Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2023 1 Sep.

Let it wash all over you

von: Alex Filed under: Blog,Gute Musik,shoegazing | TB | Tags: , | 7 Comments

 

 
 

Ich habe vorhin zum ersten Mal in diesem Jahr ein Album von Anfang bis Ende durchgehört. Slowdive’s everything is alive, heute erschienen. Allerdings habe ich etwas geschummelt. Ich absolvierte mein 27 Minuten-Programm auf dem Ergometer, konnte also gar keinen Track skippen. Die restlichen 14 Minuten des Albums hörte ich dann hauptsächlich in der Dusche. Die Platte zieht einen rein, Shoegazing at its best. Mit leicht melancholischem Unterstrom, ein ruhiger Fluss, die Computertöne sehr dezent eingesetzt, aber natürlich gibt es auch Gitarren. In alife höre ich den Gitarrenklang von Robert Fripp. Viele schöne, oft süßliche Melodien, there is a harmony in my head. Filler habe ich keinen gehört.

Ein organischer Soundteppich, auf dem man wegschweben möchte aus dieser völlig durchgeknallten Welt. Eskapismus ist zwar auch keine Lösung, aber was bleibt einem im Moment anderes übrig. Neil Halstead, Rachel Goswell und die anderen Mitglieder der Band haben ihr bisher reifstes und wärmstes Album vorgelegt. Ich höre es gerade im 2. Durchlauf und es haut mich immer noch ziemlich um. Eins ist klar, scheint mir. Die Halbwertzeit dürfte recht kurz sein: Every further listen will yield diminishing returns. Wir bewegen uns hier auf dem schmalen Grat zwischen Schönheit und Kitsch. Ich glaube, man sollte es jetzt hören und nicht zu lange damit warten. Anspieltipps: das meditativ-wehmütige prayer remembered, das verspielte alife, das poppige kisses, das lockere skin in the game und das überirdische chained to a cloud.

 

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7 Comments

  1. Lajla:

    Ich kann mir gut vorstellen, dass du Apnoe Taucher bist …

  2. Alex:

    Ein paar Jahre nachdem Le grand bleu gedreht worden war, war ich auf Amorgos. Getaucht bin ich nicht. Atemberaubend war es trotzdem.

  3. Martina Weber:

    Die Kombination von Musikhören und Bewegung/Sport mag ich auch. Vor allem beim Joggen hilft es dabei, gar nicht erst mit dem Nachdenken anzufangen und einfach weiterzulaufen. Und doch gibt es dabei Stellen in der Musik, die ich gern zurückgespult hätte. Und: Musik, bei der ich einfach nur stillsitzen und lauschen möchte. Mich gar nicht bewegen könnte.

  4. Alex:

    Ich habe mich geirrt. Je öfter man das Album hört, desto besser wird es, desto mehr öffnet sich eine wunderschöne Blume und zeigt ihre Blüten in all ihrer Pracht. Der Gitarrenklang ist ein absolutes Wunder an Luzidität. Auf andalucia plays höre ich Robert Smith von The Cure. Auf kisses bewegen wir uns in New Order Land, locker-flockig, die Gitarren scheinen in der Abendsonne, zugleich leicht und tief, das hinzukriegen schaffen nur ganz wenige. Das Album ist ein Hammer. Jeder Song anders, unglaublich vielfältig. Das letzte Mal, dass mich Musik so gepackt hat, war 1991. Die Platte hieß Loveless.

  5. Olaf Westfeld:

    Ach, Loveless.

    Tolles Album, in das ich mich vielleicht nicht noch einmal versenken werde. Ich glaube mein My Bloody Valentine Konzert (Loveless Tour) war kurz vor dem Beastie Boys/Public Enemy Abend, an den ich mich kürzlich im Zusammenhang mit Tom Waits erinnerte. Eine intensive Stunde, die sich nicht nur tief in meine Erinnerung verankert und meine Musikvorlieben geprägt, sondern leider auch meine Gehörgänge nie ganz verlassen hat – ein Feedback pfeift da immer mal wieder herum – mal leise, mal fast weg, mal sehr penetrant. Slowdive waren hingegen nie so richtig meins, habe auch kaum Erinnerung an die Band, nur an den Namen. Werde ich ggf. demnächst nachholen.

  6. Alex:

    Ja, es stimmt, My Bloody Valentine waren damals ziemlich laut. Ich sah sie auch auf der Tour im Ancienne Belgique in Brüssel, das den Pegel durch seine Größe jedoch ganz gut vertragen konnte. Das bestimmt zwanzigminütige Schlussstück „You Made Me Realise“, wo die Gitarren sich selber spielen und verstärken war schon ein böses Monster, ich glaube, ich habe es mir nicht bis zum Ende angetan. Von der Lautstärke ein ganz anderes Kaliber waren allerdings Die Nerven im Festsaal Kreuzberg vor ein paar Jahren. Da war die Lautstärke wie eine Wand und tat physisch weh im Ohr. Man konnte ihr nicht entkommen, war ihr hilflos ausgeliefert, ich wollte wegrennen, aber es ging nicht und ich fand mich innerlich schon damit ab, taub aus dem Konzert zu kommen. Sowas wie Ohrstöpsel hatte ich natürlich nicht, sowas war eigentlich verpönt. Ich verließ dann den Saal mit einem lauten Dröhnen im Ohr, was spätestens nach 24 Stunden wieder weg war. Nochmal Glück gehabt!

    Achso und Slowdive habe ich damals zwar über einen Freund gehört, fand den Sound aber ziemlich langweilig. Da fehlte damals etwas der Pfiff, die Originalität. Mit Mojave 3, die allerdings richtige melodiöse, ruhige Songs machten, wurde Neil Halstead dann wieder interessanter für mich. Das seltene Beispiel einer Band bzw. eines Musikers, die bzw. der sich mehr oder weniger von Album zu Album gesteigert hat. Meistens läuft das andersherum. Ausnahmen wie Talk Talk bestätigen die Regel.

  7. Olaf Westfeld:

    In meiner Erinnerung wurde „You Made Me Realise“ immer lauter und ohrenbetäubender, gleichzeitig wurde das Licht immer heller und heller – bis dann langsam sogar das Saallicht anging. Ich habe noch einige andere laute Konzerte erlebt – Einstürzende Neubauten, Sonic Youth und vor allem Add N to (X) fallen mir spontan ein – aber dieser Abschluss hat alles übertroffen.


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