Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2015 4 Jul

Der Biber

von: Lajla Nizinski Filed under: Blog | TB | Comments off

Sie trug schwer an ihrem Rucksack, der Proviant für eine Woche enthielt. Die Supermarchés waren um diese Zeit alle geschlossen. Die Einzelhändler weilten im Urlaub, um sich für den Ansturm in der Hauptsaison zu wappnen.

Sie bog in den Waldweg ein, der hinunter zum Fluss führte. Jetzt waren es noch 500m bis zu ihrer Hütte. Auf diesem Weg waren ihr die grossen umgestürzten Tannen aufgefallen. Schwer lagen sie quer im Fluss. Auf ihrem Grundstück war alles in Ordnung. Immer hoffte sie, dass ihre beiden grossen Fichten, die sie Adam and Eve nannte, den Winter über stehen würden. Sie trat auf die Terrasse und schaute ruhig auf den Fluss. Die Wildenten zogen mit ihren Jungen stille Bahnen. Die Graureiher standen unbeweglich auf kleinen Felsen. Auf der anderen Seite des Flusses hatte man den Hang etwas freigelegt. Er wirkte nackt, stumm grüßte er herüber. Ihr Blick fiel auf die drei Buchen, die ihre Äste wie Tiere, die zur Tränke gehen, ins Wasser streckten. An der linken Buche bemerkte sie eine lichte Stelle. Sie ging hinunter zum Flussufer und besah sich den Fleck. Das hellrote Holz war durch Fremdeinwirkung zum Vorschein gekommen. Sie hatte dafür keine Erklärung. Sie fotografierte die 5ocm grosse Schabstelle und zeigte das Foto am nächsten Tag dem Frittenbesitzer im Dorf. „Castor, qui castor, on a beaucoup.“

Am Abend besah sie sich noch einmal die aufgerissene Stelle, las dann im Internet über Biberbau und, dass Biber Bäume zum Fällen bringen.

Sie fand das Tier auf dem Foto im Internet garnicht niedlich, auch an Naturschutz wollte sie nicht denken. Sie nagelte kleine Giftsäckchen an die abgenagte Stelle. Den Biberbau zerschlug sie mit ihrem Kayakpaddel. Nachts näherte sie sich lautlos der Buche, um eventuell einen Blick auf einen fetten Castor zu werfen.

Nichts geschah drei Tage lang. Die Granulatsäckchen blieben unangestastet. Von weiter unten in Höhe der Quelle hörte sie ein Sägegeräusch. Sie erkundigte sich, warum gleich zwei Bäume abgesägt würden. „Castor, il y a des castors ici, on a maintenant trop ici.“

Sie setzte sich wieder auf ihre Terrasse und starrte auf den dunkelgrünen Fluss, auf dem weissblühende Blumenteppiche schwammen.

Warum hier Gift fressen, wenn es so viele andere Bäume gibt? Biber galten lange Zeit für ausgestorben. Nun kamen sie zurück, weil die Menschen sie so niedlich fanden. Sie wollte sie jedoch vergiften und ihren Baum retten. Eigentum verpflichtet.

This entry was posted on Samstag, 4. Juli 2015 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

Sorry, the comment form is closed at this time.


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz