In den Neunzigern wäre ich fast nach Cicely, Alaska, gezogen, und hätte den Radiojob von Chris übernommen, nach dem letzten Dreh der letzten Staffel von „Ausgerechnet Alaska“. Denn, auch wenn es eine TV-Serie war, ist der Ort real, der lokale Radiosender intakt. Ich träume zwar immer noch von einem Sender mit Blick auf das offene Meer (Kalifornien, Dunwich Beach, Langeoog, egal), aber Arve Henriksen auflegen, und draussen zwei Elche auf der Strasse sehen, hätte mich auch glücklich gemacht. Es kam anders. Chris spielte nicht nur Grateful Dead, er legte auch Brian Eno und John Cale auf. Als die Serie aus dem Fernsehen verschwand, und DVDs erstellt wurden, passierte etwas Trauriges. Die „music companies“ verlangten extrem hohe Summen für viele der von Chris ausgewählten Songs, und so wurde der Soundtrack der kompletten Serie kastriert. Ein paar Highlights blieben erhalten, aber etliche, die Stories bereichernde Songs, mussten durch Allerweltsgedudel ersetzt werden. So ist auch, meines Wissens, Chris‘ Abrechnnung mit Spyro Gyra so wenig für die Nachwelt dokumentiert, wie der Morgen, als er Velvet Underground in Cicely spielte. Es war ein eiskalter Dezembertag, und es herrschte Beerdigungsstimmung. Die Elche bewegten sich, als hätten sie psychedelische Pilze gefuttert, und Moe Tuckers Trommeln besorgten den Rest. Die schöne Buschpilotin sass in der Bar und hatte den Blues. Jahrzehnte später mutierte sie, im wahren Leben, zu einer glühenden rechten Republikanerin. So werden Träume geschreddert.
2014 11 Jul
Grateful Dead in Cicely, Alaska
von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Comments off