Manafonistas

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2015 20 Feb

Beruhigende Rituale beim Endspiel

von: Martina Weber Filed under: Blog | TB | 11 Comments

 

 
 
 

Befindet sich ein Planet auf seiner Flugbahn mutmaßlich Richtung Erde und möchten Sie mittels wissenschaftlich gesicherter Verfahren überprüfen, ob der Planet auf die Erde treffen oder an ihr vorbei sich bewegen wird, so empfiehlt es sich, ein Gerät nach der oben abgebildeten Art zu basteln und einzusetzen. Es ist ganz leicht und bereits Kinder im Grundschulalter sind dazu in der Lage. Sie brauchen nur eine gewisse Menge an Draht. Halten Sie Ihre Arme ausgestreckt in Richtung des Planeten. Formen Sie mittels des Drahtes den Umfang des Planeten, wie er Ihnen mit ausgestreckten Armen erscheint. Halten Sie nach einer angemessenen Zeit das geformte Drahtstück in der gleichen Haltung, also mit ausgestreckten Armen, Richtung des Planeten. Wenn der Planet nun größer ist als der von Ihnen mit Draht geformte Kreis, so nähert er sich der Erde an. Wurde er kleiner, bewegt er sich von der Erde weg. Beachten Sie aber, dass er sich dann auch wieder auf die Erde hin bewegen könnte.

 
Idee: Lars von Trier – Melancholia. Ein Film, dessen Schlussszene ich – und ich bin da sehr streng – tatsächlich als unvergesslich bezeichnen würde.

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11 Comments

  1. Uwe Meilchen:

    In meinem Urlaub habe ich mir versucht, „Nymph()maniac“ anzusehen — nun ja, die „Botschaft“ des Films erschloss sich mir nicht so ganz – und nach 20 Minuten habe ich den Film dann auch ausgeschaltet. Aber Du hast recht: seinerzeit hat Lars von Trier noch sehenswerte Filme gedreht: „Dancer In The Dark“ faellt mir da noch ein.

  2. Martina Weber:

    „Melancholia“ war der erste Film, den ich von Lars von Trier sah. Ich wusste nichts über den Film, der Titel klang für mich jedenfalls nicht nach grober Brutalität, ich habe den Film sogar live im Fernsehen gesehen, spät nachts, und er hat mich sofort reingezogen, auf eine seltsame fast irritierende Art. Das ist schon ein paar Wochen her. Ich hatte dann einiges darüber recherchiert, und wollte eigentlich mehr über den Film schreiben, aber irgendwie mochte ich den Jungen, wie er als Kind schon so etwas wissenschaftliches und doch kindliches an sich hatte, und wie er auf seine Art mit der existenziellen Bedrohnung umgegangen ist.

  3. Lajla nizinski:

    Dieses Foto hat was. Zuerst dachte ich an einen blauen Achat. Dann war’s eine Assoziation mit den fliegenden Gestalten auf Chagall Bildern. Oder sind es die Kinder, die das helle Ei vom Himmel runterholen?

  4. Martina Weber:

    Ich fotografiere ab und zu, während ich Filme sehe, exklusiv für Manafonistas. Lajla, was du hier auf dem Foto siehst, ist der Planet „Melancholia“, wie er sich auf die Erde hin bewegt. Der Draht ist das Gestell, das der Junge (oder der Vater des Jungen) gebastelt hat, um zu prüfen, ob sich der Planet „Melancholia“ der Erde nähert oder nicht. Weltuntergangsstimmung! Ich mag die Farben.

  5. Jan Reetze:

    Ich gestehe, mit Lars von Trier nichts anfangen zu können. Ich mag keine Dogmen, nicht mal im Film. Und „Dancer In The Dark“, auch wenn ich Björks Darstellung mochte, ist für meinen Geschmack eine völlig überzeichnete Kitschgeschichte, in der vorne und hinten nix stimmt, und die ich eher in der „Frau im Spiegel“ als im Arthouse-Kino suchen würde.

    – Das Foto ist trotzdem schön!

  6. Michael Engelbrecht:

    Zu Lars van Trier habe ich eine ambivalente Einstellung, zumal er öfter Zeug von sich gibt, dass man sich schon an den Kopf fasst. Ähnlich wie bei David Lynch und seiner unseligen Promotion für TM (einem kapitalistischen Ausbreitungssystem für naive und reiche Erlösungssucher).

    Dancer in the Dark ist aufwühlendes Kino, den Vergelch zu „Frau im Spiegel“ kann ich nicht nachvollziehen. Aber natürlich, wie er da mit Björk umgegangen sein soll, scheint ziemlich übel gewesen zu sein, und das wurde von mehreren Seiten bestätigt. Auch Casablanca ist ja beträchtlicher Kitsch, von einer bestimmten Warte betrachtet, und doch ein Meisterwerk, gebastelt aus einer Unzahl von Klischees.

    Man muss wohl in der richtigen Stimmung sein für seine Filme, Melancholia ist ja auch Beschreibung einer Depression und kann in mittelprächtigen Tagen schon mal mächtig runterziehen. Dessen ungeachtet zeigt Herr von Trier oft Bilder, Sequenzen wie kein anderer, und nutzt das Kino immer wieder auch, um so etwas wie „Erschütterung“ auszulösen.

  7. Jan Reetze:

    Dein letzter Halbsatz, Michael, ist wahrscheinlich der Schluessel. Wenn Dich „Dancer In The Dark“ aufwuehlt, dann werde ich mich hueten, das fuer falsch oder richtig zu erklaeren. Mich fuer meinen Teil wuerde auch gar nicht stoeren, wenn mich der Film aufgewuehlt haette. Lassen wir mal die Wackelkamera, das schlechte Licht und dergleichen Albernheiten weg. Was mich stoert, ist, dass der Film um jeden Preis aufwuehlen *will*, und fuer dieses Ziel setzt er dieselben billigen Emotionalisierungstechniken ein, die auch die (frei erfundenen) Beziehungsdramen irgendwelcher C-Promis in der „Frau im Spiegel“ verwendet. Oder der Montagsfilm im Ersten. Nur kommen die nicht mit einem grossen Kunstanspruch daher, sondern sind einfach ehrliche, dumme Traenendruesendruecker, und das ist mir dann schon fast lieber. (Und „Casablanca“ ist mir trotz seiner Kitschansaetze schon rein handwerklich viel zu gut gearbeitet, als dass ich ihn in solche Kategorien einordnen wuerde. Das verhindern schon das praezise Timing und die geschliffenen Dialoge, an denen keine Silbe zu viel ist.)

  8. Michael Engelbrecht:

    Ich sehe bei Herrn von Trier Bilder, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Er erweitert die Bildersprache des Kinos, in meinen Augen. Er war nie sklavisch den Dogma-Regeln verpflichtet, und doch haben die frühen Dogma-Filme in Dänemark Meisterliches in recht kurzer Zeit abgeliefert, nicht nur „Das Fest“. Ich sehe da keine TränendrüserdrückerTricks, wie in solchen Blockbustern wie Titanic und ähnlichem Stoff. Handwerklich ist Trier nun ebenfalls ein grossartiger Regisseur, sonst würden ja so viele Bildsequenzen sich nicht so tief ins Unterbewusste einbrennen (meine bescheidene Erfahrung) – und nur die eigene Erfahrung zählt bei sowas, nicht der allgemeine Kanonisierungsstatus.

    „Some reasonable people will admire Lars von Trier’s „Dancer in the Dark,“ and other reasonable people will despise it. An excellent case can be made for both positions. (…) „Dancer in the Dark“ is not in „good taste,“ is not „plausible“ or, for many people, „entertaining.“ But it smashes down the walls of habit that surround so many movies. It returns to the wellsprings. It is a bold, reckless gesture. And since Bjork has announced that she will never make another movie, it is a good thing she sings.“ (Roger Ebert)

  9. Michael Engelbrecht:

    P.S. ich habe Melancholia einmal nach 30 Minuten abgebrochen, weil ich nicht in der passenden Stimmung war für diese gesammelten Dunkelheiten. Ein halbes Jahr später sah ich ihn wieder, und mir gingen nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren auf.

  10. Martina Weber:

    Ich hatte die erste Viertelstunde verpasst und fand mich dann plötzlich auf einer seltsamen Hochzeitsfeier, mit vielen Gästen, vielen Räumen und Treppen, und ich konnte beobachten, wie allmählich jede Höflichkeit abhanden kam, wie alles zerfaserte und innerhalb weniger Stunden Lebensentwürfe zerbrachen. Ohne falsches Licht. Aber auch, wie zwei sehr verschiedene Schwestern doch zusammenhielten. Und wie eine Bedrohung sich auswirkt. Ich hatte nicht das Gefühl, dass der Film mich aufwühlen will. Mich hat er auch nicht runtergezogen. Ich wollte einfach dabeibleiben. Ich fand das Ende sogar irgendwie, hm, beruhigend?

    Später habe ich die zehn Dogmaregeln recherchiert und hatte überlegt, etwas unter der Überschrift „Mehrfacher Bruch eines Keuschheitsgelübtes (Vow of Chastity)“ zu schreiben. Lars von Trier hat seinen Namen im Vor- und / oder Abspann genannt, es gab herbeigeschaffte Requisiten, Musik wurde nachträglich eingespielt, es gab definitiv Spezialeffekte (richtig gute!), der Film spielt nicht im hier und jetzt etc.

  11. Jan Reetze:

    Wenn Lars von Trier *gar* nichts könnte oder Filme machen würde, die allen gefallen sollen, dann würden wir uns hier nicht über sie unterhalten. Das sehe ich sehr wohl. Aber offenkundig benötigen seine Filme bestimmte Resonanzfelder beim Zuschauer, um zu funktionieren. Vielleicht habe ich da einfach die falschen. Ich muss ehrlicherweise auch zugeben, dass ich aus der Hüfte gar nicht mehr sagen könnte, wann mich das letztemal ein Film wirklich aufgewühlt oder überwältigt hat. Seit „Chinatown“ ist nicht mehr viel passiert …


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