly Sisters, Nic Jones und vor allem die wunderbaren Milton und Esperanza im Duett. „Das macht Hoffnung“, meinte der Meister der Heldenreise, König von Ithaka – „Fahren wir nach Europa?“ Nein, dort sei die Lage kritisch, Krieg und Klimawandel, neue Nazis sässen dort am Kabinettstisch, polterten des Nachts durch enge Gassen, marode Brücken stürzten ein. Man sei besonders in Germania im Wirtschaftwunder-Wahn gefangen, aber kein Nachwuchs käme nach mit protestantischem Arbeitsethos, Arbeit und Leben seien in Disbalance geraten. Ob die denn keine trojanischen Pferde hätten? Eher zuviele, das sei ja das Problem: Einwanderer mit anderen Werten brächten orientalische Gebräuche in Gegenden, wo sie nicht hingehörten. „Ja, heiliger Sarrazin, das ist ja zum Haare raufen!“

 

2024 12 Sep

If I was a painter …

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2024 9 Sep

Richters Richtung

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Der Filmemacher Pepe Danquart begleitete den Maler Daniel Richter über einen längeren Zeitraum und herausgekommen ist ein spannendes Porträt, zumindest für einen Kunst-Sozialisierten, wie ich es bin. Ja ich, der wahrscheinlich nicht den Mut, vielleicht auch nicht die Reife oder auch das Können hatte, mich ernsthaft der Frage auszusetzen, was ich von der Kunst will und was die Kunst von mir. „Kunstgeschichte machen“ meinten Studienkollegen auf dem Weg ins Atelier, ein Selbstverständnis, das unsereins nie hatte („Vielleicht war es einfach nicht dein Ding!“) – dafür aber umso mehr die Bewunderung und das Interesse, spannend wie ein Thriller dies, wie andere diese Herausforderung meisterten. Zu ihnen gehört gewiss auch Daniel Richter, und in der kurzweiligen knapp zweistündigen Dokumentation wird vieles davon aufgezeigt: was es heisst für einen zeitgenössischen Maler, sich der weissen Leinwand auszusetzen, wo ein einziger unbedacht ausgeführter Strich die Arbeit von Tagen zunichte macht. Dann gilt es zu übermalen, ausradieren, neu anfangen. Neben dem mythenhaften Sisyphos sitzen dem Maler oft zwei Papageien auf der Schulter wie der Schalk, scheint’s, schauen ihm beim Malen zu. Auch Daniels Freund Jonathan Meese kommt im Film zur Geltung und es würde mich wirklich mal interessieren (Wink mit dem Zaunpfahl), wie eine gestandene Psychoanalytikerin den inzestuösen Mutterkult des erfolgreichen Tausendsassas interpretierte. Die Kunst der Vaterlosen, Schizo-Wege? Zumindest scheint das Reich der Freiheit hier eine neue Nuance zu bekommen, denn nicht alles von Meese ist Käse. Zurück zu Richter: ich kann seine Formsuche gut nachvollziehen und finde seine Bilder, in denen Assoziationen zu Miro, Strawinsky, Punk und Political Art entstehen, höchst ästhetisch. Apropos Strawinsky: allein der Soundtrack dieses Films – was der Daniel so hört beim Malen – ist aller Ehren wert und ich möchte nicht wissen, was diese da Boxen kosten, die zwischen seinen Bildern stehen. Soviel wie das für knapp eine Million Pfund versteigerte fantastische, überdimensionale Bild „Tarifa“ gewiss nicht, das im oberen Bildrand Flüchtlinge im Boot in der spanischen Meerenge bei Gibraltar zeigt. Politik trifft hier auf Kunst – und die so oft auf Kapital. Richter weiss das, er ist links. Ja, was denn sonst!

 

2024 9 Sep

con fusion

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„two in one“

 
 

2024 23 Aug

Schwelle und Rückstau

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„I can give it, but can you take it?“ war die Replik eines Gurus auf die Frage eines Schülers, ob man Erleuchtung übertragen könne. Wäre dies nicht eine Situation, wie sie auf vielerlei Wechselbeziehungen zuträfe? Die Regeln von Produktion und Rezeption. Es brauchte seine Zeit, bis ich wieder drin war im Ritual des Albumhörens nach ein paar Tagen Pause. Zunächst dachte ich, das Equipment sei kaputt – nein, etwas Geduld ist erforderlich. Auch wenn man ins kalte Wasser geht, benetzt man ja zunächst die Haut. Anlässlich einer Hifi-Recherche im vergangenen Winter meinte ein Fachhändler auf YouTube, beim Kauf von Boxen solle man sich vor Spontankäufen hüten, denn das Hörvermögen sei von der Tagesform abhängig. Aha – noch andere Faktoren sind also maßgeblich als nur die Dicke des Geldbeutels! Na klar, die Sinne spielen stets ihr eigenes Spiel. Daher vielleicht die Schwellenangst: kann ich das überhaupt verdauen, was mir dargeboten wird? Von der Schwelle nun zum Rückstau: Mir fiel oft auf, wenn ich die Gitarre zur Hand nehme, dass ich stets verdutzt bin von der Schönheit des Klanges und der Faszination, eigene Töne hervorzubringen zu können. Ich bin sofort im fragenden Dialog mit der Klangwelt, je einfacher, je besser. Ein E-Moll Akkord, bewusst gespielt, eröffnet einen Kosmos. Dann jedoch wird’s heikel: man will zuviel, schliesst den Rekorder an, dazu Effektgeräte, Spur wird auf Spur gelegt, man ist berauscht. Der Backlash aber: alles schon gehabt, mediokres Zeugs, baden in Klischees. Nee, dann lieber einen Mollakkord anschlagen, Schuster bleib bei deinen Leisten, das kurze Hier und Jetzt. Ein John McLaughlin wirst du eh nicht mehr. Und doch, die Klangwelt folgt mir wie ein Schatten. „Ich bin, weil ich Gitarre spiele“ – das sagte schon Descartes, wenn ich mich nicht irre. Oder war’s Karl May?

 

2024 16 Aug

Martin Brambach

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Der Mann ist die Show – unter anderem zu bewundern im aktuellen Dresden-Tatort. Ein Typ, von dem man den Anschein hat, dass er permanent übergriffig wird, vor allem (aber nicht nur) gegenüber Frauen. Seine beiden Kommissar-Kolleginnen haben es nicht einfach mit ihrem Chef, dem Paradebeispiel für die Generation des alten weissen Mannes mit längst abgelaufener Halbwertszeit und Sugar-Daddy Attitüde. Beim Verhör schreit er unvermittelt, stets dem cholerischen Ausbruch innig verbunden, so wie dem Kutscher permanent die Pferde durchgehen, eine junge Schülerin an, dabei mit dem Gesicht ganz nah dran: „Ja, merken Sie denn nicht, junges Frollein, dass wir hier auf Ihrer Seite sind!“ Er bekommt dann auch schnell den Platzverweis: „Chef, Sie gehen am besten mal raus und wir machen das hier weiter.“ Keiner kann so akurat den Lodenmantel an den Haken hängen, dabei die Untergebenen zur Drecksarbeit delegieren, derweil er sich ja um „die Presse“ oder andere höhere Aufgaben kümmern muss. Seit langem kennt man den aus Funk und Fernsehen bekannten deutschen Schauspieler, genial in der Darstellung des Unsympathen. Ich sah in mal in einer Talkshow und war verwundert, dass er privat das Gegenteil zu sein scheint, was er in seinen Rollen darstellt: ein mitfühlender und sensibler Typ, der wahrscheinlich Rockmusik hört, Yoga macht und sich vegetarisch ernährt. Besteht nicht auch darin der Reiz des Schauspielerberufs, dass man seine Schattenseiten kennenlernt und darstellen kann: der Jekyll & Hyde Effekt? Jede Wette, dass es dem Brambach einen Mords-Spass macht, was er spielt. Als Zuschauer jedenfalls kommt unsereins auf seine Kosten: her mit den Dresden-Tatorts!

 


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