Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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2022 17 Jul

Universum JSB

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„Nicht alle Musiker glauben an Gott, aber alle glauben an Johann Sebastian Bach.“

(Mauricio Kagel)

 

Die Klanghorizonte und die Jazzfacts werden mit überschaubarer Regelmäßigkeit gesendet. Es wird im Manafonistas-Blog zumindest auf die Jazzfacts zuverlässig hingewiesen und Radiohörer Henry Karl trägt auch dazu bei, wenig zu versäumen wenn man seinen Newsletter abonniert hat. Nun bin ich erst Anfang Juni 2022 bei der 32. Folge auf eine 33 Folgen umfassende Reihe aufmerksam geworden, die schon seit dem Jahr 2015 existiert. Man kann leicht erkennen, dass die Serie des DLF Kultur nicht so dicht wie die Tagesschau gesendet wird und deshalb hier im Blog auch nicht beworben wurde von mir – von wem sonst?

Es gibt gerade einmal 288 handgeschriebene Seiten von Johann Sebastian Bach selbst. Das ist wenig. Vor allem enthalten diese kaum Privates. Wir wissen somit nichts über sein Sexualleben und seine bevorzugten Drogen. Naja, Bach war ein gefragter Orgel-Gutachter. Nach einer solchen Orgelprüfung zu Halle im Jahr 1716 hat er mit den helfenden Kollegen gut gegessen und reichlich gesoffen, so dass er in der Quittung am Ende kaum noch seinen Namen schreiben konnte und dazu einen dicken Tintenklecks produziert hat.

Diese Quittung kann man nicht hören, den Tintenklecks auch nicht. Gesehen habe ich sie in einem Buch, das ich nach Entdeckung der Sendereihe entdeckt habe, ein Buch, das im Jahr 2022 erschienen ist und als Bildbiografie offenbar aus der Hörbiografie hervorgegangen ist, welche jene teure Bildbiografie kostenlos mit umfangreicherem Text und großartigen Musikbeispielen ergänzt. Bach für Augen und Ohren.

 

 

 

 

Nur eines der überlieferten Bilder Bachs ist nach heutigem Wissen unzweifelhaft von der lebenden Person gemalt worden, das Bild des Malers Elias Gottlob Haußmann, eigentlich eine dürre Basis für eine Bach-Ikonografie.

An Büchern über J. S. Bach herrscht kein Mangel. Aber dieses ist das unterhaltsamste Hör- und Lesebuch zu JSB, welches mir begegnet ist. Michael Maul – Bachforscher und Intendant des Leipziger Bachfestes – bedient sich historischer Quellen, die er nicht nur zitiert und kommentiert, sondern daraus kurze verschmitzte Hörszenen komponiert, mit leicht thüringisch-sächsischem Tonfall, den man im gesamten deutschen Sprachraum verstehen sollte. Nicht unterzubringen in den 33 Hörfolgen sind die laut Bach-Werke-Verzeichnis über 1000 Kompositionen Sebastians, selbst dann nicht, wenn auf alle Worte der Hörbilder verzichtet würde.

2022 22 Jun

Yunchan Lim – 18 years old

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magnificent understanding and presentation of the musical structure / wonderful rhythmic precision and intuition for timing / crystal clear transparency in voice leading /unpretentious, though ardent playing

 

I would not understand the world if this incredible talent did NOT graduate into the class of the very best pianists of all time.

 

 

 

 

Listening to Lim’s performances is a festival for the many aficionados of the music of Couperin, Bach, Mozart, Beethoven, Liszt, Chopin, Scriabin and Rachmaninov who write for this blog and stop in as readers and, of course, for lovers of heavenly piano playing. I welcome the fact that Russian (and Belarusian) artists are NOT excluded from participation in the Van Cliburn Competition 2022.

 

Consider the history of the Cliburn Competition. In 1958 Van Cliburn was the winner of the First International Tchaikovsky Competition, Moscow. At the height of the Cold War this was a sensation and there were those who saw it as a factor in easing tensions between the West and the Soviet Union. Since 1962 the Van Cliburn International Piano Competition has been held every four years in Fort Worth, Texas in his honour. A friend of mine (Benedikt Koehlen) was a participant in the Second Van Cliburn Competition in 1966. He got the 6th prize. The 1966 Gold Medal winner was Radu Lupu, who passed away in April this year. The 5th prize was dedicated to Rudolf Buchbinder at that time. I find it strange that the Cliburn Competition has dismissed extremely few Award Winners of world fame. Lupu & Buchbinder are almost the only ones.

„Daß das, was die Menschen vereint, wesenhafter ist als die von den engherzig machtgierigen, ein Blutbad nicht scheuenden Politikern aufgebauten Trennungsmauern, hatte der junge Amerikaner aus Texas schon in Moskau bei der Wiedergabe von Tschaikowskis b-moll-Konzert, der russischsten aller russischen Musik, bewiesen. […] In Riga stand man von 2 Uhr nachts an Schlange, um eine Konzertkarte zu erobern. ‚Dieser Künstler enthebt uns des Elends, bringt uns Licht und Freiheit‘, meldete ein Brief aus meiner Heimatstadt.“

(aus Zenta Mauriņa, Ein Botschafter guten Willens – Van Cliburn)

 

On 19 April 2022, World Federation of International Music Competitions decided with an overwhelming majority of member votes to exclude the International Tchaikovsky Competition from its membership with immediate effect due to „Russia´s brutal war and humanitarian atrocities in Ukraine“.

Until now a sentence like the following (to reduce contradictions in world history) was not to be found for me in the WWW:

On 19 April 2003, World Federation of International Music Competitions decided with an overwhelming majority of member votes, to exclude the International Cliburn Competition from its membership with immediate effect due to „US America’s brutal war in Iraq launched without an explicit mandate from the UN Security Council“.

One should not repay similar with similar.

 

 

DLF
Der Van Cliburn Klavierwettbewerb – Ein Ultramarathon des Virtuosen

In der Süddeutschen Zeitung wurde bis dato nicht vom International Van Cliburn Piano Competition 2022 berichtet. Naja, die Süddeutsche ist schließlich nur ein oberbayrisches Regionalblatt (meinte einst Obama).

 


GOLD MEDAL
Yunchan Lim – South Korea

SILVER MEDAL
Anna Geniushene – Russia

BRONZE MEDAL
Dmytro Choni – Ukraine

Where the 6 finalists came from:
2 Russia / 1 Ukraine / 1 Belarus / 1 USA / 1 South Korea

2022 9 Jan

The Last Apple

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2022 8 Jan

Stefan Aust

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Video

 

 
 

 
 

Jacky Terrasson ist ein technisch brillanter Pianist, ein außerordentlich einfallsreicher Improvisateur. Ob er irgendwann einmal in der Galerie der Jazzpianisten in die Klasse von Oscar Peterson, Dave Brubeck, Bill Evans, Keith Jarrett, Chick Corea et alt. aufgenommen wird weiß ich natürlich nicht. Ich vermute, das wird eher nicht der Fall sein und zwar deswegen, weil er keine sensationellen Ausblicke öffnete wie Dave Brubeck mit seinen rhythmisch-metrischen Neuerungen (im Jazz), wie Keith Jarrett mit seinen atemberaubenden Solorecitals, weil er nicht Mitglied einer Miles Davis Band gewesen ist, weil er …

In meiner persönlichen Jazzpianisten-Galerie nimmt er einen Platz in der Ersten Klasse ein. Ich wurde auf ihn aufmerksam im Jahr 2006 oder 2007 durch eine Aufzeichnung des Auftritts des Ron Carter Trios bei der 37. Jazzwoche Burghausen, wo es eine grandiose Version von My Funny Valentine (Video) zu hören gab. Das komplette Konzert kann hier aufgerufen werden

Ron Carter – ich muss nicht betonen, dass er einer der größten Bassisten des Jazz ist – war Mitglied des legendären Zweiten Miles Davis Quintetts. Miles Davis war immer Avantgardist, und die Mitglieder seiner Bands waren es somit unvermeidlich ebenfalls. Ron Carter würde ich schon lange nicht mehr zu den Avantgardisten zählen, es sei denn, man erachtet die Rückkehr zur Interpretation der klassischen Standards als ‚Avantgardie‘. Keith Jarretts geradezu radikale Reminiszenzen wirkten durchaus avantgardistisch nach einer Phase der Weigerung, sich des Amerikanischen Songbooks zu bedienen. Ron Carter spielt gerne die alten Standards, auch Jacky Terrasson schätzt sie und gibt sie zurück als wunderbare Erscheinungen auf gleich hohem Niveau wie Keith Jarrett. Er spielt auch Eigenkompositionen oder bedient sich jüngerer Popsongs.

Nun denn, das mediale Erlebnis des Burghausener Konzerts veranlasste mich, mein erstes Jacky Terrasson Album zu erwerben.

 
 

 
 

Es gehört zu den meist gehörten Jazzpiano-Alben meiner Sammlung und enthält eine Fülle von Perlen, darunter die für mich schönste Version von NARDIS. Das Titelstück Smile verdient es, in die Hall of Fame des Jazzpianos aufgenommen zu werden. Es ist ein Meisterwerk. Den unscheinbar einfachen Song hat Charlie Chaplin komponiert, und wohl deswegen ist er noch am Leben. Terrasson versetzt ihn vom 4/4 in den 5/4 Takt, und zwar mit einer Feinheit und Leichtigkeit, dass man es selbst als ausgefuchster Hörer kaum spürt. Über ausgedehnte Räume rückt das Fünfer-Metrum kaum wahrnehmbar in weite Ferne, ist aber immer präsent. Wunderbar, und hier zu bestaunen.

Mit dem Hören von Jackys Alben habe ich mich nicht zufrieden gegeben. Ich wollte ihn auch live erleben. Er gastiert nicht sehr häufig in Deutschland. Im Jahr 2009 konnte ich ihn im Kleinen Saal der Laeiszhalle Hamburg hören. Unter den Stücken des Albums SMILE ist eine Version von Stevie Wonders Song Isn’t She Lovely?, die mir ein unfassbares pianistisches Rätsel blieb für lange Zeit, spielt Terrasson doch ausgedehnte Girlanden zweistimmig im Intervallabstand einer kleinen Sekunde – eigentlich unmöglich. Nach dem Auftritt seines Trios in der Laeiszhalle bat ich ihn um die Lösung des Rätsels. Davon berichte ich in comment #1

 

HERR OBER, BITTE ZAHLEN !!!

ja, gerne
in der letzten Woche ist in München niemand an COVID verstorben.
in der letzten Woche gab es auf den Städtischen Friedhöfen 98 Beerdigungen.

 

Eine ganze CD unbegleiteten Bass-Soli zu widmen, scheint ein großes Wagnis zu sein, aber einigen wenigen Virtuosen mit Vorstellungskraft und immensem Können ist dies gelungen. Ich nehme an, fast alle Leser*innen&außen finden wenigstens ein Piano Solo Album in ihrer Audiothek. Aber wer kann ein Double Bass Solo Album aus dem Plattenschrank ziehen? Gregor schaut hier nicht mehr vorbei, ihm würde ich das zutrauen. Die Tür zu den comments ist offen. Dort kann man Geständnisse – oder Bekenntnisse, wenn einem das lieber ist – ablegen.

Ich fange gleich mal selbst an: ich besitze ein Double Bass Solo Album – ein einziges. Nicht weil ich Kontrabass spiele ist es in meiner Sammlung, sondern weil mir der Bass Player dieser CD ans Herz gewachsen ist. Er hat für mich – und das ist objektiv nicht maßgeblich – den wunderschönsten Ton aller Jazzbassisten. Schließlich spielt er auf einem edlen Instrument, das um 1715 gefertigt wurde. Außerdem hat er ein Stück komponiert, das den Titel Kronach Waltz trägt. Dragonetti’s Dream heißt das Album. Das einzige nicht von ihm erfundene Stück ist die eindringliche Interpretation von Jade Visions, einem herrlichen Stück des tragisch früh verstorbenen Bassisten Scott LaFaro.

Nunmehr sind drei Bassisten eingeführt, darunter Scott LaFaro, der nie ein Double Bass Solo Album eingespielt hat, dessen überragende Bedeutung im Jazz zu würdigen ich lieber Dave Holland überlasse.

 

The bass has become something like the fourth melody voice in the quartet. Wasn’t Scott LaFaro the major reason for that?

Wer war es nun, der die ersten Kompositionen für Basso Solo geschrieben hat und als Solist mit seinem Instrument für Furore sorgte?

Es war Domenico Carlo Maria Dragonetti (1763 – 1846), genannt ‚Il Drago‘

 
 

 
 

Domenico Dragonetti war der Scott LaFaro des 18. und 19. Jahrhunderts, gut Freund mit großen Zeitgenossen, darunter Ludwig van Beethoven, den er persönlich getroffen hat. Ich nehme an, dass ohne Dragonettis Besessenheit die wilde Kontrabass-Partie im Trio des Scherzos von Beethovens Fünfter Sinfonie nicht in die Welt gekommen wäre.

 

 

Irgendwann muss jemand das erste Kontrabass Solo Album des Jazz gewagt haben. Ich weiß es leider nicht genau, lege mich aber fest auf Dave Hollands Emerald Tears. Sechs Jahre vorher hat er zusammen mit Barre Phillips diese eigenartigen tiefgründigen Klanglandschaften erkundet mit Music from Two Basses.

 
 

 
 

Nun ist mit Marc Johnson der Fünfte in den Kreis der Bass Soloists of September eingetreten. Und er bekennt, dass Dave Hollands legendäres Album nicht ganz schuldlos ist. Ich kenne seine Kunst vor allem von den beiden Bass Desires Alben und den späten Auftritten des Bill Evans Trios. Mit OverpassThe Album of September – ist Marc Johnson am Ziel seiner Sehnsüchte angekommen. Meine Favoriten des Albums findet man in den Klanghorizonten des August 2021.

 
 
 

 
 

Wer den Click raus hat, findet in diesem Beitrag zwei hochinteressante Hörbeipiele.

(reloaded: siehe catch, ahem, comment 22 …)
 

Das Schreiben eines Blogbeitrags beginnt mit dem Erfinden einer Titelzeile. Ich hätte den Artikel sicher schon vor 4 oder 5 Wochen geschrieben, wäre mir eine bessere eingefallen. Ob Steven Wilson freundlich oder vornehm ist, weiß ich nicht. Für einen Giganten halte ich ihn schon.

Ich kenne zwar kaum seine Musik, aber ich habe vor Jahren bei einem Manafonistischen Preisausschreiben per Losglück ein Album gewonnen, nämlich King Crimson Three of a Perfect Pair. Das Titelstück gehört zu den 10 Number-One-Pieces des Prog-Rock. Ich bekam nicht das Original-Album, sondern den Remix von Steven Wilson mit exzellenten Stereo & Multichannel Abmischungen.

 
 

 
 

Eigentlich hätte mir Steven Wilson schon viel früher bekannt sein können, denn ich hatte einige Gentle-Giant-Vinyls nachgekauft, und zwar digitalisierte Versionen mit 4.0 bzw. 5.1 Abmischungen. Weil auf diesen Datenträgern das Kleingedruckte noch kleiner ist, fiel mir der Name Steven Wilson in den Druckbeilagen nicht auf. Im Frühjahr diesen Jahres wurde die Steven-Wilson-Edition des Albums Free Hand von Gentle Giant annonciert. Ich habe sofort bestellt und das Kunstwerk pünktlich am Tag des Erscheinens erhalten.

Nach Gentle Giant hat mich keine Band aus dem Bereich Pop-Rock-oder-wer-weiß-wie-das-heißt mehr interessiert. 1971 habe ich sie kennengelernt und das gleich live. Ich wusste damals gar nicht, dass eine Band diesen Namens überhaupt existiert. Am 6. April 1971 war Colosseum in der Meistersingerhalle zu Nürnberg zu Gast. Die Bühne betraten aber zunächst 4 Musiker mit Streichinstrumenten. In meiner Erinnerung wurde daraus ein Streichquartett. Das kann jedoch nicht stimmen, denn nur Ray Shulman und Kerry Minnear spielen Violine bzw. Violoncello. Die Überraschung war groß bei diesem Anblick, noch vor den ersten Tönen. Was machen die Nichtstreicher? Sie traktieren das Violoncello wie ein Perkussionsinstrument, während Kerry Minnear fiedelt. Artrockig wurde es auch noch. Als sie Platz machten für Colosseum war ich überwältigt. Mein Urteil beim Verlassen des Saals: die Vorband war das absolute Highlight dieses Abends. Ob eine Mehrheit dieser Ansicht war, ist ungewiss. Schließlich kam das Publikum Colosseums wegen. Gentle Giant versuchte gewiss als Warmup renommierter Bands in der Rockszene Fuß zu fassen. Ray Shulman erzählt:

 

 

 

 

Dass ich derart hingerissen war und es immer noch bin, liegt an meiner selbstgewählten musikalischen Sozialisation. Ich komme von der Klassik her, Kerry Minnear ebenfalls. Er ist aber keiner jener unsäglichen Klassikrocker, die es um die 70er Jahre zu Hauf gab und denen es prächtig gelang, Bach und Beethoven und Tschaikowsky und … zu versauen. Minnear beherrschte polyphone Satztechniken, mochte offensichtlich Musik der Renaissance und bediente sich nie bei den alten Meistern.

Wenn einer Band das Attribut Art Rock verliehen werden darf, dann Gentle Giant. Eines der brillantesten Stücke dieses Genres ist On Reflection. Es weist eine übersichtliche A1-B-A2 Form auf. Der A-Teil ist ein virtuoses, vertracktes Fugato. B erinnert an englische Vokalmusik der Zeit um John Dowland.

 

A1 vokal und vokal/instrumental colla parte
B
A2 instrumental, einen Halbton höher als A1

 

On Reflection Steven-Wilson-Remix 2021 – YouTube Video

 

In einem wunderbaren, berührenden Interview spricht John Weathers – Drummer von GG seit 1972 – über dieses bedeutende Album, über die Musiker, die alle virtuose Multiinstrumentalisten sind. John ist ein Perkussionist, der tief im Rock verwurzelt ist und der intellektuellen Dimension dieser Musik herrlich erdigen Groove schenkt.

 

 

Zjkl

Just the Same

Steven-Wilson-Remix 2021 – YouTube Video

Free Hand ist das erste Album, welches in meiner Jahresliste 2021 erscheint. In comment#1 stehen weitere Links, u.a. zu den vollständigen Interviews mit Ray Shulman und John Weathers, zu einem Liveauftritt der Band 1974.

 

 

Riff – public domain

2021 6 Aug

NARDIS

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Vielleicht haben Herr Klinger oder Mr. Whistler oder sonst jemand eine Lieblingsversion dieser berühmten Jazzkomposition (Michael Engelbrecht)

 

Das stärkste, erhebendste und reinste Wohlgefallen ist – dies ist meine Überzeugung – in der Betrachtung des Schönen zu finden. Sprechen nun die Menschen von Schönheit, so meinen sie streng genommen nicht, wie zu erwarten wäre, eine Eigenschaft, sondern eine Wirkung: sie beziehen sich, kurz gesagt, auf jene starke und reine Erhebung der Seele – nicht des Verstandes oder des Herzens – die in der Betrachtung des „Schönen“ erfahren wird. Daher bezeichne ich Schönheit als die Domäne der Poesie.

Wenn ich also die Schönheit als mein Gebiet betrachte, so bezieht sich meine nächste Frage auf ihre höchste Ausprägung – und alle Erfahrung hat gezeigt, dass dies ein Ton von Wehmut ist. Die Schönheit, gleich welcher Art, erregt in ihrer höchsten Entfaltung die empfindsame Seele stets zu Tränen. Die Melancholie ist also der legitimste aller poetischen Töne.

nach Edgar Allan Poe – The Philosophy of Composition (1846)

 

NARDIS ist einer der schönsten Jazzsongs überhaupt, eine Erfindung von Miles Davis. Er hat seine Komposition wohl nie selbst eingespielt. Bill Evans erschuf das umfassendste Kompendium dieses wunderbaren Stückes – eine Welt für sich. Niemand hat die tiefe Melancholie dieser Melodie so freigelegt wie Bill Evans in fast balladesken Versionen, in verzweifelt ruppigen up-tempo Variationen wie jener aus Paris vom 26. November 1979 mit seinen Partnern Marc Johnson und Joe LaBarbera 10 Monate vor seinem Tod.

 
 
 

 
 
 

Außerhalb der Bill-Evans-Nardis-Welt finde ich auch Lieblingsversionen. Mich sprechen die luziden langsameren Versionen an, etwa die des John Abercrombie Quartet mit Marc Copland, einem meiner höchst geschätzten Jazzpianisten (ECM 2528).

Mein Favorit ist jedoch Jacky Terrassons Darbietung, nicht weil es die langsamste ist, die ich kenne. Sie trifft mich immer in der Seele. Sie findet sich auf dem von mir meist gehörten Piano Trio Album meiner Sammlung. Dafür muss es Gründe geben. Terrasson sounds like nobody else, and this CD ist full of surprise and delight.

 

Maurice Ravel bekannte, dass „mein Lehrer in Komposition Edgar Allan Poe war, wegen der Analyse seines wunderbaren Gedichts ‚Der Rabe‘. Poe lehrte mich, dass wahre Kunst auf einem perfekten Gleichgewicht zwischen reinem Intellekt und Emotion beruht.‘


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