Thomas Vinterberg hat einige beachtliche Filme gemacht, allen voran das fiebrige Psychodrama „Das Fest“, auch die traditionell gehaltene Verfilmung eines alten Schmökers von Thomas Hardy „Am Rand der grünen Welt“ hatte Qualität.
Jetzt nahm er sich die Wohngemeinschaftsszene im Schweden der Siebziger Jahre vor, hatte exzellente Schauspieler zur Hand, und liefert einen unendlich bescheidenen, totlangweiligen, in jeder Hinsicht vorhersehbaren, Film ab. Ein bisschen „Das Fest“ (weichgespült), ein bisschen „Szenen einer Ehe“ (gähn!). Nach 30 Minuten wollte ich erstmals das Kino verlassen (draussen lockte Sommerabendstimmmung, ein Caipirinha, das Leben mit all seinen Überraschungen), aber ich war dumm genug, auf eine Wende, einen Dreh zu hoffen. Vergeblich.
Vorhersehbare Dramen haben etwas Ermüdendes an sich; selbst das grosse Können der Schauspieler hängt an den Strippen eines extrem uninspirierten Drehbuchs, das kein Klischee auslässt. Und natürlich so gut wie jedem Typus von WG-Bewohner alter Zeiten gerecht werden will (ich erspare mir die ermüdende Auflistung). Ach, wie gut gefällt mir Ulrich Thomsen in den drei Staffeln von „Banshee“, eine Art „Tarantino hoch zwei“, allerdings ohne ausufernde Dialogarien! Ach, wie wenig kann selbst Trine Dyrholm mit ihrer Rolle einer aus allem Ehe- und Karriereglück hinauskatapultierten Frau diesen miserablen Post-Dogma-Film retten, auch wenn die Juroren des Berliner Filmfests ihr einen „Silbernen Bären“ überreicht haben. Dem Zuschauer wird hier ein ganz und gar waschechter Bär aufgebunden.
P.S. Ich habe selbst im Ausklang der Siebziger in einer WG gewohnt. Eines Tages kam eine junge Brünette aus Bochum zu uns, eine Bekannte von jemandem, der sich, gern auch öffentlich, einer Fusspilzbehandlung unterzog. Sie hiess Susanne, hatte eine herzenswarme Ausstrahlung, und brachte ihm zwei Lehrbücher vorbei. Nett, freundlich, zugewandt. Nett war aber hier nicht die Schwester von langweilig.
Während des Kaffeetrinkens wurde mit bewusst, dass diese Studentin einen fabelhaften Zauber auf mich ausübte. Braungebrannte Haut, rehbraune Augen, langes schwarzes Haar, und irgendein Parfum, das ganze Arbeit leistete. Entscheidend waren die Augen, ihre französisch anmutende Erscheinung, und zwei ihrer Blicke, die mich mit einer im Sekundentakt anschwellenden Erektion beglückten. Bevor sie ihr erste Tasse Kaffee getrunken hatte, musste ich kurz in mein Zimmer huschen und mir Erleichterung verschaffen.
Es war leicht, ihre Adresse zu bekommen. Am Tag darauf stürzten wir uns aufeinander, bevor ich die erste und einzig gute Platte von „Dire Straits“ auflegen konnte. Sie sagte mir, ihr sei es ähnlich gegangen in der Küche der WG, sie sei selbst ganz feucht geworden. Es habe „geknistert“. Schöner Studentensex. Liebe wurde nicht daraus. Das habe ich dem Film von Vinterberg zu verdanken, dass mir diese Erinnerung hochkam. Schade, das es kein Pornokino war.