Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

Für Brian Eno repräsentieren THREE TRAPPED TIGERS „the cutting edge of contemporary music“. Und er fügt hinzu: „Watch your fingers!“ Das Werk bekommt sehr gute Kritiken, mir fehlte bislang zu der Band, die ich  live in Kristiansand sah, als Brian den Kurator gab, der emotionale Draht. Ich bin gespannt, was passiert, wenn sich heute Abend im Dunklen mein Plattenteller dreht. Die Vinylausgabe traf gestern spät mit der Post ein.

Kurzerhand riss ich das Zellophan auf, platzierte den Aufkleber mit dem Eno-Zitat plus Cover auf den Abendtisch, und rückte auch meinen Vanillepudding ins Blickfeld. Wer daran gewöhnt ist, blitzblanke Gerichte superästhetisch in Kochbüchern „serviert“ zu bekommen, mag solch einen angegessen Pudding als leicht eklig, zumindest als unpassend, empfinden. Aber lässt man mal solche Konditionierungen unserer Alltagswahrnehmung beiseite, könnte man rasch zu dem Schluss gekommen: jeder angegessene Vanillepudding auf der Welt sieht ungefähr so aus. Das Bild erzeugt, wenn keinen Fluchtfeflex, schlicht erhöhte Aufmerksamkeit. Sofort versucht man das Kleingedruckte auf dem „Sticker“ zu erkennen, mit einem Doppelklick vielleicht, oder Adleraugen.

Das Bild, das ich, ohne gross nachzudenken, ohne Furcht vor einer gewissen Absurdität, schnell schoss, hat noch zwei andere Ebenen, die ihm im Nachhinein eine zusätzliche „Daseinsberechtigung“ erweisen. Zum einen: experimentelle Musik als Teil des Alltags, fernab einer abghobenen Kunstsphäre. Zum andern, etwa persönlicher (jeder hat eine Geschichte zu erzählen, in der Vanillepudding vorkommt): der Vanillepudding ist mein memento mori.

Im vorletzten Jahr war ich einige Male in der „Code Red“-Zone, einmal während eines nächtlichen Horrortrips auf der Autobahn, einmal bei einem Schwimmerlebnis am Atlantik, einmal nach einem allergischen bedingten „breakdown“, und einmal nach dem Verzehr von Vanillepudding. Ich wollte mit dem Schöpflöffel eine Portion Pudding auf den Dessertteller befördern, da landete ein Klacks auf dem Tisch. Es war gerade keiner zugegen, und so schlürfte das Kind im Manne den Klacks mit dem Mund hoch.

Die darunter verborgene, gefrorene Johannisbeere (so das alte Hausrezept, köstlich!) blockierte meine Speiseröhre, und ich bekam einen Erstickungsanfall erster Klasse. Ich geriet in Panik, und der Tanz, den man da aufführt, erinnert nicht an Michael Jackson. Die eine Person bediente sofort den Notruf, die andere versuchte sich an dem bekannten Hilfsgriff (incl. Umspannen des Brustkorbes) – vergeblich. Eine gute Minute etwa (die berühmte kleine Ewigkeit) bekam ich keine Luft, bis die gefrorene Johannisbeere durch durch die Wärme meiner Luftröhre leicht antaute, minimal schrumpfte, und mit Macht aus dem Mund herausflog.

This entry was posted on Freitag, 8. April 2016 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

1 Comment

  1. Michael Engelbrecht:

    Das ist gute, spannende, dichte Musik, die mir aber zuviel in Hochtonräumen rumschwirrt, und mich deshalb nicht überzeugt!


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