… es spielte sich ja, was Sie da gerade hörten, im Herkulessaal ab, 1981, in München, nicht zehn Jahre früher, im Fillmore West, wo Jarrett, nachdem er zuvor mit Charles Lloyd Hippieträume und Jazzwildnis eins werden liess, an der Seite von Miles Davis ein grosses elektrifiziertes „Fusionfeuer“ schürte. Und doch: ein Kraftfeld der wilden Jahre scheint aktiviert; wie Jarrett hier (nach einem Jahrzehnt, in dem Meilensteine seinen Weg pflasterten) in das Körperinnere des Instruments greift, den Holzrahmen als Perkussionsfläche benutzt, das Brummen und Stöhnen und Juchzen eine eigen Klangspur formt, und er von Fragment zu Fragment stürmt, womöglich halbbewusst und rastlos nach einer geschlossenen Gestalt forscht, bei all diesen umeinanderfliegenden Bruchstücken: man sieht Jarrett förmlich vor sich bei seinem keiner ausgeklügelten Choreographie folgenden Tanz mit dem Flügel. Und das Publikum folgt Jarrett nicht deshalb mit spontanen Juchzern und Beifallsattacken (die vor allem die eigenen Körperspannung abführen), weil da nur Free Jazz-erfahrene Insider sitzen, sondern weil sich die ekstatische Verfassung des Artisten auf der Bühne sich 1:1 aufs Publikum überträgt … (aus einem beiläufig bei Bagles & Beans hingeschriebenen Text für die Milestones-Sendung im Deutschlandfunk am Freitagabend um 22.05 Uhr).
Rosato, warst du 1981 in München dabei? Immerhin waren wir beide 1976 beim Jazzfest Ost-West, und sahen das amerikanische Quartett bei einem seiner Schwanengesänge.