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2023 23 Aug

Stuntrock Confusion

von: Olaf Westfeld Filed under: Blog | TB | Tags: , , , | 4 Comments

 

10 Jahre muss es her sein, dass ich erstmals die Existenz von YouTubern oder Live Streams registriert habe. Mein Sohn spielte damals Minecraft und wir Eltern waren verwundert, dass er seine limitierte Bildschirmzeit darauf verwendete, anderen Menschen beim Zocken und Labern zuzuschauen. In den darauf folgenden Jahren habe ich zahlreiche Tutorials geschaut, über die Aufzucht und Verarbeitung von Chilis, Rezepte, Rezensionen, Sportübungen, usw. – das kennen ja heutzutage alle.

Nun ist aber etwas neues in mein Leben getreten: der Livestream. Nicht über ein Event (wie eine Fußball-WM), sondern von einer Privatperson, wahrscheinlich ist hier „influencer“ der richtige Begriff. Freitag abends heißt es jedenfalls seit ca. 2 Monaten immer wieder „Sorry, I have Stunty Tonight.“ Unter dem Namen StuntrockConfusion streamt ein (ehemaliger?) Techno-DJ zweieinhalb Stunden aus einer kleinen Waldhütte in Schweden. Stunty scheint ein schier unerschöpfliches Wissen über Musik zu haben, plus eine geschätzt fünfstellige Plattensammlung, und spielt den Zuhörern seine Schätze vor: ein bunte Tüte aus allen Spielformen der elektronischen Musik, Avantgarde, Klassik, Musik aus allen Kontinenten, Dub, musique concrète, … – von obskur bis sehr obskur ist alles dabei. Ich kenne in ungefähr jedem zweiten Stream mal ein Stück.

Zum Beispiel scheint Stunty sich in den letzten Wochen und Monaten einen ganzen Stapel LPs von Asmus Tietchens gekauft zu haben, die er gerne auflegt. Der Fluxus Künstler Hermann Nitsch war auch zweimal dabei, oder die portugiesische Formation Telectu, ein Duo, Keyboard und Gitarre, das in den 80er Jahren in den Grenzgebieten zwischen Minimal Music, Jazz und elektronischer Musik unterwegs war. Das Album „Belzebu“ habe ich als Reissue relativ günstig aus England bestellt (und zum Glück keinen Zoll bezahlt). Auf jeder Seite gehen drei Stücke ineinander über, rhythmisch verzahnte Pattern setzen ein und aus, verändern allmählich ihr Verhältnis zueinander, bis sie sich wieder in das elektronische Grundrauschen zurückziehen. Die Musik bereitet mir viel Freude, leider sind die anderen Werke dieser Formation nur schwer zu bekommen und entsprechend kostspielig. Für solche und weitere Entdeckungen – zum Beispiel die wunderbaren Cello Interpretationen von Charles Curtis, von dessem Album „Performances & Recordings: 1998 – 2018“ ich gerade jeden Abend eine Seite höre – sage ich an Freitagabenden gerne hin und wieder „sorry, I have Stunty tonight.“

 

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4 Comments

  1. Jochen:

    Charles Curtis klingt gut, wird vorgemerkt für’s deeper listening – by time.

  2. Olaf Westfeld:

    Viel Spaß damit!

    Stunty ist ansonsten ein Vergnügen, dem ich auch ambivalent gegenüber stehe – es ist keine Radiosendung, sondern Nerdtum – aber inspirierend, was die Musik angeht.

  3. Jochen:

    Es lebe das Nerdtum ;)

  4. Olaf Westfeld:

    Cheers to that ;)


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