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2023 10 Jul

Nicht nur Sommerlektüre

von: Lajla Nizinski Filed under: Blog | TB | 2 Comments

 

Es gibt nicht nur die beste Freundin für vertrauliche Gespräche oder den vertrauten Zahnarzt für Angstpatienten, es gibt seit meiner Studentenzeit in Freiburg den mir vertrauten Wetzsteinbrief aus der Buchhandlung “Zum Wetzstein”. In den monatlichen Empfehlungen stehen für den Juli diese beiden Bücher, die ich mir sofort kaufte und die ich hier weiterempfehlen will.

 
 

 
 

Bleiben wir dem Meer treu. Dieses Mal taucht er im Namen des herausgebenden Verlages auf und spielt selbstredend in der Geschichte über Syrakus und Ortigia, die Altstadt, die auf einer Insel liegt, eine maßgebliche Rolle. Sartorius ist ein wunderbarer Dichter und ein großer Kenner und Liebhaber des tiefen europäischen Südens: z.B. der Türkei (sein Buch über Die Prinzeninseln ist ein Kleinod) und Sizilien. Auf Sizilien verbringt er, außer in Berlin, viel seiner Zeit. Er weiß zu erzählen davon, im angenehmen Plauderton, verfasst kleine Alltagsgeschichten mit geschickt darin verwobenen, höchst interessanten historischen Bezügen. Sartorius schreibt, ohne zu belehren, ohne seine immense Bildung unangenehm zur Schau zu stellen. Er schreibt nüchtern vom Leben, vom Zurechtfinden der Menschen in der Gegenwart, die immer wieder von einer großen Vergangenheit fast erdrückt werden. Getragen wird das Buch von der stupenden Kenntnis und der großen Liebe zu einem Land, einer Region und deren Orte, und zu der Kultur und den Menschen, die dort leben. „Es gibt Bauwerke, die eine Stadt und ihre Geschichte symbolisieren, in denen das Gedächtnis des Vergangenen in der physischen Substanz des Heutigen zu greifen ist und in denen Anschauung und Erinnerung mit der Schichtung des Steins einen Dialog führen. Der Dom (von Ortigia) führt diesen Dialog.“ [SB]

 
 

 
 

Weidermann schafft mit diesem Roman große Lust, Thomas Mann (wieder) zu lesen. Das Buch ist, entgegen der Ankündigung des Verlages, nicht etwas ganz Neues zu Thomas Mann und seiner großen Liebe zum Meer. Weidermann gelingt es jedoch, eine interessante, voller Wärme und sehr liebevoll geschriebene Geschichte zu erzählen, gut recherchiert und immer wieder auch mit überraschenden Details – obwohl man vieles kennt und manches weiß. Einerseits ist der Blickwinkel eng, weitet aber andererseits unter Konzentration auf diesen (Meeres)Ausschnitt das Auge des Lesers für viel Neues. Erfrischend auch, dass die beiden berühmtesten Kinder des Zauberers, Erika und Klaus, nicht wie üblich in den Mittelpunkt gerückt werden. Weidermann bleibt seinem Thema treu und konzentriert sich bei den Kindern auf Elisabeth, die Meeresforscherin. Beim umfangreichen Werk des großen Dichters: auch hier Konzentration auf wenige Romane, die Weidermann geschickt mit der Familiengeschichte des erfolgreichen und doch immer wieder zweifelnden Autors verknüpft. „Das Meer, sein Rhythmus, seine musikalische Transzendenz ist auf irgendeine Weise überall in meinen Büchern gegenwärtig, auch dann, wenn nicht, was oft genug der Fall ist, ausdrücklich davon die Rede ist.“ (Thomas Mann)

Sollten Sie Freude am erneuten Eintauchen in Thomas Manns Werke verspüren, fragen Sie uns nach den unterschiedlichen Ausgaben, in einzelnen, besonders gestalteten Bänden erschienen, oder auch nach denjenigen Bänden aus den beiden Gesamtausgaben, die im S. Fischer Verlag herausgegeben wurden. [SB]

 

This entry was posted on Montag, 10. Juli 2023 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

2 Comments

  1. Lajla:

    Die beiden Buchempfehlungen widme ich dem Mann, der am Meer abgetaucht ist.

  2. Alex:

    Als ich im April 2008 mit meinem Vater auf Sizilien war und wir ein bisschen herumgewandert sind, begrüßte uns Sortino – südlich von Catania – mit Sturzfluten von Regen. An allen Schaufenstern, überall, wo man etwas hinhängen konnte, hingen Todesanzeigen bzw. Anzeigen von Todesjubiläen. Der Himmel weinte den ganzen Tag um sie. Gegen Ende unserer Reise nach der obligatorischen Besichtigung von Taormina fuhren wir runter ans Meer und dann die Serpentinen hoch in das Bergnest Forza d’Agrò. Dort war Totenstille. Es war Siesta, keine Menschenseele außer uns auf den Straßen. Plötzlich hören wir Stimmen. Ein Klagegesang. Ein Menschenzug bewegt sich Richtung Kirche. Eine junge Frau in schwarz und mit Schleier ganz vorne, sie schluchzt herzzereißend. Vor ihr die Männer, die den Sarg tragen. Darin ihr Sohn, durch ein Foto erkennbar, wahrscheinlich bei einem Autounfall umgekommen. Man muss wissen, die Sizilianer kennen nur zwei Geschwindigkeiten mit dem Auto. Entweder halsbrecherisch und selbstmörderisch schnell, oder unglaublich langsam, völlig verschlafen. Sizilien ist für mich seitdem das Synonym für den Tod, niemals ist er mir mehr so nahe gekommen im Alltag. Hier noch etwas detaillierter im alten Blog.


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