Vom Stocken und Fließen der Lieder, so ließe sich das neue Album am besten beschreiben . TKOL setzt unbeirrbar den Weg fort, den KID A erstmalig formulierte: durchtriebene Songs mit vorzugsweise ungerader Rhythmik, sperrigem elektronischem Untergrund, undefinierbaren Gefühlslagen. Radiohead weigern sich, das Stadium der Gediegenheit zu erlangen. Die diversen Mitglieder gehen gerne mal solo: J. Greenwood (dessen akustische Gitarrenklänge, zusammen mit alten Can- Stücken, derzeit den Soundtrack einer Murakami-Verfilmung anreichern) und P. Selway (dessen letztjähriges Soloalabum mehr Nick Drake als Radiohead enthielt, und zu verzaubern wusste) finden aber immer wieder zurück zu Radiohead. Gut so.
Nach wie vor mit dabei ist der Produzent Nigel Godrich (der, das sei mal nebenbei bemerkt, das beste Paul McCartney-Album der letzten 20 Jahre produziert hat). Jetzt bringt er das Kunststück fertig, das vielleicht zugänglichste Album der Band mit so viel Finesse auszustatten, dass man beim x-ten Hören Sounds und Schichten entdeckt, die beim ersten Mal gewiss entgangen sind. Wie geschickt etwa im Eröffnungssong Bloom eine Jazzbläsereinlage (ein Hauch von Fela Kuti) tief gelegt wird, ist exzellent. Nigel Godrich ist ein Meister im Verbergen des Offensichtlichen: nichts erschöpft sich in oberflächlichen Effekten.
– I would shrink and I would disappear / I would slip into the groove / And cut me up. Thom Yorkes Stimme bleibt eine Bereicherung: mal treibt er die Selbstauflösung des Sängers voran, mit diversen Arten des Seufzens und und Summens, mal thront seine Stimme fast majestätisch über allemal unsicherem Boden: auch das ist Kunst, alles Pathos, kaum dass es sich andeutet, ins Leere laufen zu lassen, oder zumindest jedem Überschwang das triumphierende Moment zu entziehen.
Die Natur (als Unheimlichkeitsort, aber auch als Zuflucht) spielt eine Hauptrolle, ebenso das durch weite Räume driftende Ich. – There is an empty space inside my heart, / Where the weeds take root (Lotus Flower). Die Geographie ist unklar, auch die Emotion des Sängers: ein irritierendes, zugleich faszinierendes Pendeln zwischen Urängsten und Sehnsuchtsstoffen. Die karge Lyrik bereichert widerspenstige Lieder: – Good morning Mr. Magpie / How are we today? / Nou you have stolen all the magic / Took my melody, heisst es einmal. Und es ist die Aufgabe des Hörers, diese Magie (in all ihren schönen Verstecken) neu ausfindig zu machen.