Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2020 15 Apr.

Kleine Mail wie aus fernen Zeiten

von: Manafonistas Filed under: Blog | TB | Comments off

Lieber Michael!

 

Ich habe nun endlich Zeit gefunden, meine Aufzeichnungen durchzugehen, aus den Tagen der Selbsterfahrungsgruppe im Weserbergland. In Erinnerungen bin ich oft dorthin zurück gekehrt, aber nur in der Art, dass ich Musik auflegte, die wir damals gespielt haben. Die Beziehung mit Heike war schon auf dem absteigenden Ast, aber es gab noch schöne Momente, und dieser letzte gemeinsame Urlaub hatte einiges davon zu bieten. Gutes altes Hippie-Feeling. (Heike ist gerade mitten in einem neuen Honeymoon, und ich fahre auf Hatha-Yoga ab, so ändern sich die Zeiten.) Ist ja noch gar nicht sooo lange her. Die Gelage mit Wein und Haschisch, nachts, während aus den Bäumen „Sowiesoso“ von Cluster lief. Deine Lagerfeuergeschichten haben mich genauso wegdriften lassen. Einmal spieltest du dazu eine der ersten Selbstportrait-Alben von Roedelius und erzähltest davon, wie diese vollkommen unperfekte Musik mit all ihren Einfachheiten oft tieferen Zauber entfachen kann als etwas irrsinnig Virtuoses. Du erzähltest, wie Musiker wie Eno oder Roedelius gerne beschädigte Kassettenrekorder, Tonbandgeräte, Instrumente benutzten.

Ich habe einiges mitgeschnitten, und das lief gestern Nacht in meiner Dachstube in Osnabrück. Gesichter wurden lebendig, als ich die Stimmen hörte, die Nachtgeräusche, und im Hintergrund diese „Selbstportraits“ des alten Österreichers. Karins Stimme ist einmal zu hören, und sie schwärmt da von der berühmten Platte mit dem Buckelwalen. Karin und Bernd, eines dieser scheinbar ewigen Paare, die über die Jahrzehnte beieinander geblieben sind. Ich stellte sie mir als Girl vor, und wie ich damals aussah, und ich  hätte gerne ein Zelt mit ihr geteilt und ihren Körper erkundet. Das mit der Lust hört nie auf, oder? Aber Karin sprang ihr Heterosein aus jedem Knopfloch, also steckte ich ihr zum Abschied nicht mal meine Mobilnummer zu. Vielleicht liest sie ja euren Blog. Egal, ich spinne nur etwas. Soll ich dir drei Stunden Klänge und Stimmen senden? Wie ist das neue Album von Roedelius? Was ist gerade deine Lieblingssscheibe? Hey, und das war ein ganz tolles „Seminar“! Pass gut auf dich auf, und vielleicht kommst du ja mal in Osnabrück vorbei? Seit diesem Virusirrsinn kommen mir schon Dinge, die nur Wochen, Monate zurück liegen, wie ein vergangenes Leben vor.

 

Herzlich, Gabi!

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