1969 fuhr der junge Dirigent der Münchner Kammeroper nach Amerika zu Bob Moog, um sich über dessen Modularsynthesizer zu informieren. Von einer Mäzenin hatte er 60000,- DM mitbekommen, um bei gefallen einen solchen erwerben zu können. Nach mehrtägiger Einweisung war er mehr als begeistert und kaufbereit. Doch Bob Moog musste ihn wegen der gerade explodierenden Bestellliste gründlich desillusionieren und bat ihn in zwei Jahren wiederzukommen. Doch kurz bevor er zurückfliegen wollte traf eine Lieferung mit vier riesigen Kisten im Hof des Herstellers ein: John Lennon hatte seinen Synthesizer mit der lakonischen Bemerkung: „Too complicated!“ wieder zurückgeschickt. Das war die Chance für Eberhard Schoener, der sofort zugriff und das Exemplar nach München bringen ließ. Bald darauf trat er zum ersten mal damit auf der Weltausstellung in Osaka auf und setzte seine Ideen und Experimente in den folgenden Jahren musikalisch sehr vielschichtig um, wobei seine Herkunft aus der Klassik auf subtile Weise sicherstellte, dass er hierbei die klischeehaften Entgleisungen vieler anderer Musiker weiträumig umschiffen konnte. So legte er 1974 mit Meditation ein bemerkenswertes frühes Ambientalbum vor, dass sich hinter den Klangforschungen der Berliner Schule nicht verstecken musste. Es folgten Bali Agung, das irgendwo zwischen Gamelan unf Trance den Hörer mit auf eine damals völlig neuartige Reise nahm und das programmatische Trance-Formation. Dieses Album markierte den Einstieg des späteres Police-Mitgründers Andy Summers; auf dem Folgealbum Flashback waren dann auch schon Sting und Steward Copeland dabei. Wer aber vermutet, dass sich hier auch nur irgendetwas nach den späteren The Police angehört hätte, irrt aber gewaltig. Es war eher ein Einstieg in den damaligen elektronischen Prog-Rock, dem man den klassischen Hintergrund und eine hohe musikalische Differenziertheit schnell anmerkte. Allein deshalb bin ich es bis heute nicht müde geworden seine 70er-Jahre-Alben immer wieder einmal aufzulegen und überraschend Neues, bisher Überhörtes zu entdecken. Das Ende dieser wunderbaren Serie bildete Video-Magic, das bis heute aus mir unbegreiflichen Gründen nie mehr wiederaufgelegt wurde und irgendwo im Niemandsland zwischen tranceartiger Elektronik, Jazz, Prog-Rock und klassischer Musik spielend wandelt.
In our day and age
we are experiencing the magic
of technical science.
II see the magic
in the city neon signs.
In the newspaper advertisements.
In the everpresent television
and in the constant
availability of music.
The music of „Video-Magic“
involves all this aspects.
For no one can deny
himself this magic.
A Koan.
schreibt Eberhard Schoener im Innencover. Ein Text der die magische Aufbruchstimmung der 70er-Jahre, die Faszination für das Artifizielle in Musik und visuellen Künsten, das Spiel mit Neon und Lasern recht treffend wiedergibt. Dinge, die schon lange nicht mehr innovativ sind und auch über die hyperpräsente Musik macht sich auch kaum noch einer Gedanken. Eine Zeitreise. Die erste Seite des Albums ist noch eher rockorientiert: Der elegante Opener Octogon erinnert ein bisschen an Pink Floyd, Speech Behind Speech ist eine komplexe Prognummer mit Ohrwurmmelodie, die von der noch etwas dünnen Stimme Stings intoniert wird, Natural High zitiert in geschickt arrangierten Fragmenten aus der damaligen Rock-Historie, wobei etwas ganz neues entsteht. Und schließlich Code Word Elvis, eine lange magische Ballade, die zwischen den Stilen nahtlos schwingt und auch das Orchester der Münchner Kammeroper, dessen Dirigent Schoener immer noch war, zum Einsatz kommt. Die zweite Seite ist dann hypnotischer und der grosse Moog bestimmt die Klangräume recht komplex und vielschichtig. Video-Magic steigt in eine sequentielle Trance ein, die in Night Bound City elegant fortgeführt wird. Mit San Francisco Waitress kommt Sting noch einmal zum Einsatz und schließlich endet das Album mit Koan, einem langen magischen, von Synthesizerflirren, Streichern und Jazzelementen getragenem Stück, in dem der Brückenschlag zwischen Elektronik, klassischer Komposition und einer Vorwegnahme von Elementen des New Wave am elegantesten gelingt und den Hörer am Ende, wie bei jedem anständigen Koan mit fragend-meditierendem Staunen absetzt. Ein sehr bemerkenswertes Werk, das in dieser Melange nur in Deutschland entstehen konnte und selbst im Rückblick in der Musik der 70er-Jahre wie ein sehr eigenwilliger, vieles vorwegnehmender Fremdkörper verbleibt.