Sie leben noch. Aber das Paar schaut reichlich verwittert drein. Illusionen sind verflogen. Der Mann nimmt den Zug vom Potsdamer Platz, Bilder eines alten Berlins mischen sich mit dem Wohnzimmer voller Schnickschnack und Erinnerungsstücke. Die Szenerie wirkt maskenhaft, die Zeit bröckelnder Fassaden. Wäre der Raum nicht so vollgestopft, man könnte an Becketts „Endspiel“ denken. Wie dem verbleibenden Leben noch Gutes abtrotzen: alle Emphase ist aus Bowies Stimme gewichen, und dennoch beschwört er mit seltsamer Hingabe jeden Funken Leben. Die Feier des Lebens als pure Melancholie, das ist grosse Kunst. Aber vielleicht ist das nur eine seiner üblichen Maskeraden, und auf den anderen Songs seines neuen, Im März erscheinenden Albums, begegnen wir vielleicht auch wieder dem Dandy, der Diva und dem Tanzbär. Wenn nicht, könnte es ein grosses Spätwerk werden.
2013 9 Jan
Die Gesichter, die noch nicht verfallen sind, oder David Bowie, 66 Jahre alt
von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags: David Bowie | Comments off