Man soll die Früchte ernten, bevor sie fallen – das gilt auch für alles, was so unter den Nägeln brennt, bevor dem dann der innere Zensor mittels Schreibhemmung den Garaus macht. Gestern also kurz vorm Zubettgehen noch in eine Talkshow getappt: da sitzt ein junger Mann, über dessen Testosteronspiegel man sich keine Sorgen machen muss, in Papageien-buntem Anzug in seinen besten Jahren und gibt redundant zum Besten, was er meint: dass Wissen wichtig sei für Bildung und man deshalb Fakten gründlich recherchieren müsse. Die ehrenwerte Elke Heidenreich auf dem Platz neben ihm wirft ein, Bildung sei nicht identisch mit Fakten-Wissen, es gehe auch um das eigenständige Verknüpfen von Zusammenhängen. Unsere schillernde, mit Teflon bespickte Testosteronfigur versteht nicht, redet unbehelligt weiter. So geht kein Dialog, denke ich, sondern rabiate Selbstdarstellung. Frau Heidenreich schaut schweigend-pikiert ins Leere und ich schaue mit ihr. Die ebenso anwesende Milliardärsgattin und Schauspielerin Veronica Ferres legt bekräftigend nach und wirft das Stichwort „Herzensbildung“ in die illustre Runde. Mister Teflon scheint jeden ergänzenden Einwand als Angriff zu sehen (Pawlowscher Reflex), hat wohl auch kein Gespür für die Lebenserfahrung älterer Generationen und unsereins schaltet fluchtartig das Gerät ab. Ein kurzer Moment nur, in dem viel passiert ist und etwas unangenehm aufflackerte: mittlerweile darin geschult, sich blutspritzende Tarantino-Filme oder Not-Operationen von Dr. House serienweise anzuschauen (hier wirkt mein Teflon), so wirken doch solche Peinlichkeiten auf mich unverdaulich, fast wie Gewalt.