Roxy Music, das war schon eine außergewöhnliche Band und 1972 ihr Debüt-Album in den Händen zu haben, und das auch noch in einem verschlafenem Nest im Harz, das war ein echter Kracher. Diese Musik war neu, begeisternd, aufrüttelnd, einfach umwerfend.
Nimmt man das erste Album der Band zur Hand, öffnet es, springen einem förmlich die Porträts der Musiker an. Und was für Typen: Brian Eno in Tigerbluse, meterlange Haare; Phil Manzanera in schwarzer Lederjacke, riesiger Karobrille und weißer Gitarre; Andrew Mackay mit smart zurückgelegten Haaren, die Finger voller Klunker; Saxophon im Arm, verträumt dreinschauend; Paul Thompson, ziemlich normal in die Kamera blickend, einzig auffällig: die Tigerköpfe an den Schultern; Graham Simpson zeigt sich in einem spielerisch bestickten Pullover und nun der Höhepunkt: der Meister – Bryan Ferry– , er präsentiert sich mit schmerzverzerrtem Gesicht, Tigerjacke, schwarzem T-shirt, Goldkettchen und wahnsinnig auftupierten Haaren. Die Musik der Band, ihr Äußeres, das hatte was, das ging in Richtung Kultband. In Deutschland zunächst ein Geheimtipp, hatte die Gruppe mit ihrer ersten Platte in GB bereits einen großen Erfolg (Platz 10 der LP-Hitparade). Im gleichen Jahr nahm man noch eine Single auf, Virginia Plain, und war damit auch in Deutschland erfolgreich.
1973 kamen dann gleich zwei LPs von Roxy Music heraus, zunächst For Your Pleasure, klar, dass ich beide kaufen musste (woher 42,00 DM nehmen???). Auch hier: Das Plattencover vollkommen verrückt gestaltet, Brian Eno im Wahnsinnskostüm, Bryan Ferry in goldenen Schuhen…. Und erst die Musik! Was da im Februar 1973 in den AIR Studios in London aufgenommen wurde, haut mich ja heute noch vom Hocker: Do the Strand, The Bogus Man, For Your Pleasure.… Die Bandzusammensetzung nahezu unverändert, gerade einmal der Mann am Bass wurde ausgetauscht (was von Platte zu Platte gute Sitte werden sollte), jetzt spielt John Porter die Bassgitarre.
Und dann kam STRANDED heraus, Brian Eno hatte die Band verlassen, ebenso der Bassist, aber auch dieses dritte Album mit Titeln wie Street Life, Psalm oder Sunset zog seine HörerInnen magisch an. Mit den beiden im Jahre 1975 erschienenen Platten Siren und dem Live-Album Viva! Roxy Music schloss ich meine kleine Roxy-Music-Sammlung ab, spätere Platten interessierten mich weniger, auch die Solokarriere von Bryan Ferry, die ja durchaus erfolgreich war (im Jahre 1981 erreichte er mit Jealous Guy in GB sogar ein Platz 1 in der BBC Hitparade), beobachtete ich, wenn überhaupt, nur am Rande. Erst als Michael Engelbrecht hier auf die neue Platte von The Bryan Ferry Orchestra aufmerksam gemacht hatte, wurde ich neugierig. Auf www.bryanferry.com kann man zwei Kostproben aus dem am 26.11.2012 erscheinendem Album hören. Wie es scheint, bringt Ferry hier Jazzversionen seiner größten Hits. Unter eben genannter Seite findet man alle Orginaltitel, die Ferry mit seinem Orchestra neu aufgenommen hat und kann sie sich in voller Länge und guter Qualität anhören: Do The Strand, Love Is The Drug, Don’t Stop The Dance, Just Like You, Avalon, The Bogus Man, Slave To Love, This Is Tomorrow, The Only Face, I Thought, Reason Or Rhyme, Virginia Plain, This Island Earth.
Ganz gleich, wie die Jazzplatte von Ferry letztlich ausfallen wird – ich möchte mir nach dem Hören von zwei Stücken aus dieser CD wirklich noch kein Urteil erlauben – diese alten Titel einmal wieder zu hören, sei es auf Platte oder auf www.bryanferry.com, das lohnt!
2012 8 Nov