Gerade noch rechtzeitig führte mich mein Weg nach München, denn dort lief bis vor 10 Tagen eine Ausstellung im Deutschen Theatermuseum zu Frank Wedekind. Sein 150jähriger Geburtstag im letzten Sommer war der Anlass für die Austellungsmacher, diese wirklich interessante Werkschau auf den Weg zu bringen. Nun hätte mich Wedekind nicht unbedingt nach München gelockt, wusste ich doch außer seinem Namen nicht viel von ihm. Dann allerdings wurde “Frühlings Erwachen“, wohl sein bekanntestes Drama, Pflichtlektüre für die Schüler des Berufskollegs in Baden-Württemberg und schon war mein Interesse mehr als geweckt.
Die Ausstellungsbesucher lernten Wedekind, den Zirkusliebhaber, den Werbetexter (für die Firma Maggi), den Provokateur (führte zeitweilig zur Gefängnisstrafe), den Dramatiker, den Schauspieler und Kabarretisten kennen. In einem der Ausstellungsräume konnte man sich bequem niederlassen, Kopfhörer lagen bereit und luden ein zum Hören der Musik der Gruppe The Tiger Lillies. Wow, mir ganz unbekannte Klänge, habe nie etwas von dieser Gruppe gehört, schon gar nicht den Titel „Mirrors“ aus der CD Lulu – A Murder Ballad.
Also, der Titel hat mein Interesse geweckt und nach kurzer Recherche war klar, da hab´ ich bisher etwas verpasst. Die britische Gruppe, bestehend aus Martyn Jacques (Vocals, Accordion), Adrian Stout (Double Bass, Musical Saw, Musica Saw, Vocals) und Mike Pickering (Drums and Percussion), gibt es schon viele Jahre und auch die Liste der Veröffentlichungen ist lang.
Ein Blick auf ihre Website lohnt. In der Regel veröffentlicht die Gruppe Konzeptalben, beispielsweise: Woyzeck, Hamlet, The Rime of Ancient Marinier, The Gorey End (mit dem Kronos Quartet), A Dream Turns Sour (2014) und eben auch Lulu – A Murder Ballet.
Zu letzter Veröffentlichung schreibt The Guardian am 3.Febr. 2014:
„Accompanying himself on accordion, piano and ukulele, Jacques combines extracts from Wedekind’s ballad with his own grisly inventions, including a morbid dialogue with Jack the Ripper, Lulu’s murderer, delivered in a mix of unearthly falsetto and a growling form of sprechstimme (or speech-singing) derived from the works of Berg and Kurt Weill.“
Die Musik ist verspielt und schräg- mein einziger Kritikpunkt: nach dem Hören mehrerer Platten stellt sich kaum mehr Überraschung ein, es wiederholt sich doch vieles.
Anyway, das Theater Dortmund kündigt vor dem dortigen Auftritt der Gruppe im Sommer 2014 an: „Ihre musikalische Bandbreite reicht von herzzerreißenden Balladen bis zu ekstatischen Klezmer-Polka Klängen – ein düsterer Mix aus Gypsy Music, radikaler Oper und postmodernem Zirkus.“ Auf YouTube kann man Kostproben der Gruppe hören und sehen.