Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2018 11 Sep.

Liverpool calling

von: Lajla Nizinski Filed under: Blog | TB | 12 Comments

 

 
 
 

Is there anybody here to listen to my story

Ich stand heute auf der Höhe des Roundabouts, das Paul in Penny Lane erwähnt. Was für eine Sogkraft die geschäftige Atmosphäre hat. Hier wartete Paul oft auf John, um loszuziehen. Für mich sind solche lauten Ecken ebenfalls attraktiv und inspirierend. Nicht viel weiter weg liegen Strawberry Fields, zu John’s pubertären Jahren ein riesenflächiges Gelände, auf dem ein Waisenhaus stand. Heute graben die Immobilienhaie dort nach Gold.

 

You feel nothing at all

Zurück im Zentrum fallen die sehr guten Strassenmusiker auf. In der Hanover Street stehen jüngste Jungs zusammen, singen hervorragend, die Kinderfinger an der Gitarre. Ich denke, dass die Ausnahmeband The Beatles, die ich seit meinem 11. Lebensjahr höre, yeah yeah yeah aufgrund eines starken sozialen Gefüges entstand. Ein Glück für die junge Musikwelt war der Macher John, der allein 6 Freunde aus seiner Schule rekrutierte.  Sie nannten sich identifikationsstark The Quarry Men (Quarry Inst. hieß auch die Schule). 1957 kam dann Paul dazu, der brachte wiederum seinen Freund aus seiner Schule mit, das war George. Alles keine Drummer. Bevor Ringo Starr als festes Beatles Mitglied am Schlagzeug saß, versuchten 18 andere Drummer ihr Glück: Colin Hanton, Johnny Hutch, Tommy Moore, Norman Chapman, Ronnie, Ken Brown, Pete Best … (Auf mehr Namen stieß ich bei meiner Recherche nicht). Für mich ist Ringo der beste Schlagzeuger. Vor zwei Jahren spielte er hier auf dem Dach eines historischen Gebäudes, 50.000 Fans waren da. Sie gehen aber auch durchaus kritisch mit ihren Idolen um. 2006 lehnten sie sich gegen den Namen Penny Lane auf. Sie wollten keinen Sklavenhändler verehren. James Penny war Unternehmer und als Sklavenhändler reich geworden. Nach ihm ist die Strasse benannt. Die Protestler hatten keinen Erfolg.

Ein anderer möglicher Grund für den Erfolg der jungen Band könnte die städtebauliche Gegebenheit gewesen sein. Diese endlosen öden Arbeitersiedlungen bringen schon baulich gesehen eine dichte Enge mit sich (Ray Davies besingt sie gut in dem Song: My next door neighbor). George Harrison wohnte besonders kleinräumig. 6 Familienmitglieder teilten sich 2 Räume.

 

You got to be free

John wohnte mit seiner Tante am grosszügigsten.

 
 
 

John


 
 
 

George


 
 

Paul


 

John durfte angeblich nicht in der Wohnung Gitarre spielen, bei Ringo und George gab es keinen Platz, also trafen sie sich bei Paul und in verschiedenen Clubs.

Als ich später zu der berühmten Beatles Skulpur kam, fiel mir auf, dass dem Künstler  George Harrison nicht so gelungen ist. Die drei anderen Beatles hat er hervorragend getroffen. George ist mein Lieblingsbeatle. Die Doku über ihn empfehle ich sehr: Living in a material world.

Paul McCartney trat vor kurzem in einem Liverpooler Club auf, es war nicht der Cavern. Davor spielte er sein Oratorium in der fussballgrossen, neugotischen Kathedrale. Übrigens wurde sie von einem ebenso schon in jungen Jahren erfolgreichen Architekt entworfen. Scott war erst 22 Jahre alt. Die Kathedrale ist die zweit größte Kirche in GB.

 
 
 

 
 
 

Nicht zu übersehen ist die neue, stilunabhängige Bauweise. Da sitzen wohl kompetente und aufgeschlossene Leute im Rathaus. 80% davon sind in der Labour Partei, nur 2% haben in Liverpool für den Brexit gestimmt. Imagine.

 
 
 

 

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12 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Nur zwei Prozent haben für den Brexit gestimmt in Liverpool, grossartig, die Fussballfans dort waren mir schon immer sympathisch, wir vom BVB haben sogar ihre Hymne geklaut.

    Und das rote Haus war wirklich das von George?

    Die Beatles waren sind auch für mich soulfood, seit ich 11 war. Und obwohl ich die Nostalgiespur nicht ausklammern kann, entdecke ich ihre Musik in gewisser Weise immer noch neu. Sgt. Pepper hab ich wohl öfter gehört als Taking Tiger Mountain By Strategy, ich besass das Teil aber aber auch 9 Jahre länger:)

    Nach der Edition zum 50-Jährigen habe ich ja meiner geliebten Monofassung (Vinyl) eine innig geschätzte Stereofassung hinzufügen können, die den alten Szereomix bei weitem überragt. Und Sensurround gibt mir bei diesem Album den Rest: A DAY IN THE LIFE, oder Georges geniales WITHIN YOU WITHOUT YOU bescheren eine programmierbare Gänsehaut. Richtige Geänsehaut, bis in die Beine, ein irres Körpergefühl.

    Es gibt ein scharfsinniges witziges originelles Buch über die Beatles, das ich vor einem Jahr las. Mit grossem Vergnügen, und voller Aha-Erlebnisse. Ich poste das gleich noch mal in comment 2 …

  2. Michael Engelbrecht:

    DREAMING THE BEATLES, by Rob Sheffield

    „Dreaming the Beatles is the individual exploration of a universal pop experience–listening to the Beatles, thinking about the Beatles, reinventing the Beatles in your mind, listening to them again…explaining your own life through the only four people who will always belong to everyone.“

    –Chuck Klosterman, author of the New York Times bestseller But What If We’re Wrong

    Ich bin mir nicht sicher, ob man Rob Sheffield zum Kumpel haben möchte. Wenn man mit ihm in einen Pub geht, könnte es sein, dass er auspackt, und einem unendliche Stories von den „Fab Four“ auftischt. Natürlich hätte er in mir einen aufmerksamen Hörer, zumindest anfangs, aber es bestünde die Gefahr, er würde sich in einen Bewusstseinsstromrausch reden, ohne Punkt und Komma, ohne Zwischenräume für ein kleines Echo des Gegenübers. Wahrscheinlich müsste ich dann auch zu dem einen und andern Redeschwall ansetzen, um eine gewisse Balance aufrechtzuhalten. Liest man aber sein Buch Dreaming The Beatles – The Love Story Of One Band And The Whole World, so kann man die Lektüre nach eigener Lust dosieren, die Kapitel sind von überschaubarer Länge, und die Substanz erstklassig. Da bietet er, in munterem Parlando, (verblüffende) Fakten, Zusammenhänge, Essays, Exkursionen, Analysen, Erinnerungen, Ahaerlebnisse, und alles fliesst ineinander, dass es eine helle Freude ist. Für ihn sind Revolver und Rubber Soul die besten Beatles-Alben, für mich Sgt. Pepper und das White Album. Wir kommen ins Gespräch. Das Buch ist ein Fest für Menschen, die nach wie vor zur Musik der Beatles zurückkehren.

    Michael, Manafonistas, Dezember 2017
     
    Und: Man muss wissen, wenn man einen Satz wie den folgenden schreibt, ziehen manche, die aus einer anderen Welt kommen, die Augenbrauen hoch, und daran erkennt man leicht Idioten. Immer hilfreich.

    Wenn ich die Wahl hätte, zwischen einem Besuch in der berühmtesten Konzerthalle New Yorks, und dort das beste Streichquartett der Welt erleben könnte, wie es die späten Streichquartette Beethovens aufführt, oder daheim im electric cinema zu sitzen und bei Kerzenlicht REVOLVER in mono zu hören, ich müsste nicht lange überlegen, ich müsste überhaupt nicht überlegen.

  3. Michael Engelbrecht:

    A mana classic reading:

    „Musings and remembrances: The Summer of Love“

  4. Michael Engelbrecht:

    Der grösste Moment, unvergesslich,

    in der Tagesschau mit dem noch nicht alten Herrn Köpke

    (oder wie der hiess, vielleicht auch ein anderer),

    ein kurzer Beitrag, kurz vor dem Wetterbericht,

    wie die Beatles, die die Stimme „Pilzköpfe“ nannte,

    aus einem Flugzeig ausstiegen, in Deutschland,

    und ich dachte, nicht ganz so so spruchreif:

    jetzt kann das Leben beginnen.

  5. Lajla:

    Ich hörte hier mehrmals einen Beatles Song, den ich noch nicht kannte.

    Paul singt ihn: „Maggie Mae“.

  6. Jochen:

    Lajla fantastica.

    Cheers to our female foreign correspondent :)
     
    (every single one of us could write his own personal story with The Beatles, I guess)

  7. Lorenz:

    Zufällig lese ich gerade eine dicke Biografie über Paul McCartney und es ist schön, die dort beschriebenen Häuser zu sehen. Danke Lajla! Parallel zu der Beatleszeit im Buch habe ich die entsprechenden CDs gehört und war erstens wieder begeistert und zweitens sehr oft ca. 40 Jahre in mein Jugendzimmer zurück versetzt. Wie klasse!

    Meine allererste selbst gekaufte Schallplatte war das „Blaue Album“, fiel mir dann wieder ein. Rauf und runter gehört damals, und plötzlich sehe ich das Bild auf den Innenseiten wieder vor mir. Die 4 inmitten von anderen Menschen hinter einem Metallzaun.

  8. Michael Engelbrecht:

    Und wenn wir schon beim Erinnern sind: meine erste Single war ROCKN ROLL MUSIC, Lennon sang das Lied eines Pioniers ganz grossartig.

  9. Lajla:

    Cheers boyz and girls, we all have our SENTIMENTAL JOURNEYS.

  10. Jan:

    Das passt ja gerade gut zu dem etwas länglich geratenen George-Harrison-Portraitfilm von Martin Scorsese, den ich vor ein paar Tagen gesehen habe. Der ist sehenswert, ich würde allerdings empfehlen, ihn auf vier Abende aufzuteilen.

    Ich habe die Beatles immer geschätzt, aber „soul food“ wäre ein bisschen zu viel gesagt. Meine erste selbstgekaufte Single war auch etwas anderes, ich meine, es war „Keep On Running“ von der Spencer Davis Group. Mein erstes Beatlesprodukt müsste wohl das rote Album gewesen sein, aber ich weiß es nicht mehr. Ich hatte mal das weiße Album in weißem Vinyl und könnte mich heute irgendwohin beißen, dass ich das verkauft habe. Ich war halt jung und brauchte das Geld … Ich habe auch nie den Fight „Beatles vs. Stones“ mitgemacht, ich fand einfach, dass das zwei verschiedene Paar Schuhe waren. Hier in den USA gab es das so ohnehin nicht, hier heißt es bis heute „Beatles vs. Beach Boys“.

  11. Michael Engelbrecht:

    In regards of „sentimental journeys“ …

    „On the floor, the people dancing round
    Moving close together
    But there over low in the corner
    There’s the girl I once knew
    Who broke me in two
    So won’t you please play a song
    A sentimental song
    For my sentimental friend over there“

    Do you HEAR the sing when reading the lyrics …
    „My Sentimental Friend“, from Herman‘s Hermits …

  12. Martina Weber:

    Was für eine wunderbare Spurensuche, Lajla. Ich habe mir nie eine Beatlesplatte gekauft, weil ich einige geschenkt bekam. Einmal von J., der seine gesamte Schallplattensammlung auflöste, weil er auf CDs umstellte, und er schenkte mir alle seine Schallplatten. Einfach so. Und es war keine Liebesbeziehung, auch nicht angedacht. Ich war absolut platt von dieser Großzügigkeit. Als Gegengeschenk akzeptierte er nur eine einzige CD. Es waren vielleicht 60 bis 70 Zentimeter Schallplatten. Die Beatles waren ein deutlicher Schwerpunkt. Etwas später schenkte mir eine Freundin ein Mixtape mit Beatlessongs. Am liebsten mochte ich „Lucy in the Sky with Diamonds“. Auf der Kassettenhülle liefen ein paar grüne Elefanten herum. Und weil ich eine Sammlerin bin, habe ich die Kassette noch. Die Schallplatten natürlich auch.


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