1) Mikal Gilmore über Enos „Discreet Music“, David Bowies „Low“ & Gavin Bryars „The Sinking of The Titanic“ (Down Beat)
2) Richard Williams über Jan Garbareks „Places“, Brian Enos „Music for Films“, und Weather Reports „Mr. Gone“ (Melody Maker)
3) Werner Panke über Keith Jarretts „Sun Bear Concerts“ (Sounds)
4) Hartmut Geerken über Marion Browns „Geechee Recollections“ (Jazzpodium)
5) Richard Williams über Walter Dickersons „Peace“ (Melody Maker)
6) Marcel Carneau über Keith Jarretts „Luminessence“ (Jazz Magazine)
7) Ingeborg Schober über Wire‘s „154“ (Süddeutsche Zeitung)
Was für eine seltsame Liste, und wohl die erste ihrer Art. Eine Premiere, ich sage es mit Schmunzeln, kann mich tatsächlich nicht erinnern, je eine Liste mit „Lieblingsrezensionen von Musikalben“ gelesen zu haben. Nun hat es mit dieser Auswahl noch etwas Eigenes auf sich. Dieses „Sieben Glorreichen“ habe ich nämlich nicht gewählt, um musikliterarische Höhenflüge einzufangen – diese Plattenkritiken (ein paar davon enthielten mehr als ein Album), sind mir auch deshalb unvergesslich, weil sie das Träumen von den jeweiligen Klängen mächtig befeuerten.
Ich las sie also wieder und wieder und wieder, bevor endlich irgendwann die Musik auf dem Plattenteller lag. Vorgestern noch sprach ich Richard W., am Rande einer Mail, auf seinen Text über das traumhafte Vibraphon-Album von Mr. Dickerson auf Steeplechase Records an, und dazu bemerkte er „‘Peace’ still sounds good, doesn’t it? I’m glad I sent you in that direction!“
Werner Panke war ein Jazzkritiker, Stammgast im alten Dortmunder „Domicil“. Wo auch die Jazzredaktion manche Konzerte mitschnitt. Und dann las ich in einer „Sounds“ (rückblickend darf gesagt werden, das beste deutsche Musimagazin ever), wie Werner Panke ganz berauscht war (und der Mann tendierte mit seinem Bürstenschnitt eher zur Nüchternheit) von dieser Box mit 10 Lps vom Jarrett – ich war damals sowieso schon Fan des „Meisters“, und „Bremen / Lausanne“ lag so oft auf dem Plattenteller wie „Foxtrot“ von Genesis. Den Namen des französischen Rezensenten habe ich erfunden, und weiss noch en detail, wie er das Spiel Garbareks an diversen Parametern festmachte, und ihm dabei einige Saxofonlegenden an die Seite stellte. Und welche drei Platten es genau waren, die Mikal Gilmore (s. Foto) besprach, weiss ich nicht mehr genau, umso mehr weiss ich, dass ich nach der Lektüre Brian Enos „Taking Tiger Mountain (By Strategy)“ bestellte, und an einem kalten verregneten Dezembertag rund um Nikolaus, dieses Werk von Brian Eno aus dem Musikgeschäft gegenüber des Sitzes der Würzburger „Mainpost“ mitnahm, und wie vom Donner gerührt war, diesen Liedern, dieser Stimme, diesen Klängen zu lauschen.
Interessant: meine sieben Musikkritik-Favoriten wurden alle zwischen 1975 und 1979 veröffentlicht. Ingeborg Schobers Hymne auf „154“ hielt, für einen Song, einen Vergleich mit Can parat. Ingeborgs Stimme kannte ich aus dem Zündfunk, und ich erinnere mich gut, wie sie eines schönen Nachmittags ein, zwei Stücke aus Phil Manzaneras „801 Live“ auflegte, darunter „Tomorrow Never Knows“. Eno sang also einen Song aus „Revolver“, grandios – nicht von ungefähr (und aus noch anderen guten Gründen) mein Abschiedssong in den Klanghorizonten.