Mit „A Thousand Thoughts“ legt das 1973 gegruendete KRONOS QUARTET dieser Tage eine interessante Zusammenstellung aus bereits veroeffentlichten Alben vor. Versammelt sind auf dieser Compilation Zusammenarbeiten mit u.a.: Astor Piazolla (selbstverstaendlich mit einem Tango!), Le Mystère des Voix Bulgares, die ein Stueck von Terry Riley interpretieren sowie die bekannte irische Ballade „Danny Boy“. Dazu Musik aus Fernost und Afrika – und auch Blues, „Dark Was The Night, Cold Was The Ground“ von Blind Willie Johnson zum Beispiel.
Natuerlich: von einem klassischen Streichquartett interpretierte Musik weist aufgrund der Instrumentierung eine gewisse Strenge auf; die Zusammenarbeiten auf „A Thousand Thoughts“ zeigen aber, dass diese dem Klangbild, dass wir mit Violinen, Cello und Viola verbinden durchaus neue, interessante Ausdrucksmoeglichkeiten und Klangfarben hinzufuegen koennen.
13 Comments
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Michael Engelbrecht:
Die Kronos Musiker haben gerne auch andere Instrumente gespielt oder spielen lassen, von Gästen. Insofern wurde Streicherstrenge meist spielend ausgehebelt.
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Henning:
Also, dass die Kronosleute irgendwie irgendwie extraordinaire seien hat sich mir weder von Live-Auftritten noch von ihren Aufnahmen her vermittelt. Es gibt im Streicherbereich viel überzeugendere, eindrucksvollere Ensembles. Eins der ersten war das Balanescu Quartett! Kronos hat sich immer sehr geschickt präsentiert (mit gutem Bühnenlicht a la Robert Wilson) und gut verkauft.
„Dark Was The Ground, Cold Was The Ground“ im Streichquartett zu spielen halte ich für einen eklatanten Missgriff. Künstlerische Trittbrettfahrerei.
Spannend sind dagegen Ähnlichkeiten zwischen bestimmten Bluessachen und bestimmten Barock- und Renaissancesachen. Insbesondere Giovanni Girolami Kapsberger! Ich habe mehrere Radiosendungen gemacht, in denen diese Musik (u.a. Skip James) direkt gegen-/zueinander gestellt wird. Ich habe die ON DEMAND Links hier in Ljubljana nicht bei der Hand, aber wen es interessiert, dem/der schicke ich sie später zu.
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Michael Engelbrecht:
Sie sind für mich nicht nur irgenwie extraordinaire, sondern ganz und gar. Ob die Imagepflege nun besonders clever war und dadurch neue Zeilgruppen erobert hat, egal.
Die meisten ihrer sog. weltoffenenen Abenteuereien kamen ohne den Kitsch der üblichen Weltmusikduftstoffe aus, und waren teilweise breathtaking.
Und wenn „dark was the ground…“ Trittbrettfahrerei war, dann war das bei den Balanescus genauso, als sie Das Model vin Kraftwerk coverten:)
Sie haben durch ihren Bekanntheistgrad auch geholfen, radikalere Komponisten der USA mit düsterster Musik bekannt zu machen. Black Angels? Black Souls? Liegt mir auf der Zunge…
Eines ihrer erfolgreichsten Alben war wohl Pieces of Africa, immer noch überzeugend. Aber was ich wirklich nicht wusste, es gibt sie schon, seit meinem Abiturjahrgang, seit 1973???!!!! Tja, erstaunlich.
P.S. Auf einem langen Album (Doppelalbum?) haben sie ein mehrteiliges Stück von Terry Riley interpretiert, ein eher unbekanntes, das Riley wohl auch für Streichquartett komponiert hatte (ich habe das Opus verloren), and i was blown away.
Thousand Thoughts wäre auch ein guter Name für unseren Blog gewesen:)
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Henning:
Kevin Volans, ja! Keiner redet mehr drüber. Dass sie eine öffnende Funktion gehabt haben, ist wohl unbestreitbar. Ich erinnere mich noch gut an die ersten Konzerte, wo sie ‚Purzle Haze‘ spielten. In der damaligen Landschaft war das als solches bemerkenswert. Interessante Repertoirewahl macht sie aber noch nicht zu einem grossen String-Ensemble, das musikalisch weiterbringt. Dazu gäb’s Genaueres zu sagen. Es wird Zeit für eine kleine String-Serie. Saitenhiebe. Saitenliebe. Saitenzeit. Demnächst …
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Henning:
‚Purple Haze‘ natürlich. Aber der Titel ‚Purcell Haze‘ wäre ja auch was. Muss noch kommen!
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Michael Engelbrecht:
Mich hat das musikalisch weitergebracht, Henning. Aber nicht Pörpel Hays. War nie mein Ding, ich fand schon das Original doof. Die Mexikoscheiibe von Kronos ist fantastisch. So brilliant wie Kulu Se Mama von Coltrane. Easy parallels!
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Henning:
Lilahasen hin oder her, darum ging’s ja eben nicht. Kronos hat eben Repertoire gespielt wie andere String Quartetts auch. Was also unterscheidet sie: die Auswahl, Sequenzierung, Aufmachung, Nimbus? Oder das Spiel?
Die Stücke, die Kronos brachte, wurden ja auch von anderen String Quartetten gespielt. Spielt(e) Kronos besser als der Rest? Nein, keineswegs (eher im Gegenteil). Also doch Aufmachung? -
Jochen:
Was Kronos vielleicht von anderen String4tetten unterscheidet:
ein unterkühlt konstruktivistischer Gestus und Klang. -
Henning:
Das ist sicher was dran, Jochen! Und kommen wir der Sache schon näher. Es ist mit Sicherheit eine spezifische Performanzqualität, die mit der Aufmachung einhergeht/-ging. Und das hatte eben alles
Effekte. Zu der spezifischen Performanzqualität gehört aber zb auch eine rhythmische Beschränkung, die zB das Balanescu 4 nicht hat(te). Letztendlich hat Kronos immer im Stile des klassischen repertoiregerichteten Vorgehens gearbeitet. Bemerkenswert ist auch das Ausscheiden der Cellistin, die sich danach vor allem der Improvisation zuwandte! -
Michael Engelbrecht:
Improvisation ist keine heilige Kuh, Freunde des Nordens. Hohe Originalität in der Auswahl, Repertoire abseits der alten Schulen, und das Kühle, Konstruierende auch, das aber nie die Passion aushebelte. Und die Grenzen von E und U gaben sie der wohlverdienten Lächerlichkeit Preis. Oder war Thelonious U-Musik, bis Kronos daraus E-Musik machte?! Eben!
Grade der Virtuosität sind ja nun wirklich kein trennscharfes Kriterium mehr für musikalische Klasse. In den Reisen von Kronos (immer auch Zeitreisen:)) fühlte ich mich allerbestens.
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Markus Muench:
Wieso soll das Balanescu besser spielen als Kronos?
Wieso hat Kronos nur Repertoire gespielt wie andere auch?
und Jean Jeanrenaud ist nicht ausgestiegen, weil sie nur noch improvisieren wollte ;-)Das Kronos Quartet hat wohl soviel Werke uraufgeführt wie kein anderes Q. vorher. Die Innovation + Qualität ihres Spiels ist unbestreitbar und sucht ihresgleichen. Das Einzige, was ich kritisiere, ist die zu große Auseinandersetzung mit Worldmusik in den letzten 15 Jahren. In meiner gesamten Studienzeit waren sie meine Heros …
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Markus Muench:
Morton Feldman hat sein 2. Streichquartett für Kronos geschrieben. Es hat 15 Jahre gedauert bis sich andere Quartette an dieses 4 Stunden-Opus wagten. Über die Aufführung in Darmstadt 1984 wurde jahrelang gesprochen…
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Markus Muench:
Interesting interview with 1st violinist David Harrington about the collaboration with Morton Feldman:
http://web.archive.org/web/20030819092138/http:/arts.endow.gov/artforms/Music/Kronos.html