Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2014 20 Sep.

Maria Laurette Friis / Kresten Osgood / Dodebum

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Comments off

 

– Michael, was war das enttäuschendste Konzert, das du in diesem Jahr gesehen hast?

 

– Maria Laurette Friis / Kresten Osgood / Dodebum: das war beim 10. Punktfestival in Kristiansand und fing recht spannend an. Frei improvisierte Musik. Wie ein Abenteuerspielplatz für Erwachsene. Interessante Sounds, kleine Überraschungen, aber dieser Überraschungseffekt nutzte sich schnell ab.

 

– Wie das?

 

– Die Musik drehte sich endlos im Kreise, ohne dass eine ihrer Wiederholungen spannend war. Das Publikum war sehr geduldig, und ich weiss, dass Langeweile mitunter spezielle Bewusstseinszustände erzeugt, wenn man sie lang genug aushält. Da kann auf einmal ungeahnte Energie durch dich strömen, enorme Wachheit einsetzen, aber dieser pseudofreisinnige Jazz war total selbstverliebt und richtete keine Öffnungen ein, keine breaks – ich fürchte, die Musikanten waren ganz beeindruckt von ihrem Tun. Ich denke, diese Erfahrungen hatten sie relativ exklusiv.

 

– Kanntest du die Band?

 

– Nein, nur eine ganz freie, feine Duoplatte von Paul Bley und Kresten Osgood. Mit den Musikern sass ich Stunden vorher im Foyer. Da erzählte mir Kresten, meiner bescheidenenen Meinung nach, ziemlichen Blödsinn über die Rolle von Musikjournalisten. Ich habe gleich Einspruch eingelegt, es war so schwarzweisses, krudes Zeug, dass ich mich nicht mehr genau erinnern kann. Ich bin aber sicher, dass dies meine Wahrnehmng des Konzerts in keiner Weise beeinflusst hat.

 

– Bist du die ganze Zeit über dageblieben?

 

– Nein, zum Glück nicht, nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich rüber ins Hotel gegangen und habe mich geduscht. Als ich wieder kam, haben die immer noch gespielt, das gleiche Zeug. Ich dachte, ich bin in „Täglich grüsst das Murmeltier“. Später kam mir ein Freund entgegen und sagte, dass sei wohl die Band gewesen, die kein Ende fand. Ein anderer Kollege war regelrecht erbost, er hat einen viel konservativeren Geschmack als ich, aber in diesem Fall konnte ich nur mit ihm übereinstimmen. Angeblich sei der Vorhang zugezogen worden, während die Band noch spielte! Ich nehme mal zu ihren Gunsten an, sie hatten einen schwachen Tag. Allerdings muss das ein sehr schwacher gewesen sein. Wer sowas positiv umdeutet, nennt das gerne „harte Kost“. Aber das war einfach nur schlechte Musik.

 

– Oder ist „hard core free improv“ nichts für dich?

 

– Das hast du aber schön gesagt. Nein, es gibt wunderbar wilde Sachen auf diesem weiten Feld, das du „hard core free improv“ nennst. Dieses Raster sind eh immer zu grob. Aber zwei Beispiele: ich habe jüngst die neuen bzw. bald erscheinenden Alben von Jokleba (Outland, bei ECM) und  Sidsel Endresen / Stian Westerhus (bei Rune Grammofon) gehört. So geht „Grosse Radikale Kunst“. Kunst, die Spiegel ist, Hammer, und Fenster.

 

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