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2022 9 Jan

In memory of Jean Jacques Beineix

von: Manafonistas Filed under: Blog | TB | 11 Comments

Im November 1991, kurz vor dem Ende der Dreharbeiten zu „IP 5 – die Insel der Dickhäuter“, erlag Beineix‘ Hauptdarsteller Yves Montand einem Herzinfarkt. Der Film sollte von zwei Jugendlichen erzählen, die mit einem alten Abenteurer durch Frankreich ziehen, und weil die Figur von Montand ebenfalls an einem Herzinfarkt sterben sollte, wirkte Montands Tod wie ein böser Witz des Schicksals. Ein Double sprang für ihn ein, aber die Geschichte war nicht mehr dieselbe, der Film blieb Fragment. Der Kinoerzähler Beineix hat sich von diesem Schlag nicht mehr erholt. Jetzt ist Jean-Jacques Beineix selbst mit fünfundsiebzig Jahren in Paris gestorben. Sein filmisches Gesamtwerk ist schmal. Aber der Zauber, den er mit „Diva“ und „Betty Blue“ auf die Leinwand gebracht hat, wird bleiben.  

(FAZ, heute)

 

In den frühen Achtzigern schrieb Jean Jacques Beineix mit Diva Kinogeschichte. Ich habe den Film so oft, so gerne gesehen. Wie er in einem Interview erzählte , war dies gar kein autobiographisch gefärbter Film, umso mehr machte es ihm Freude, beim Dreh einen Teil von sich lebendig werden zu lassen. Ich vermute mal, als der Gangster sagte: „Je ne t´aime, Beethoven“, war das mal eine deutliche Ansage. Klassische Musik wird sowieso überbewertet. Zuviele Heilige. Als die junge Rollschuhfahrerin in einem Plattenladen an den Regalen entlang stöbert, kann man die Entdeckung machen, dass dort Schallplatten aus diversen Jahren „ausgestellt“ sind, und ich nehme an, Beineix hat etliche eigene Platten von zuhause mitgebracht und damit die Kulisse ausstaffiert. Dabei, natürlich, „Another Green World“ und „Songs Of Love And Hate“. Und „Broken English“ Und welche Platte zieht sie am Ende aus dem Regal, und lässt es heimlich in ihrer Mappe verschwinden? Nun, Crystal Silence von Chick Corea und Gary Burton, einen „Klassiker“ von ECM.

 
 
 

 
 

 

Ich kam überhaupt erst wieder auf den Film, nachdem mir Paul Webb (Rustin Man) ein Album von Josephine Foster empfohlen hat, und ich ihm schrieb, in diesem Kontext „archaischer“ Folklore würde mir das bisweilen „Opernartige“ ihrer Stimme total gut gefallen, was mir genauso ging (ich würde nie freiwillig in eine Oper gehen), als ich einst Diva im Kino sah. Die Macht des Kontexts! (m.e.) 

 

Diva was such an underrated film. It was seen in the movie world like Grace Jones was seen in the music world. „Style over content“, but both I feel were misjudged. The attention to detail in Diva is stunning, even the way the opera singers hair is styled to reflect the different sides of her  personality is so well thought out. The soundtrack is also quite beautiful. I especially like that Eric Satie type piano with its 80’s delay echo, all this revolving around the tale of two tapes. One of my favourite films for sure.

(Paul Webb aka Rustin Man, formerly Talk Talk)

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11 Comments

  1. Lorenz:

    Oh ja, und der wunderbare Richard Bohringer zwiebelschneidend mit Taucherbrille. Jahre später hörte ich seine Stimme dann auf Sahara Blue von Hector Zazou. Und Dominique Pinon als böser Musettewalzerhörer. Er spielte dann später die Hauptrolle in einem meiner anderen Lieblingsfilme: Delicatessen.

  2. Michael Engelbrecht:

    Die Rolle, die Richard Bohringer spielt, ist in DIVA eine besondere. Vom vermeintlich sympathisch-spirituellen Idioten, natürlich Gitanes rauschend, aber hallo, zum superschlau und cool agierenden Helden mutieren auch nicht viele Figuren in der Filmgeschichte.

    Und so wie er das Brot schneidet, da wollte ich schon damals, beim Zuschauen, ein ultrafrisches ofenwarmes Baguette nach Zen-Manier.

  3. Michael Engelbrecht:

    Für knapp neun bzw. Zwölf Euro ist die optisch hochauflösende Fassung von DIVA auf bluray und DVD erhältlich, das französische Original in 5:1, mit deutschen Untertiteln, die deutsche Fassung in Mono.

  4. Lorenz:

    Du hast Recht! Lange genug aufgeschoben und die Erinnerungen an den einmaligen Kinobesuch sind noch so klar. Ich will den Film zuhause haben.

    Noch ein Themenwechsel, da erst kürzlich von der Deutschlandrunfahrt im dlr Kultur hier die Rede war. Heute war eine klasse Rundfahrt durch Düsseldorf mit Bezug auf die elektronischen Musikpioniere aus dieser Stadt. Kraftwerk, Neu!, Klaus Dinger, La Düsseldorf …

    Hier der Link zum Nachthören …

    Und noch ein Schwenk zum Thema Nachhören: Dank mannigfacher Hinweise auf die Young Marble Giants habe ich Colossal Youth erstanden. Wirklich toll wie durch die Beschränkung der Mittel etwas ganz eigenes entstanden ist. Toller Tip, hätte ich sonst nie kennengelernt.

  5. Michael Engelbrecht:

    You‘re welcome😉

    Ja, grins, Brian Eno hat sie auch erst durch mich kennengelernt. Siehe das Interview mit Eno & Hyde.

    Danke. Dann also auf nach Düsseldorf. Da kenne ich mich besser aus.

  6. Olaf Westfeld:

    Ich war wohl so 16, 17 als ich DIVA im elterlichen Wohnzimmer im Fernseher lief. Ich habe den Film auch nur das eine Mal gesehen, danach nie wieder. Steht da eine Badewanne mitten im Raum? In meiner Erinnerung war der Film damals wie ein Blick auf andere Möglichkeiten – so kann Kunst, kann Kino auch sein. Und die Betty Blue Verfilmung fand mein spätpubertäres Gemüt auch ganz zauberhaft – ist sie wahrscheinlich auch.

  7. Chrissie:

    Betty Blue IST zauberhaft – vor allem der Hauptdarstellerin geschuldet, die sich dank eines congenialen Drehbuchs und einer Regie,die das Potential ihrer Schauspieler zu nutzen weiss zum Bestmöglichen auffalten konnte.

  8. Olaf Westfeld:

    Ja – in meiner Erinnerung war gerade die Schauspielerin überaus zauberhaft. Keine Ahnung wie ich das heute sehen würde. Ebenso bin ich damals in die Romanvorlage und andere Romane von Djian versunken.

  9. Martina Weber:

    Olaf, der Raum mit der Badewanne in DIVA ist ein gemütlich-mysteriöser Rückzugsort.

  10. Olaf Westfeld:

    So mysteriös, dass er sich mir eingeprägt hat – ich werde mir das irgendwann demnächst mal anschauen, wie der Film heute auf mich wirkt.

  11. Martina Weber:

    Ich habe den Film erst vor ein oder zwei Jahren gesehen, jedenfalls, einige Zeit, nachdem er hier erwähnt wurde. Es gibt noch mehr magische Orte in dem Film: Die Ästhetik und Aktustik in dem Saal, in dem die Diva am Anfang singt, die alten französischen Wohnungen, die Behausung des Postfahrers mit ihren Postern und den feinen, elektronischen Aufnahmegeräten. Und im Hintergrund Walter Benjamins Schrift „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“.


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