Oh nein, alle scheinen diese zwei Filme zu lieben, ich erinnere mich an glückliche Gesichter, an intelligente Frauen, die die Geschichten erzählen, an die kostbaren Momente des Staunens, ich erinnere mich an Filmkritiker, die verzweifelt nach Worten suchten, um all die Feinheiten zu beschreiben. Ich kann nur sagen, dass diese beiden „Filme zu den langweiligsten Erfahrungen gehören, die ich je im Kino gemacht habe. 1995: Before Sunrise. 2004: Before Sunset. Teenagerfilme, getarnt als dialogbesessene Liebesgeschichten für Jung und Alt. Den ersten Film habe ich gesehen, weil ich einem Schwarmgeist folgte. Den zweiten Film sah ich, weil ich von der Frau an meiner Seite geknallt werden wollte. A propos Paris: Ich bin wirklich dankbar für viele Filme der „Nouvelle Vague“; für Teenager, die in den 60er und 70er Jahren aufgewachsen sind, waren sie großartige Lektionen, um auf die Achterbahn namens Liebe und Desaster vorbereitet zu sein. Ich wollte mit Stéphane Audran schlafen, ich hatte Lust, durch die Pariser Traumlandschaften von Jacques Rivette schlendern, ein Boot mit Celine und Julie teilen, aber schon in diesen frühen Jahren sah ich einen Film, der die zwei Linklater-Langweile-Lektionen noch übertraf: „Claires Knie“ von Eric Rohmer. Eine blasse Erinnerung: Jean Louis Trintignant ist besessen von, nun ja, Claires Knie. Die Dialoge hölzern, der Charme abwesend, der Ton todernst, und die Moral sauer. Ich könnte mir nur zwei Möglichkeiten vorstellen, mir diese Zumutungen noch einmal anzusehen: ein Zeitreiseticket in die Carnaby Street 1972, oder ein psychoanalytisches Filmseminar über diese „Trilogie“ mit unserer Dunkelzifferexpertin! Übrigens bin ich im Rahmen eines Interviews über eine französische Komödie, in der die Delpy eine Hauptrolle spielte, mit ihr mal durch den Dortmunder Westfalenpark spaziert, und sie war sehr erbost, dass die erste Interviewerin den Film überhaupt nicht gesehen hatte. Um die Situation nicht völlig in den Sand zu setzen, teilte ich ihr nicht mit, dass auch ich den Film im Vorfeld nicht habe sehen können, und stellte ihr (aufgrund einer immerhin gelesenen Inhaltsangabe) kunstvoll vage Fragen. Nun, zum Ende dieser Kurzgeschichte einer wiederholten Ernüchterung, noch dies: ich bin ein grosser Fan der Serie „Call My Agent“, über die Irrungen und Wirrungen einer Pariser Filmagentur. Merveilleux! Wenn das eine „soap opera“ ist, dann so ziemlich die beste, die ich je sah!