Retten wir uns in die Kunst oder lassen wir uns von der Kunst retten.
Thomas Rosenlöcher bin ich in meinen Dresdner Jahren öfter begegnet. Einmal stand er über mir auf einem Podest und schrie seine Wut über das Vorhaben, eine Betonbrücke über die Elbe zu bauen, heraus. Nun ist dieser heitere, spöttische, Heimatverliebte seit 17 Stunden tot und es bräuchte 70 Jahre, um hier Jochen nicht in Schweißausbrüche zu versetzen, weil ich Gedichte von ihm hochlade. Seine Gedichte sind alle schön zu lesen. Sie haben einen Schalk mit Romanze und ein Rumpelstilzchen, das einfach seine Natur kennt, weil es ja lange genug auf einem Bein stand. Die Elbe ist mein Lieblingsfluss. Sie fließt in weichweitem Bogen durch die Auen und lässt immer einen Blick frei auf das schöne Dresden. Auch ich demonstrierte gegen die Waldschlößchenbrücke, die ja leider gebaut wurde. Kleinzschachwitz kommt immer wieder in den Gedichten von Thomas Rosenlöcher vor. Es war auch für mich ein Fahrradziel, weil der Weg an der Elbe entlangführt, vorbei an den in Weinbergen gebetteten Dresdner Schlössern bis nach Pillnitz, das sein Schloss auf der gegenüberliegenden von Kleinzschachwitz präsentiert. Dort hatte Rosenlöcher gelebt und geschrieben. Er hat es so viel besser gekonnt als Uwe Tellkamp („Der Turm“) oder Durs Grünbein, dessen Vorlesungen ich an der Kunstakademie in Düsseldorf hören konnte. Beide haben sich nicht so stark mit Dresden identifiziert, kamen deswegen in wogenden Gewässern, siehe Flüchtlingsdebatte 2015, ins Strudeln. Zum Abschied meiner drei Arbeitsjahre schenkte mir das ostdeutsche Kollegium einen Gedichtband von Thomas Rosenlöcher. Eins der Dinge, die im Möbellager in Düsseldorf auf mich wartet.