Gestern, es war gerade dunkel geworden, hatte ich große Lust, mich in einen Song des neuen Sylvian-Werkes zu vertiefen, der mich nach dem ersten und zweiten Hören im Stillen verfolgte – ich dachte an jenes Lied wieder und wieder, das ich weder nachsingen konnte noch textlich in Erinnerung hatte: THE LAST DAYS OF DECEMBER. Und beim Wiederhören fielen die berühmten Schuppen von den Ohren. Diese kleine Melodie, die an zwei Stellen auftaucht, wie einem schwebend leichten Pop-Song (Sylvian doppelt seine Stimme) entsprungen! Nach kurzer Zeit ist der schöne Spuk der federleichten Schwingung vorbei. Es ist nicht weiter erwähnenswert, daß ich hier Pop-Qualitäten aufgespürt hate, sondern daß sich auf einmal dieses ganze Lied in seiner bizarren Wunderlichkeit erschloss: Begriffe wie „Avantgarde“, „strenge Kost“ oder „Musik für die Wittener Tage der Kammermusik“ verschwanden. Und plötzlich (etwas später, kurz vorm Einschlafen in meinem cloud 22-Bett) tauchte ein anderes, das zweite Lied des Albums, vor dem inneren Ohr auf: ein Domino-Effekt permanent zu entdeckender Brillianz.
2011 28 Mai
The Last Days of December
von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags: Sylvian | 1 Comment
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Jochen Siemer:
Eigentlich wie eine Naturerscheinung: etwas ereignet sich – und schon ist es gewesen. Man kann niemals ein und denselben Sonnenuntergang wiederholen. Alles einmal, aber nur einmal. „Das unverfügbare Wahrheitsereignis“, so nannte es der Philosoph Alain Badiou.