Gestern Abend traten im Kulturzentrum der Haupstadt TänzerInnen aus Spanien, Luxemburg, Italien und Deutschland auf. Bei diesem alljährlich stattfindenden Event können sie einen Preis für Tanz bzw. Choreographie gewinnen.
Es ist immer wieder spannend, sich auf die Hochzeit von Musik und Tanz einzulassen. Ich war sehr auf die ausgewählte Musik gespannt.
Die Sicherheitsvorkehrungen waren streng, es wurde auch vor Eintritt Fieber gemessen.
Der erste Tänzer ließ sicher gleich die Temperaturen ansteigen. Er kam auf Roller Skates auf die karge Bühne, ein viereckiges weißes Tuchquadrat war seine Spielwiese. Er trug zunächst noch ein Jäckchen, einen Bolero. Und die Musik von Maurice Ravel hatte er sich dazu ausgesucht. Seiner Hommage an Ravel konnte man lustvoll zusehen, Mit einem Flamenco Verve warf er sein Jäckchen weg und ließ die Rippen spielen. Der junge Luxemburger beherrschte den Michael Jackson „Zuck“ genauso perfekt wie den Torrero „Lock“. Er zeigte Breakdance Können und Street Vibe Dance vom Zackigsten Die Abfolge seiner Choreografien war tänzerisch attraktiv inszeniert und zum Schluss hin buchstäblich schnell getanzt bis zum Umfallen. Und das auf Roller Skates!
Die etwas 60 Zuschauer waren begeistert.
Beim zweiten Auftritt sah man auf der Bühne ein sich bewegendes Knäuel. Nur zögernd lösten sich die beiden Tänzerinnen aus Berlin. Wie in einer Picasso’schen „Der Kuss“- Pose hielten sie sich eine Weile eng umschlungen. Wie eineiige Zwillinge tanzten sie parallel genauestens, ihre Erotikausstrahlung durch ihre Bewegungen also im Doppelpack, ihre außergewöhnlich leicht erscheinende Akrobatik bewundernswert. Sie nennen ihr Stück „Ode to Phanes“ (Phanes ist der Urgott, der aus dem Welten Ei schlüpft).
Ihre Choreografin sollte man sich merken. Alma Edelstein hat wunderbare Musik für die beiden Tänzerinnen ausgewählt. Zum einen von Johann Johannsson „Heptaped B“ und zum anderen von Max Cooper „Order from Chaos“.
“The ocean
The warm grey sea
Tell me or kick me or please believe“
Dieser Song ist auf der LP Horses in the Sky (Track 2) zu finden und heißt: „Mountains Made Of Steam“. Von A. Silver Mt. Zion (kanadische Postrock Band).
Dieses Tanzstück erschließt sich über die Musik. Zunächst flitzen zwei Tänzer aus Spanien in Alltagskleider über die Bühne. Sie machen einen tollpatschigen Don Quichote Eindruck, der eine hält einen glitzernden Kompass in der Hand, ein Telefon klingelt, was suchen die Beiden? Kann man zwischen sich suchen und finden? Ups, der Kompass geht verloren. Und die ganze Zeit tanzen die beiden suchend sich wälzend, breakdanceartig auf der Bühne.
Wir sind auf El Hierro. Unten „the grey Ocean“ und oben die „Mountains made of Steam.“
Musik: Chip Taylor „ On the Radio“
“And on the radio we heard: November Rain.“
Chip Taylor gibt es schon lange. Unvergessen sein „Wild thing“. The Troggs sangen es. Jimi Hendrix noch besser. Die Country Kenner lieben seinen Song: Sweet Dream Woman Waylon Jennings singt ihn am besten.
Und nun zu der Italienerin, die zu dieser Musik tanzt. Sie liegt zuckend am Boden, anfallartig versucht sie, ihr Nervensystem unter Kontrolle zu bringen. Langsam schafft sie es, sich aufzurichten. Sie zieht ihr Jackett aus, darunter durchsichtige Haut. Entpuppt sie sich? Schlüpft sie aus ihrem Kokon und wird gleich fliegen wie ein Schmetterling? Zumindest wird ihr Tanz jetzt zum klassischen Ballett mit wunderschönen Pirouetten. Sie gleitet elegant wie ein Klimt Gemälde über die Bühne. Ihr Tanzstück „Crisalide“ hat mir am besten gefallen. Und nicht nur wegen Country ;)
Wenn beim Ausgang nochmal Fieber gemessen worden wäre, ich bin sicher, da wären einige „Fälle“ darunter gewesen.