Natürlich steht London auf meinen Reiseplänen des Jahres. Indisch essen mit Bob, einmal Arsenal spielen sehen, am liebsten gegen die „Saints“, Brian Enos geplante Installation mit Kompositionen für massiv beschädigte Lautsprecher, im Hyde Park auf einem Liegestuhl liegen, und am Ufer der Themse ein Interview mit Marianne Faithfull führen über die kleinen Lücken in ihrer Lebensgeschichte – natürlich kann es ganz anders kommen.
Im Überschwang meiner Londonpläne bestellte ich mir gleich mal zur Jahreswende einen Reiseführer, der in einem Jahresrückblick besonders angepriesen wurde. „Nairn’s London“. Sah schön altmodisch aus, das Cover, und wurde angepriesen als „intensely subjective meditation on a city and its buildings“. Das gefiel mir, und erst, als ich das Buch in Händen hielt, bemerkte ich: ups, es erschien ein Jahr vor Sgt Peppers Lonely Hearts Club Band, anno 1966. Ein Zeitreisebuch. Ich schlug einen Ort nach, an dem ich vor kurzem war, nahe St.Pancras Station.
„Right again, and you’re in Midland Road. You might as well be round the backside of New Street at Birmingham or London Road at Leicester. It is one of the most astonishing transformations in London, a jump of a hundred miles in a few yards, achieved with the unemphatic red brick and hypnotic arcading at the Goods Station. London for a moment – and just for a moment – seems fussy und flurried, using two words, where one will do.“
Wenn Gedächtnis und Wunschdenken mir keinen Streich spielen, erinnere ich mich an die „hypnotischen Arkaden“ von Goods Station. Aber wieviele Orte werden sich so gewandelt haben, dass man sie nur noch mit der Phantasie von Nairn erleben kann? Gewiss, manches widersteht dem reissenden Zahn der Zeit: „The whole of this place at the back of St. Pancras is incredibly moving: tunnels, perspectives, trains on the skyline, roads going all ways. If you get nothing from it at first, stay there until something happens: it is really worth the effort.“ Like listening to Brian Eno’s „Neroli“ while entering Goods Station.