Ich kann nicht sagen, dass ich eine längere Verweildauer hatte in Büchern italienischer Geschichtenerzähler. In der Jugend las ich die ironischen, sich selbst auf die Schippe nehmenden Krimis von Carlo Manzoni und schätzte die Umschlaggestaltungen der kleinen dtv-Taschenbücher. Als Abiturient war ich ein wenig vernarrt in die Novellen von Luigi Pirandello. Heisst er überhaupt Luigi? Etwas später dann doch eine heisse Affäre mit den Büchern von Italo Calvino (Wenn ein Reisender in einer Winternacht beeindruckte mich nicht minder wie David Mitchell, der dort Anregungen fand für seine Art des Phantastischen Realismus; Jon Hassell ist vernarrt gewesen in Die unsichtbaren Städte, und hat sein Album City: Works of Fiction danach benannt). Ach ja, auf der Suche nach erotischem Traumfutter stöberte ich einst im Decamerone herum, aber das war es im Grossen und Ganzen auch schon. Und jetzt lese ich seit vorgestern den Roman Das Buch der versteckten Dinge, das der waschechte Italiener Francesco Dimitri in englischer Sprache verfasst hat. Eine Mischung aus Detektivroman und Mystery, bei dem ich so mitfiebere, wie einst bei den besten Büchern von Enid Blyton. Obwohl ich kein Fan von Mystery bin, hebelt dieser mit leichter Hand und klugem Witz geschriebene Roman all meine Skepsis aus, und erzählt eine Geschichte von Freundschaft, Liebe und Verlust, wie ich sie zuletzt selten gelesen habe. Vier Freunde, einer ist verschwunden, die trostloseste Gegend im Süden Italiens. Einmal im Jahr treffen sie sich in der alten Heimat. Fabio, mässig erfolgreicher Modefotograf, lebt in London. Ob die Erzählung da auch noch ankommt? Ich bin ja erst auf Seite 66. Joe Lansdale ist voller Lobes für dieses Buch, und ich weiss jetzt schon warum. Hoffentlich findet das funkelnde Schmuckstück einen guten deutschen Übersetzer.